Immer weniger Zahlungen mit Bargeld: Diese Händler akzeptieren kein Bargeld mehr

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Bargeld verliert immer mehr an Bedeutung.
Bargeld verliert immer mehr an Bedeutung.
CC0 / Pixabay / martaposemuckel

100 Euro Bargeld haben Bürger*innen in Deutschland im Schnitt im Portemonnaie. Und obwohl die bargeldlose Kartenzahlung im Handel wächst, komplett verschwinden wird das Bargeld wohl nicht.

Die Liebe der Deutschen zum Bargeld ist teuer und unbequem. Vor allem die Banken und Sparkassen haben Arbeit damit: Kleine Cent- und Euro-Münzen müssen eingerollt und Geldscheine gebündelt werden, die Tageskasse wandert in kleinen Metallkassetten in den Abendstunden in den Postkasten der Bank oder wird per Geldtransport abgeholt. Banken müssen die Geldautomaten bestücken und die sind alles andere als sicher: Allein im letzten Jahr gab es rund 500 versuchte und vollendete Geldautomatensprengungen in Deutschland. Mit dem Ende des Bargelds könnten die Banken viel Geld sparen. Sollte das Bargeld nicht lieber komplett verschwinden?

Diese Händler akzeptieren kein Bargeld mehr

Ab diesem Jahr kannst du deutschlandweit in allen Freenet-Shops kein Bargeld mehr loswerden. Zur Begründung heißt es auf einem Informationszettel an einem Freenet-Laden: "Der Verzicht auf Bargeld ist schonender für die Umwelt, hygienischer im Kontakt und sicherer für alle Beteiligten." Freenet folgt damit dem Beispiel der Handelskette Gravis. Bezahlen ist in den Shops nur noch mit Karte möglich. REWE experimentiert ebenfalls mit bargeldlosen Geschäften. In München in der Maxvorstadt (Karlstraße 36) betreibt die Kette seit Dezember 2022 einen Supermarkt ohne Kassen. Auch der Nürnberger Imbiss "Wurstdurst" nimmt bei Zahlung kein Bargeld mehr an, wie inFranken.de berichtete. Ist das Zukunft im Handel und in der Gastronomie?

Banker Johannes Beermann, seit acht Jahren Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank in Frankfurt am Main, hat sogar ein Buch über die Zukunft unseres Geldes geschrieben ("20 Jahre Euro: Zur Zukunft unseres Geldes*"). Der Finanzexperte macht sich keine Sorgen, dass wir irgendwann nicht mehr mit Banknoten und Münzen bezahlen können. Bei sechs von zehn Einkäufen an der Ladenkasse wandert Bargeld hin und her, verriet er im Interview mit FOKUS-Online. Beermann nennt gleich drei Gründe, warum in Deutschland Bargeld sehr beliebt ist: (1) Es schützt die Privatsphäre seiner Nutzer, (2) der Überblick über die Ausgaben fällt leichter und (3) in Not- und Krisenfällen sei es das einzige Zahlungsmittel, das auch ohne Strom funktioniere. Sein Fazit: "Ich glaube nicht, dass wir auf diese Vorteile verzichten wollen."

Die Deutsche Bundesbank stellt trotzdem fest, dass der Anteil der Barzahlungen abnimmt. Zwischen 2017 und 2020 seien Barzahlungen stark gesunken. Dieser Trend hatte sich durch die Corona-Pandemie weiter beschleunigt. In Zahlen ausgedrückt sieht das dann so aus: 58 % aller alltäglichen Zahlungen sind Bargeschäfte mit Münzen und Geldscheinen. Aber der Trend ist rückläufig: 2017 lag der Anteil noch bei 74 %. Inzwischen soll es Händler geben, die überhaupt kein Bargeld mehr annehmen. Allerdings gibt es auch die, die Kartenzahlung nicht akzeptieren.

