Symptome der Reisekrankheit
Die Reisekrankheit kann unterschiedlich stark in Erscheinung treten. Manche haben nur milde Symptome, andere leiden extrem darunter. Im Anfangsstadium fühlen sich Betroffene oftmals müde und gähnen häufiger. Zudem kann die Speichelproduktion zunehmen und leichte Kopfschmerzen können sich einstellen. Zu den häufigsten Symptomen zählen:
- Kopfschmerzen
- beschleunigter Atem (Hyperventilation)
- schneller Herzschlag
- Blässe
- Schweißausbrüche
- Schwindel
- Übelkeit
- Erbrechen
Bedingt durch diese Krankheitszeichen kann der Blutdruck absinken (Hypotonie) und der Herzschlag beschleunigt sich (Tachykardie). Sobald das Gehirn die verschiedenen Sinnesinformationen jedoch wieder aufeinander abstimmt, normalisiert sich der Zustand schnell. Das Ausmaß der Symptome und ob wir überhaupt unter der Reisekrankheit leiden, ist individuell sehr verschieden. Häufig leiden Kinder zwischen zwei und zwölf Jahren an der Reisekrankheit. Auch Frauen scheinen sensibler auf die widersprüchlichen Reize zu reagieren als Männer. Aber auch Tiere können reisekrank werden. So können Hunde zum Beispiel das Autofahren nicht vertragen und müssen erst langsam daran gewöhnt werden. Aber auch Katzen, einige Vögel und sogar Fische kann es treffen. Nur Tiere ohne Gleichgewichtsorgan sind vor der Reisekrankheit geschützt. Wenn die Beschwerden aber über einen längeren Zeitraum anhalten, und du zum Beispiel durch häufiges Erbrechen viel Wasser und Salze (Elektrolyte) verlierst, kann der Zustand bedrohlich werden. Dann ist es höchste Zeit, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn anhaltender Flüssigkeitsverlust kann zu einem Kreislaufzusammenbruch führen. Zudem können die Symptome der Reisekrankheit auch auf schwerwiegendere Infektionen oder Vergiftungen hindeuten, die insbesondere auch auf Reisen auftreten können.
Einige Phänomene werfen nach wie vor Fragen auf
Die Reisekrankheit entsteht als Reaktion auf widersprüchliche Bewegungsreize, welche den Körper überfordern. Aber einige Phänomene werfen weiter Fragen auf:
- Warum wird es Seeleuten übel, wenn sie wieder Land betreten?
- Warum verspüren wir keine Übelkeit, wenn wir tanzen?
- Warum wird es uns als Beifahrer schneller schlecht als dem Fahrer?
- Warum sind Frauen häufiger betroffen?
Im Jahr 1990 stellte der Luft- und Raumfahrtingenieur Charles Oman eine Theorie auf. Er nahm an, dass ein Konflikt im Gehirn entsteht, wenn das, was wir erwarten, nicht mit dem übereinstimmt, was uns passiert. Wenn zum Beispiel ein Seemann nach langer Reise wieder festen Boden betritt, erwartet er trotzdem, dass der Boden schwankt. Da aber der Boden stabil bleibt, kommt es zu Widersprüchen im Gehirn, die zu Übelkeit und Schwindel führen können. Diese Theorie würde auch erklären, dass uns nicht schlecht wird, wenn wir uns aktiv auf der Tanzfläche bewegen oder als Fahrer am Steuer sitzen. Unser Gehirn kann sich besser auf die Bewegungen einstellen und Ausgleichsbewegungen ausführen. Einem Beifahrer fehlen diese Vorabinformationen und er muss im Nachhinein gegenreagieren. Diese Theorie wurde 2015 von der Neurowissenschaftlerin Kathleen Cullen gestützt, die zufällig jene Nervenzellen entdeckte, die für dieses Phänomen verantwortlich sind. Es fehlt allerdings noch der Beweis, dass von diesen Nervenzellen auch die Übelkeit ausgelöst wird.
