- Pausenzeit gibt es, aber manchmal ist sie nachzuarbeiten
- Die Besonderheit: der Bildschirmarbeitsplatz
- Fast immer Arbeitszeit: Umkleide- oder Vorbereitungszeit
- Und was ist mit Arztterminen?
- Das beschäftigt die Gerichte: Bereitschaftsdienste versus Rufbereitschaft
Kurz eine Zigarette rauchen oder einen Kaffee trinken, mit den Kolleg*innen auf dem Gang quatschen, später noch zum Arzt gehen. Sieht so dein Arbeitstag aus? Vermutlich nicht. Die Arbeitsgerichte haben in Deutschland darüber entschieden, was zur Arbeitszeit zählt und was nicht. Eine Übersicht.
Pausenzeit gibt es, aber manchmal ist sie nachzuarbeiten
Wichtig ist das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Und das besagt lapidar: Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Pausen zählen also anders: Generell haben Beschäftigte Anspruch auf eine Pause. Arbeitest du mehr als sechs Stunden, steht dir eine Pausenzeit von 30 Minuten zu. Sind es mehr als neun Stunden, kannst du 45 Minuten pausieren. Du kannst deine Pause stückeln, aber mindestens 15 Minuten muss sie schon sein. Das alles ergibt sich aus dem ArbZG § 4.
Kaffee- oder Raucherpausen, die außerhalb der regulären Pausenzeit genommen werden, zählen nicht zur Arbeitszeit. Du musst ausstempeln und die Zeit nacharbeiten. Was passiert, wenn Beschäftigte gegen diese Regel verstoßen, musste jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) in Thüringen entscheiden (Urteil: LAG Thüringen vom 3.5.2022, Az: 1 Sa 18/21). Die Richter des ersten Senats stellten klar: Verstößt ein*e Arbeitnehmer*in hartnäckig gegen die Pflicht zur Ausstempelung der Raucherpausen und begeht dadurch einen erheblichen Arbeitszeitbetrug, so rechtfertigt das eine ordentliche Kündigung.
Wegen der Schwere des Vertrauensbruchs und der strafrechtlichen Relevanz des Verhaltens ist sogar eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich. Eine Mitarbeiterin hatte täglich bis zu sieben Raucherpausen eingelegt und dadurch nicht gearbeitet.
Die Besonderheit: der Bildschirmarbeitsplatz
Unklar ist, wie mit kleinen Arbeitsunterbrechungen und Pausen bei einem Bildschirmarbeitsplatz zu verfahren ist. Die Frage lautet: Stehen den Mitarbeitenden "kurzzeitige Erholzeiten" zu, die als Bestandteil der Arbeitszeit anzusehen sind?
Die Arbeitgebenden müssen laut Arbeitsstättenverordnung dafür sorgen, dass Beschäftigte ihre Bildschirmarbeit durch andere Beschäftigungen unterbrechen (Bildschirm- und Büroarbeitsplätze, VBG-Fachinformation BGI 650). Ob das als Arbeitszeit oder als Pause zählt ist offen und muss im Einzelfall also im Betrieb geklärt werden. Damit die Augen sich erholen, solltest du am besten nach einer Stunde Bildschirmarbeit fünf bis zehn Minuten Pause machen. Um die Arbeitszeit zu nutzen, kannst du in dieser Zeit andere Aufgaben erledigen – etwa die Ablage sortieren.
Übrigens: Der Gang zur Toilette gilt nicht als Pause, sondern als kurzfristige Arbeitsunterbrechung. Kein*e Arbeitgeber*in kann dies ihren Beschäftigten verwehren.
Fast immer Arbeitszeit: Umkleide- oder Vorbereitungszeit
Wenn du in dem Unternehmen, in dem du beschäftigt bist, Schutz- oder Dienstkleidung tragen musst, etwa einen Overall mit Firmennamen, brauchst du mit dieser Kleidung nicht direkt zur Arbeit zu gehen. Als Mitarbeitende*r darfst du dich in den Räumen des Arbeitgebers umziehen, was dann als Arbeitszeit gilt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist die Umkleidezeit dann als Arbeitszeit anzusehen, wenn
- der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und diese Arbeitskleidung zwingend im Betrieb anzulegen ist
- die Kleidung besonders auffällig ist und der Arbeitnehmer sie deshalb im Betrieb anzieht.