Ladenkassen werden zu "Geldautomaten"

Die Veränderungen hängen natürlich mit den rasant gewachsenen Käufen im Internet zusammen. Genauso haben die kontaktlosen Debit- oder Kreditkarten den Trend zu bargeldlosem Bezahlen verstärkt. In den Corona-Jahren war kontaktloses Bezahlen ein Beitrag zu mehr Hygiene und deshalb vom Handel empfohlen. Inzwischen sagen vier von zehn Bürger*innen, Karten oder andere bargeldlose Zahlungsmittel zu bevorzugen, wenn sie die Wahl haben. 

Die Bundesbank wollte in ihrer Befragung zum Zahlungsverhalten wissen, wie viel Geld wir im Portemonnaie haben: Es sind 100 Euro. Dass jemand komplett ohne Bargeld unterwegs ist, ist ausgesprochen selten (nur 4 %). Sechs Euro in Münzen sind fast immer dabei. Höhere Beträge haben viele als Reserve zu Hause. Um an das benötigte Bargeld zu kommen, nutzen fast alle Verbraucher*innen in Deutschland Geldautomaten.

Die Ladenkasse ist inzwischen die zweitwichtigste Geldtransferstelle. Vor zehn Jahren diente sie nur als Notlösung, wenn es keine Gelegenheit gab, Geld am Automaten abzuheben. Jetzt schätzen die Kund*innen die Vorteile: es ist bequem, schnell und kostenlos. Zum Schalter in den Banken und Sparkassen gehen die Deutschen, um Bargeld abzuheben, immer seltener. Nutzte dies 2011 noch jede*r Zweite, ist es heute nur noch jede*r Fünfte.

So hoch ist das Risiko, mit Falschgeld in Berührung zu kommen

Die Verbraucherzentrale NRW (VZ) lobt, dass der Aspekt Schutz der Privatsphäre beim Bargeld besser zu realisieren ist. Wer seine Produktvorlieben, Einkaufsorte oder ausgegebenen Summen nicht preisgeben möchte, ist mit Münzen und Scheinen auf der sicheren Seite, betont die VZ. Bei der bargeldlosen Variante fallen natürlich Kosten an. Die Kartenanbieter drücken den Händlern die Gebühren auf. 

Die VZ hat errechnet, dass eine Kreditkartenzahlung bis zu viermal teurer ist als eine Bar- oder Girocard-Zahlung. Nach Berechnungen des Finanzberaters Qonto muss der Handel oder die Gastronomie mit Kreditkartengebühren von ein bis drei Prozent rechnen. Meist geben Geschäfte fünf bis sieben Cent pro Kartenzahlung an einen Netzbetreiber ab, teilweise weniger. Hinzu kommen noch die Kosten für ein oder mehrere Kartenlesegeräte. Das alles trägt am Ende des Tages nicht das Unternehmen, sondern die Verbrauchenden über den höheren Warenpreis.

Der 50-Euro-Schein ist der Eckpfeiler des Bargeldsystems, schreibt die Bundesbank in ihrem Jahresbericht "Zahlen und Fakten rund ums Bargeld". An diesem Schein versuchen sich die Fälscher besonders gern. Am häufigsten verließen allerdings 20-Euro-Scheine die Fälscherwerkstätten. Das Risiko für dich als Normalbürger*in, mit Falschgeld in Berührung zu kommen, ist minimal. Solltest du doch einmal Falschgeld erhalten, wende dich am besten direkt an die Polizei.

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Fazit

Der Trend, mit der Plastikkarte oder mit dem Smartphone zu bezahlen, ist ungebrochen. Inzwischen sind es selbst kleine Beträge. Die Profiteure dieses Trends sind die Banken und Sparkassen ebenso die Kreditkartenanbieter und mobiler Bezahlmöglichkeiten. Ausgeschlossen von diesem System sind Menschen ohne Bankkonto, und das sind nach Schätzungen der Verbraucherzentralen und Schuldnerberatungen etwa eine halbe Million. Die Kunden sollten die Wahl haben, welches Zahlungsmittel sie nutzen: Bargeld oder die Plastikkarte.