Sie können nicht fliegen. Aber schöner marschieren als die Soldaten beim Großen Zapfenstreich für den Bundespräsidenten. Laufenten sind cool.
Die Sonne scheint, die Bienen summen, das Wasser im Teich plätschert. Leises Geschnatter vervollständigt das Idyll. Nein, wir hören keine Entspannungs-CD. Wir sind live beim Morgenritual in einer Gartenparzelle des Kleintierzuchtvereins dabei. Wie jeden Morgen hat der Kitzinger Harald Nagel seine sechs Laufenten aus dem Stall ins Freigehege gelassen. Jetzt sitzt er im Liegestuhl auf der Wiese und beobachtet seine grasenden Gesellen.
Im Entenmarsch durch den Garten
Die watscheln wie kleine, flinke Pinguine durch die Wiese und recken ab und zu die Hälse in die Höhe wie Erdmännchen, die eine Witterung aufgenommen haben. Nach einer Weile wenden sie sich wieder der Bodenbearbeitung zu. Sie schnattern, schnäbeln und schnabulieren um die Wette. Nicht laut und nervig, sondern eher wie dezente Hintergrundmusiker. Mit ihren abgerundeten Schnäbeln suchen sie Quadratzentimeter um Quadratzentimeter Boden ab.
Laufenten fressen Kräuter, Insekten - und am liebsten Schnecken
Hier ein leckeres Kräutlein, dort ein Insekt oder ein Wurm - die Laufenten lassen es sich schmecken. Am allerglücklichsten sehen sie aus, wenn ihnen eine Nacktschnecke zwischen die Schnabellamellen kommt. "Das ist ihre Leibspeise", erklärt Harald Nagel. "Genauso wie Schneckeneier, die sie im Herbst aus dem Boden klauben."
Der 55-Jährige ist seit 1992 Geflügelzüchter. Ein Arbeitskollege hat ihn "mit dem Zuchtvirus infiziert", erzählt der gelernte Metzger lachend. "Ich mag eigentlich alle Arten von Geflügel. Als Kind hab' ich schon Enten gehalten." Vor drei Jahren hat er auf dem Geflügelmarkt im mittelfränkischen Markt Bibart Laufenten-Küken entdeckt. "Vier weiße hab' ich mit heimgenommen. Zwei wildfarbene von einem anderen Züchter sind wenig später dazugekommen." Seither liebt Harald Nagel es, im Garten zu sitzen und die Tiere zu beobachten.
Laufenten können nicht fliegen
Als munter und agil beschreibt er sie, als lebhaft und aufmerksam. "Am meisten mögen sie es, wenn ich den Gartenschlauch anschließe. Dann wissen sie: Jetzt können sie gleich duschen." Zum Beweis lässt er das Wasser spritzen. Keine zwei Sekunden später räkeln sich sechs Laufenten unter dem Wasserstrahl. Als Nagel die feuchtfröhliche Party beendet, schütteln sie ihr Gefieder und beginnen, sich mit den Schnäbeln ausgiebig die Federn zu putzen. Sie können ihre langen Hälse derart verrenken, dass sie jede Körperstelle erreichen. Spätestens, wenn sie ihre zarten Flügelchen säubern, wird klar, woher sie ihren Namen haben: Richtig fliegen können sie mit den paar Federn nicht.
Herdentiere mit gesundem Appetit
Wenn sie im Gänsemarsch durch die Gegend eilen, sieht man gut, wer Männchen ist und wer Weibchen. "Die Erpel haben eine Schwanzfeder, die wie ein Ringchen nach oben wegsteht. Der Schwanz der Weibchen ist dagegen glatt", erklärt der Züchter. Die beiden Geschlechter vertragen sich gut. "Lau fenten sind Herdentiere, die Gesellschaft von Artgenossen brauchen." Ihre natürliche Scheu vor Menschen legen manche rasch ab, andere nie. "Wenn ich rufe 'Entli, kommt her!', dann wissen aber alle, dass sie jetzt Futter kriegen und sind schnell zur Stelle."
Im Winter, wenn es draußen nicht viel Grünzeug und kaum Insekten gibt, kriegen sie normales Entenfutter und Weizenkörner, manchmal auch Kartoffeln oder Salat, erklärt Harald Nagel. "Im Sommer brauchen sie im Freiland wenig zusätzliches Futter. Aber es ist wichtig, dass sie immer genügend Wasser zur Verfügung haben." Die Tiere brauchen Wasser nicht nur zur Verdauung, sondern lieben es außerdem, mehrmals am Tag zu planschen. "Und sie paaren sich nur im Wasser." Wer also selbst Laufenten züchten will, für den bietet es sich an, einen Teich anzulegen.
Eier werden wie beim Huhn verwendet
Wer seine "Laufis", wie Nagel die Tiere liebevoll nennt, nicht brüten lassen will, der kann die Eier verwenden wie Hühnereier. Harald Nagel: "Sie sind halt ein bisschen größer. Zum Backen sind sie besonders geeignet."
Haben die Laufenten überhaupt irgendwelche Nachteile? Der Unterfranke überlegt kurz: "Naja: Salat, Erdbeeren und rote Johannisbeeren mögen sie fast so gern wie Schnecken." Das heißt, wer auf den effektiven Schneckenvertilger setzt, aber auch vitaminreiches Grünzeug anbauen will, der sollte das am besten im Hochbeet tun - oder hinter einem Zaun.
Guter Enten-Dünger
Und die Entenkacke? "Die ist ganz weich und sickert schnell in den Boden. Der nächste Regen spült sie weg - das ist der beste Dünger für den Rasen." Während er das sagt, sieht Harald Nagel sehr zufrieden aus. Richtiggehend entspannt. Kein Wunder: Die Grünflächenpflege übernehmen seine "Lau-fis" für ihn.
Und er muss nie Angst haben, versehentlich auf eine schleimige Schnecke zu treten.
INFO:
Merkmale: Die Laufente, auch Indische Laufente oder Flaschenente genannt, wurde vor gut 150 Jahren von Südostasien nach Europa eingeführt. Sie hat einen langen, schlanken Körper und ist nur sehr eingeschränkt flugfähig. Sie kann über 150 Eier pro Jahr legen und mehr als 15 Jahre alt werden.
Farben: Laufenten werden in Deutschland in zehn Farbschattierungen gezüchtet: wildfarbig, forellenfarbig, silberwildfarbig, rehfarbig-weiß-gescheckt, erbsgelb, blaugelb, weiß, schwarz, braun und blau.
Bedürfnisse: Für jedes Entenpaar sollte man einige hundert Quadratmeter Grünfläche/ Wiese rechnen. Außerdem brauchen Laufenten ausreichend Wasser zum Baden und für die Gefiederpflege. Nachts empfiehlt es sich, die Tiere einzusperren - besonders, wenn Fuchs oder Marder umherstreifen.