Wie setzt man einen Notruf ab, wenn man keinen Empfang hat?

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In der Regel wählt sich das Handy automatisch in das stärkste verfügbare Netz ein.
In der Regel wählt sich das Handy automatisch in das stärkste verfügbare Netz ein.
CC0 / Pixabay / Didgeman

Es gibt immer wieder Gegenden, in denen dein Handy keinen Empfang hat. Was ist, wenn dann ein Notfall passiert? Kannst du trotz Funkloch einen Notruf absetzen?

Nicht nur in menschenleeren Gebieten, sondern auch in Gegenden in Deutschland kann es dazu kommen, dass du keinen zuverlässigen Mobilfunkempfang hast. Kannst du im Notfall dennoch einen Notruf absetzen? Welche Alternativen gibt es, um im Notfall Hilfe zu bekommen? Unsere Fragen beantwortete der Pressesprecher des Polizeipräsidiums München, Polizeikommissar Tobias Schenk, in einem schriftlichen Interview. Seine Antworten und Tipps sowie weitere Hinweise haben wir im Folgenden für dich zusammengefasst.

Notruf im Funkloch absetzen: Das solltest du wissen

Tobias Schenk, Pressesprecher des Polizeipräsidiums München und Polizeikommissar, hat uns auf Anfrage einige Fragen rund um das Thema Notruf beantwortet. Unsere erste Frage war, wie man einen Notruf mit einem Mobiltelefon absetzen kann, wenn man keinen oder nur schlechten Empfang hat. Hierauf antwortete Schenk, dass zwei Fälle unterschieden werden müssten.

Erstes Szenario: Du hast keinen Empfang im Mobilfunknetz deines vertragsgebenden Providers. Wählst du den Notruf 112, wird dieser dennoch durch ein beliebiges anderes, verfügbares Mobilfunknetz weitergeleitet. Dies geschieht unabhängig von deinem Anbieter und funktioniert in Deutschland genauso wie im EU-Ausland. Die Weiterleitung findet aber nicht statt, wenn du den Notruf an 110 sendest. Es ist also wichtig, in dieser Notfallsituation die 112 zu wählen. Die Telekom schreibt dazu, dass die Netzabdeckung des Telekom-Mobilfunknetzes sehr breit ist, wenn es aber an einzelnen Stellen keine Netzabdeckung gibt, kannst du mit einem Telekom-Handy problemlos den Notruf an die 112 absetzen. Schenk betont: Aufgrund vorangegangener missbräuchlicher Nutzung ist das Absetzen eines Notrufs per Mobiltelefon nur mit eingesetzter SIM-Karte möglich. Dem Polizeipräsidium München liegen keine Erkenntnisse zu einzelnen Mobiltelefonen vor, die einen besonders guten Mobilfunkempfang haben.

Zweiten Szenario: Du hast keinen Empfang in jeglichem Mobilfunknetz. Es ist keine Verbindung möglich, der Notruf kann nicht abgesetzt werden. Dein Notruf kommt bei einem totalen Funkloch nicht durch. Als Ausnahme nennt Schenk das iPhone 14, mit welchem eine Notrufmeldung über Satellitenverbindung möglich ist. Auch hier findet eine Weiterleitung an 112 statt. Laut Apple.com sind alle Modelle der iPhone 14-Familie mit dieser Funktion ausgestattet. Der Notruf über Satellit funktioniert bisher in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Irland. Eine weitere Funktion dieses Mobiltelefons: Du kannst deine Freund*innen und Familie über die App "Wo ist?" über deinen Standort informieren, auch fern von Mobilfunk- und WLAN-Abdeckung. Dies funktioniert ebenfalls per Satellit.

Eine ähnliche Funktion ist laut Schenk auch bei Android-Geräten in Planung. Wann genau sie verfügbar sein wird, ist bisher nicht absehbar. Aktuell geplant ist eine Kooperation zwischen Qualcomm, einem der größten Chip-Hersteller für Android Handys, und dem Satelliten-Unternehmen Iridium. Die Kooperation wurde im Rahmen der Technik-Messe CES angekündigt. Das neue Feature mit der Bezeichnung "Snapdragon Satellite" soll Notrufe über ein Satellitennetzwerk ermöglichen. 

Lohnt sich ein Satellitentelefon?

Eine weitere Ausnahme gilt bei Satellitentelefonen, mit denen du je nach Vertrag bei Empfang in der Regel sowohl die 110 als auch die 112 problemlos wählen kannst. Mit dem Kauf des Telefons selbst sowie mit dem Anruf sind in der Regel jedoch hohe Kosten verbunden. Der Deutsche Alpenverein fasst zusammen, dass Satellitentelefone beispielsweise dann Abhilfe schaffen können, wenn du dich auf fernen oder heimischen Gebirgen oder abgelegenen Hütten aufhältst. Das Satellitentelefon kann zudem eine Alternative sein, wenn du bei einer Tour gerne auf dein Mobiltelefon verzichten möchtest. Dadurch kannst du im Ernstfall dennoch Hilfe holen. Bevor du ein Satellitentelefon benutzen kannst, musst du dich, wie auch bei einem normalen Handy, für einen Anbieter entscheiden. Ob sich ein Satellitentelefon für dich lohnen würde, musst du im Individualfall entscheiden.

Bevor du in ein Gebiet reist oder eine Gegend besuchst, in der du womöglich keinen Empfang hast, solltest du also darüber nachdenken, ob sich ein Satelliten-Kommunikationsgerät für dich lohnen würde. Schenk rät dir, in Vorbereitung auf einen Ausflug die Netzabdeckung zu prüfen. Dies geht beispielsweise einfach über die entsprechende App der Bundesnetzagentur. Weißt du, dass du vermutlich keinen Mobilfunkempfang hast und es ein absehbares Gefahrenpotenzial gibt, wie beispielsweise beim Bergsteigen, könnte sich ein Satellitentelefon lohnen.

Neben dem Mobiltelefon gibt es laut Schenk verschiedene andere Möglichkeiten, einen Notruf abzusetzen. Ganz klassisch kannst du den Notruf über das Festnetztelefon oder eine Notrufsäule wählen. Auch eine Notfallmeldung über Fax an das Polizeipräsidium, in diesem Fall München, ist möglich. Schenk weist darauf hin, dass diese Option nicht mit einem Notruf gleichgesetzt werden darf, da es gegebenenfalls eine Verzögerung zwischen Absendung und Empfang gibt. Hast du eine Internetverbindung, kannst du die nora-App verwenden. Diese Notruf-App übermittelt deinen genauen Standort an die zuständige Einsatzleitstelle. So können Einsatzkräfte dich besser finden. Für Menschen mit eingeschränkten Sprach- und Hörfähigkeiten bietet die App die Möglichkeit, Notrufe abzusetzen, ohne sprechen zu müssen.

Fazit

Hast du keinen oder nur schlechten Empfang, wählt sich dein Handy automatisch in das stärkste verfügbare Netz ein. Den Notruf solltest du dabei über 112 absetzen. In einem totalen Funkloch kannst du über dein Mobiltelefon in der Regel keinen Notruf absetzen; es sei denn, es verfügt über eine Funktion, sich über den Satelliten zu verbinden.

Eine solche Funktion gibt es bisher nur beim iPhone 14, eine Ausweitung auf andere (auch Android-)Geräte ist in Planung. In bestimmten Fällen kann sich ein Satellitentelefon lohnen. 

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