Dabei kommt es darauf an, ob das Umkleiden einem fremden Bedürfnis (also dem des Arbeitgebers) oder auch dem Bedürfnis der Beschäftigten dient (BAG, Beschluss v. 10.11.2009, Az.: 1 ABR 54/08). Wenn das Umkleiden zugleich dem Bedürfnis der Beschäftigten dient, gehört die Umkleidezeit nicht zur Arbeitszeit. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der oder die Beschäftigte sich entscheidet, die Kleidung zu Hause anzuziehen und sie auf dem Weg zur Arbeit trägt. Anders sieht es aus, wenn keine Pflicht zu Schutz- oder Dienstkleidung besteht. Kommt jemand im Sportdress mit dem Rad zur Arbeit und zieht sich um, ist das Privatsache. Beschäftigte müssen dann rechtzeitig in der Firma sein, dass genügend Zeit fürs Umziehen bleibt und sie pünktlich mit der Arbeit starten können.
Die Vorbereitungsphase, um etwa den Rechner hochzufahren, zählt indes klar zur Arbeitszeit. Ist eine Schutzkleidung durch das Arbeitsschutzrecht vorgeschrieben ist, gehört das Anlegen und Ablegen und die damit verbundene Wegezeit, innerhalb der Firma, zur Arbeitszeit.
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Grundsätzlich bist du verpflichtet, deine Arzttermine so zu legen, dass sie nicht mit der Arbeitszeit kollidieren. Nicht immer ist dies möglich, etwa bei einem Notfall oder wenn du in deiner Freizeit keinen freien Termin bei deinem Arzt oder deiner Ärztin bekommst.
Vergibt die von dir gewählte Arztpraxis grundsätzlich keine Termine außerhalb der Arbeitszeiten, hast du einen Anspruch auf bezahlte Freistellung. Auch dann, wenn für die Behandlung keine besondere Dringlichkeit besteht. Das Verlangen des Arbeitgebers, eine andere Praxis aufzusuchen, die Termine außerhalb der Arbeitszeit anbietet, ist nicht rechtmäßig (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 29.2.1984, Az.: 5 AZR 92/82).
Grundsätzlich gilt: Du musst dich darum kümmern, den Schaden – also den Arbeitsausfall – für deine*n Arbeitgeber*in möglichst gering zu halten. Du bist dazu verpflichtet, dich um einen Termin außerhalb oder am Rande der Arbeitszeiten zu bemühen. Erst, wenn diese Bemühungen nachweisbar scheitern, hast du unter Umständen Anspruch auf eine bezahlte Freistellung.
Das beschäftigt die Gerichte: Bereitschaftsdienste versus Rufbereitschaft
Krankenhauspersonal oder Feuerwehrleute, Heizungsbauer oder Klempnerin: In zahlreichen Berufen ist es wichtig, dass Arbeitnehmer*innen auch außerhalb ihrer normalen Arbeitszeiten spontan einsatzbereit sind.
Viele Bereitschaftsdienste sind Arbeitszeit. In Tarifverträgen oder Dienstvereinbarungen sind entsprechende Pauschalen für Bereitschaftsdienste festgelegt.
Juristisch ist der entscheidende Unterschied dabei, wo du dich als Arbeitnehmer*in aufhalten musst: Verpflichtest du dich, auf dem Betriebsgelände oder an einem anderen festgelegten Ort zu bleiben, ist das ein Bereitschaftsdienst und damit Arbeitszeit. Das gilt selbst dann, wenn du dich ausruhen kannst oder der festgelegte Aufenthaltsort deine Privatwohnung ist. Anders ist es bei Rufbereitschaften – also Fälle, in denen du in deiner Freizeit damit rechnen musst, dass dein*e Arbeitgeber*in dich zur Arbeit ruft. Diese wird nicht als Arbeitszeit, sondern meist nur mit einer Pauschale vergütet. Gibt es keine Nachricht, ist die Rufbereitschaft auch keine Arbeitszeit. Meldet sich der Chef oder die Chefin, ist die Arbeitszeit entsprechend zu bezahlen.
