Vor allem in Ballungsräumen ist Lichtverschmutzung ein großes Problem. Doch es stört nicht nur Wildtiere - auch den Menschen kann künstliches Licht in der Nacht krank machen.
Jeder von uns kennt es: Wenn es nachts draußen raschelt und knackt, bekommt manch ein Mensch Angst und knipst das Licht an. Licht vertreibt aber nicht nur die Angst, sondern oft auch die Tiere. Seit Jahrzehnten macht vielen Tieren die sogenannte Lichtverschmutzung zunehmend zu schaffen. Auch für viele Menschen ist nächtliches Licht von Nachteil.
"Wir sind erstaunt, wie empfindlich viele Tiere sind. Das hat uns selbst überrascht", sagt Franz Hölker, der eine Forschungsgruppe zu Lichtverschmutzung am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) mit Sitz in Berlin leitet. Das gelte auch für den Menschen. Der Unterschied zwischen Tag und Nacht verschwimme. In Innenräumen wie Büros sei tagsüber viel weniger Licht als draußen, während der Tag abends verlängert werde. "Da wissen die Zellen nicht mehr so genau, was sie machen sollen", sagt Hölker. Die Folge seien nicht nur Schlafstörungen.
Künstliches Licht in der Nacht - diese Gefahren lauern für den Körper
Übermäßiges nächtliches Licht könne auch das Risiko für Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Adipositas und Depressionen erhöhen, schrieb voriges Jahr ein internationales Forschungsteam in einer Überblicksarbeit im Fachblatt "Science". Nächtliche Lichtexposition schwäche zudem das Immunsystem. "Die Studien zu den Auswirkungen von nächtlicher Lichteinwirkung zeichnen ein beunruhigendes Bild", sagte Ko-Autorin Eva Schernhammer von der Medizinischen Universität Wien.
Dass wir es gerne hell haben, ist laut Hölker viel Gewohnheit. Angst vorm Dunkeln stecke in uns Menschen drin. "Aber vor allem Menschen in Städten erleben immer hellere Nächte, die für sie zur Referenz werden." Diese Gewohnheit zu ändern, lasse sich aber lernen. Nächtliche Lichtquellen gibt es viele: Industrieanlagen, Straßenlaternen, beleuchtete Parkplätze, Autoscheinwerfer, Schaufensterlichter und Werbebildschirme, Flutlichter auf Sportplätzen, Außenlampen an Häusern und Solarlampen in Gärten, die selbst dann leuchten, wenn die Gartenbesitzer und -besitzerinnen längst im Bett liegen.
Lichtverschmutzung betreffe fast die Hälfte der Erdoberfläche, folgerte nach Auswertung von Satellitenbildern im Mai ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung von IGB und der Technischen Hochschule Brandenburg (THB) im Fachblatt "Nature Reviews Earth and Environment". Künstliches Nachtlicht nehme weltweit jährlich um zwei bis zehn Prozent zu. Dabei konnte das Team nicht einmal alle Lichtarten erfassen. "Dies bedeutet, dass das wahre Ausmaß der Zunahme der Lichtverschmutzung mit Satellitendaten eher noch unterschätzt wird", so THB-Ko-Autor Andreas Jechow.
Lichtverschmutzung in Ballungsräumen - vor allem Tiere leiden
Die Folgen der Lichtverschmutzung für Tiere sind groß: Etwa 60 Prozent der Insekten und 30 Prozent der Säugetierarten in Deutschland sind laut Bundesamt für Naturschutz dämmerungs- oder nachtaktiv. Dazu zählen neben bekannten Nachttieren wie Eule, Glühwürmchen und Fledermaus auch etliche Schmetterlinge. Manche Tiere werden durch Licht verwirrt. Andere trauen sich nicht aus der Deckung. Alleine durch Straßenbeleuchtung verenden laut Schätzungen des Nabu Milliarden Insekten. Häufig gelangen sie ins Leuchtgehäuse und verbrennen oder verhungern dort. Manche sterben an Erschöpfung, andere fallen Fressfeinden zum Opfer. Umweltorganisationen rufen daher seit langem dazu auf, das Licht häufiger mal auszulassen.
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Das Bewusstsein für Lichtverschmutzung ändert sich langsam, berichtet Forscher Hölker. Im Bundesnaturschutzgesetz wurde Lichtverschmutzung inzwischen aufgenommen. Ein Projekt erarbeite nun, wie die neuen Regelungen umgesetzt werden können. "Damit haben wir auch eine Vorbildfunktion für andere Länder, die dabei sind, immer heller zu werden", meint Hölker etwa mit Blick auf Länder der Südhalbkugel. Bisher strahlten vor allem Europa, die USA und asiatische Megastädte weit aus.