Fachleute gehen davon aus, dass bei der Reisekrankheit Hormone eine Rolle spielen, insbesondere während der Periode oder einer Schwangerschaft. Daneben stehen jedoch noch weitere Theorien im Raum: Michel Treisman von der University of Oxford verglich die Übelkeit bei der Reisekrankheit mit dem Erbrechen nach der Giftaufnahme. Unsere Körpersysteme reagieren sehr empfindlich auf Gleichgewichtsstörungen durch Vergiftungen. Dabei kann dieses Ungleichgewicht auch durch andere (ungiftige) Einwirkungen auf den Körper verursacht werden. Dass schwangere Frauen sensibler bei der Reisekrankheit reagieren, könnte demnach damit zusammenhängen, dass sie schneller erbrechen, um den Fötus vor der "vermeintlichen" Gifteinwirkung zu schützen.
Der Psychologe Thomas Stoffregen setzt die Reisekrankheit mit der Unfähigkeit, die Körperstabilität zu halten, in Zusammenhang. Wenn Seeleute zum Beispiel breitbeiniger standen, trat die Reisekrankheit weniger stark auf. Dies könnte eine weitere Erklärung dafür bieten, warum Frauen empfindlicher reagieren. Denn die Verteilung ihrer Körpermasse unterscheidet sich von der bei Männern. Zudem haben sie vergleichsweise kleinere Füße, bei annähernd gleicher Körpergröße. Das könnte zu einer größeren Instabilität führen, sodass unerwartete Bewegungen für sie schwieriger auszubalancieren sind. Zudem scheint auch die Genetik eine Rolle zu spielen. Ein Biotechnologieunternehmen fand 2015 in einer genomweiten Studie mit 80.000 Teilnehmer*innen 35 DNA-Abschnitte, die mit der Reisekrankheit in Verbindung stehen. Die betrachteten Gene sind mit der Entwicklung von Auge und Ohr sowie der Regulierung des Blutzuckerspiegels verbunden. Sind Frauen Träger bestimmter Genvarianten, tritt die Reisekrankheit bei ihnen bis zu dreimal häufiger auf als bei Männern mit diesen Erbfaktoren.
Hilfreiche Tipps gegen die Reiskrankheit
Vor Reiseantritt:
- Starte ausgeruht in die Reise und versorge dich vor Reisebeginn mit ausreichend Flüssigkeit. Am besten sind kohlensäurearme Getränke wie Wasser oder Tee geeignet. Von Alkohol, Milch oder Kaffee solltest du absehen.
- Setze dich bei Autofahrten selbst ans Steuer, da Beifahrer*innen häufiger unter Reiseübelkeit leiden.
- Positioniere dich im Zug in Fahrtrichtung.
- Setze dich im Flugzeug auf Höhe der Tragflächen.
- Bevorzuge im Bus die vorderen Sitzreihen.
- Halte dich auf dem Schiff an Deck in der Mitte auf.
- Versuche aufrecht zu sitzen und schnelle Kopfdrehungen zu vermeiden.
- Vor der Reise nur wenig essen, am besten Obst, Salat oder Zwieback. Weder ein prall gefüllter noch ein leerer Magen ist hilfreich.
Wenn erste Symptome einsetzen:
- Fixiere während der Fahrt einen Punkt in der Ferne.
- Öffne das Fenster und atme langsam frische Luft ein.
- Versuche während der Reise Bewegungspausen einzulegen, zum Beispiel, indem du auf dem Gang im Flugzeug oder in der Bahn hin- und herläufst und während der Autofahrt rastest.
- Wenn es dir gelingt, während der Reise zu schlafen, kannst du die visuellen Reize am besten ausschalten.
- Auch Entspannungsübungen oder beruhigende Musik können einen nervösen Magen beruhigen.
- Kaue auf einem Stück Ingwer, wenn du es magst, denn die enthaltenen ätherischen Öle und Bitterstoffe sind ein effektives Mittel gegen Reisekrankheit. Alternativ gibt es in der Apotheke auch Kapseln mit Ingwer-Extrakt.
- Für Kinder ab sechs Jahren sind verschiedenen Reisekaugummis in der Apotheke erhältlich
- Spezielle Akkupressur-Bänder für die Handgelenke, die kontinuierlich einen speziellen Akkupressurpunkt (Perikard 6) stimulieren, sind ebenfalls hilfreich gegen Reiseübelkeit und auch für jüngere Kinder erhältlich.
- Lasse dich in einer Heilpraktikerpraxis oder in der Apotheke über mögliche homöopathische Mittel beraten. Als passende Mittel werden unter anderem "Cocculus", "Arnika" und "Nux vomica" empfohlen. Welches Mittel in welcher Potenz das richtige ist, solltest du vorab therapeutisch abklären lassen.