Trotz langer Ehe: Witwen-Rente kann verwehrt werden - Gericht mit Urteil

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Haben langjährige Ehen automatisch Anspruch auf betriebliche Hinterbliebenenrenten? Ein Gerichtsurteil bringt Klarheit in einem umstrittenen Fall.

Wer länger als ein Jahr verheiratet ist, erhält im Todesfall des Ehepartners die gesetzliche Witwenrente. Falls vereinbart, besteht zudem ein Anspruch auf eine betriebliche Hinterbliebenenrente – oder nicht?

Ein Gerichtsurteil des Hamburger Arbeitsgerichts stellt diesen für viele Ehepaare als legitim geltenden Anspruch infrage. Das zeigt: Langjährige Ehen müssen nicht zwangsläufig zu einem Anspruch auf eine betriebliche Hinterbliebenenrente führen. Denn: Die Hinterbliebenenversorgung kann an bestimmte Bedingungen gekoppelt sein. Werden diese nicht in vollem Umfang erfüllt, können Hinterbliebene mitunter keinen Anspruch auf Witwenrente geltend machen.

Wer hat Anspruch auf Witwenrente?

Die Witwenrente oder Witwerrente ist eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung. Witwen oder Witwer erhalten nach dem Tod ihres Ehepartners 25 Prozent (kleine Witwenrente), 55 Prozent oder 60 Prozent (große Witwenrente) der Rente des bzw. der Verstorbenen. Die genaue Höhe hängt hierbei vom Zeitpunkt der Eheschließung und vom Alter des hinterbliebenen Ehepartners ab. Anspruch auf diese gesetzliche Witwen- bzw. Witwerrente haben Hinterbliebene, die mit dem Verstorbenen zum Zeitpunkt des Todes seit mindestens einem Jahr verheiratet waren oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft geführt haben.

Darüber hinaus gibt es die sogenannte betriebliche Hinterbliebenenrente, quasi eine betriebliche Variante der Witwenrente. Hierbei handelt es sich um eine Leistung, die im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung mit dem Arbeitgeber vereinbart werden kann. Die Höhe der betrieblichen Hinterbliebenenrente richtet sich nach den individuellen Vereinbarungen des jeweiligen Versorgungswerks. Oftmals gelten für die Auszahlung der Hinterbliebenenrente die gleichen Voraussetzungen wie bei der gesetzlichen Witwenrente – aber nicht immer. Da es sich bei der betrieblichen Hinterbliebenenrente um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers handelt, kann dieser die Voraussetzungen bestimmen. Sie müssen jedoch vertraglich geregelt sein.

Klingt kompliziert? Dann bringen wir es noch einmal auf den Punkt: Die gesetzliche Witwenrente steht jedem zu, der zum Zeitpunkt des Todes des Ehepartners mindestens seit einem Jahr mit dem Verstorbenen verheiratet war. Die betriebliche Hinterbliebenenrente kann zusätzlich zur gesetzlichen Witwenrente gezahlt werden, falls eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitgeber getroffen wurde. Sie ist keine gesetzliche Leistung, sondern unterliegt den Regelungen des jeweiligen Betriebs bzw. Versorgungswerks.

Worum geht es im konkreten Fall?

Im vor dem Arbeitsgericht Hamburg verhandelten Fall (Aktenzeichen: 4 Ca 313/22) verklagte eine Witwe den früheren Arbeitgeber ihres verstorbenen Mannes. Der Grund: Das Unternehmen lehnte ihren Antrag auf Hinterbliebenenversorgung ab. Hierbei bezog sich der Betrieb auf eine Klausel, die in vielen betrieblichen Versorgungswerken Standard ist: die Fünf-Jahres-Grenze. Diese besagt, dass eine Ehe zum Zeitpunkt des Rentenbeginns mindestens fünf Jahre bestanden haben muss, um Anspruch auf die betriebliche Rente zu haben.

Obgleich die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann zum Zeitpunkt des Todes bereits seit 25 Jahren verheiratet waren, stand ihr laut besagter Klausel keine Hinterbliebenenrente zu. Denn: Das Paar heiratete zwar schon 1996, der Ehemann trat aber bereits drei Jahre später seinen Ruhestand an. Die Ehe bestand zum Zeitpunkt des Rentenbeginns daher weniger als die erforderlichen fünf Jahre. Somit konnte die Frau keinen Anspruch auf Witwenrente aus der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung geltend machen.

Die Witwe schaltete daraufhin ihren Anwalt ein. In der Klage berief sie sich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sowie das Diskriminierungsverbot der Europäischen Union. Ihrer Auffassung nach führe die Fünf-Jahres-Grenze zu einer Ungleichbehandlung, die nicht gerechtfertigt sei.

Wie entschied das Gericht?

Das Arbeitsgericht Hamburg kam zu dem Schluss, dass die Fünf-Jahres-Klausel in der betrieblichen Versorgungsordnung gerechtfertigt sei. Die Klage der Hinterbliebenen wurde abgewiesen.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass Unternehmen durch die Fünf-Jahres-Regel eine bessere finanzielle Planungssicherheit erhielten. Dies sei wichtig, da derartige Hinterbliebenenrenten mitunter über viele Jahre hinweg gezahlt werden müssten. Der Klausel liege somit das legitime Interesse eines Unternehmens zugrunde, die finanziellen Verpflichtungen zu kalkulieren.

Da die Klausel für Männer und Frauen gleichermaßen gelte, verstoße sie zudem weder gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz noch gegen das europäische Diskriminierungsverbot. Die betroffene Witwe musste sich also damit abfinden, dass ihr trotz ihrer 25-jährigen Ehe keine betriebliche Witwenrente zusteht.

Welche Bedeutung hat das Gerichtsurteil für ähnliche Fälle?

Das Urteil des Hamburger Arbeitsgerichts zeigt, dass nicht allein die tatsächlichen Ehejahre für die Zahlung einer betrieblichen Hinterbliebenenrente ausschlaggebend sind. Vielmehr ist der genaue Zeitpunkt entscheidend, an dem der Rentenbezieher in den Ruhestand eintritt.

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Bei vielen Versorgungswerken ist eine solche Fünf-Jahres-Klausel Standard. Für Witwen und Witwer bedeutet das, dass sie aufgrund dieser Regelung mitunter keine betriebliche Witwenrente erhalten – ganz gleich, wie lange sie mit dem Verstorbenen verheiratet waren. Denn sollte der Verstorbene bereits vor der Fünf-Jahres-Frist in den Ruhestand eingetreten sein, haben sie keinen Anspruch auf Witwenrente aus der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung. Das mag ungerecht erscheinen, es ist jedoch juristisch nicht anfechtbar.

Es gibt zum Glück auch erfreuliche Nachrichten in Sachen Witwenrente. Ab Juli gelten neue Freibeträge.

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