Die Abgrenzung zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst folgt relativ strengen Regeln. So darf beispielsweise die in der Rufbereitschaft vorgegebene Reaktionszeit nicht zu kurz sein, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden (Urteil vom 21.2.2018, Az.: C-518/15). In dem Fall ging es um einen Feuerwehrmann, der auf Abruf innerhalb von acht Minuten auf der Wache sein musste. Das war dem Gericht zu wenig: Arbeitnehmende in Rufbereitschaft müssten dazu in der Lange sein, privaten Tätigkeiten nachzugehen – ohne die Gefahr ständiger Unterbrechungen, bei denen sie sofort alles stehen und liegen lassen müssen, befand das Gericht.
Betriebliche Fortbildungen und Dienstreisen sind Arbeitszeit
Ordnet dein*e Arbeitgeber*in eine Weiterbildung an, ist dies natürlich Arbeitszeit. Fährst du dagegen auf eigenen Wunsch zu einer Fortbildung, fällt dies nicht unter die reguläre Arbeitszeit. Da Dienstreisen meist die Arbeitgebenden anordnen, zählen sie zur Arbeitszeit. Problematisch sind oft die Fahrtzeiten. Aber auch hier gibt es Feinheiten, die du kennen solltest.
Reisezeit gleich Arbeitszeit:
- Bereitest du deinen Termin am Nachmittag während der Zugfahrt am Morgen vor, gilt die Zeit der Anreise als Arbeitszeit.
- Dies gilt auch für alle beruflichen Gespräche mit Kollegen*innen während der Dienstreise und während eines Geschäftsessens.
- Wer selbst mit dem Dienstwagen fährt – auch dann, wenn keine Kolleg*innen mit dabei sind – kann sich ebenfalls die Anreise als Arbeitszeit anerkennen lassen. Grundlage dieser Regelung ist die Annahme, dass die Arbeitnehmenden sich bei einer Autofahrt nicht entspannen können, weshalb diese nicht als Ruhezeit gelten darf.
Reisezeit ungleich Arbeitszeit:
- Wird von den Arbeitgebenden hingegen nur die Nutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels vorgegeben und nicht etwa die Nutzung des Reiseweges für Arbeitsinhalte, handelt es sich in arbeitsrechtlicher Hinsicht auch nicht um Arbeitszeit. Wichtig: Die An- und Abreise gilt selbst dann als Ruhezeit, wenn sich die Arbeitnehmenden währenddessen freiwillig mit beruflichen Belangen beschäftigen und zum Beispiel Mails bearbeiten oder Termine vorbereiten.
- Das Gleiche gilt für Dienstreisende, die am Zielort Sightseeing betreiben oder mit der Familie zuhause telefonieren. In diesen Fällen wird nicht gearbeitet und somit gilt: Alles fernab des Beruflichen ist Freizeit.
Der Arbeitsweg ist selten Arbeitszeit
Der Arbeitsweg zählt nicht zur Arbeitszeit. Anders ist das allerdings, wenn du gar keinen regulären Arbeitsort hast, also an ständig wechselnden Orten im Einsatz bist und der Arbeitsvertrag keinen regulären Arbeitsort definiert. In diesem Fall ist der Arbeitsweg als Arbeitszeit anzurechnen.
Welche Konsequenzen eine Verspätung hat, hängt vom jeweiligen Arbeitszeitmodell ab. Unter Umständen drohen Entgeltbußen, im Wiederholungsfall sogar eine Abmahnung.
Grundsätzlich gilt: Es ist deine Sache, wie du zur Arbeit kommst. Du musst pünktlich erscheinen. Wie du das schafft, ist nicht das Problem der Arbeitgebenden.
Fazit
Das Arbeitsrecht setzt die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber*in. Es enthält zahlreiche Pflichten für beide Seiten, regelt aber ebenso die gegenseitigen Verpflichtungen. Was Arbeitnehmenden oft fehlt, ist das Wissen über die eigenen Rechte und Regelungen: Beim Punkt Arbeitszeit ist das jetzt anders.