Spiele-Test "Oracle": Originelles Fabeltiere-Stechen - Kartenspiel-Tipp
Autor: Stefan Lutter
Deutschland, Sonntag, 12. November 2023
Laut seinem Untertitel handelt es sich bei „Oracle“ um ein „fabelhaftes Stichspiel“. Das bezieht sich zuallererst aber auf das Thema, weil die Karten Fabeltiere zeigen und mit ihrer Hilfe wundersame Prophezeiungen erfüllt werden sollen. Wir wollten wissen, ob das Stiche-Sammeln ohne Trümpfe sich auch fabelhaft spielt.
- Oracle: Rezension des Kartenspiels mit mythologischem Anstrich
- So spielt sich das Stichspiel mit Fabeltieren - und ohne Trümpfe
- Infos, Bewertung und Fazit
Es ist immer wieder erstaunlich, dass auch in einem derart ausgelutschten Genre wie dem der Stichspiele immer wieder neue Titel veröffentlicht werden. Auch wenn es sich dabei immer „nur“ um Varianten von Skat, Schafkopf und Co. handelt, gibt es doch schlechtere und bessere Stichsammel-Versionen – je nachdem, wie gut die neu eingebrachten Ideen funktionieren. „Oracle“, dem Autor Stefan Dorra einen mythologischen Anstrich verpasst hat, gehört definitiv zu letzteren Kartenspielen, wie unser Test zeigt.
Wie spielt sich „Oracle“?
Dorra, der unter anderem mit For Sale*, Valletta* und erst in diesem Jahr mit Triqueta* sein Händchen für tolle Spiele unter Beweis gestellt hat, überrascht zunächst mit einer kräftig reduzierten „Oracle“-Stichmechanismus. Gespielt wird mit identischen Fabelwesen-Kartensets, die sich nur farblich unterscheiden und die von 1 bis 12 durchnummeriert sind. Es herrscht Bedienzwang, aber den Stich macht immer die höchste Zahl. Es gibt keine Trümpfe und keine Trumpffarben. Einzige Spezialregel: Eine 1 sticht immer ein 12.
Video:
So weit, so einfach (und ungewöhnlich). Dass sich die Stichrunden so simpel spielen, geschieht natürlich nicht ohne Grund. Denn „Oracle“ hat zwei Mechanismen zu bieten, die das Spiel interessant machen: Zum einen macht man seine Punkte nicht direkt mit den Stichen, stattdessen erhält man pro Stich einen Siegpunkt-Chip. Dieser fällt umso wertvoller aus, je niedriger der Wert der Karte ist, mit dem man den Stich gewonnen hat.
Eine Hydra zeigen die schwächsten Karten mit den Werten 1 bis 5, da mit ihnen ein Stich am schwierigsten ist, ist der entsprechende Chip vier Siegpunkte wert; der Pegasus mit den Kartenwerten 6 bis 9 bringt drei Siegpunkte; für die relativ leichten Stiche mit den Phönix-Karten, die immer die Werte 10, 11 und 12 haben, gibt es zwei Siegpunkte.
Loser-Chips und Orakelkarten als Clous
Der Clou dabei: Es sind weniger Chips vorhanden, als Stichrunden gespielt werden. Hier kommen „Loser-Chips“ in Spiel, von denen es pro Fabeltier einen gibt. Wird mit einem Tier gestochen, dessen Sieger-Chips bereits verteilt sind, bekommt der/die Spieler*in diese Verlierer-Marke. Ihr Effekt: In der Endabrechnung muss der Spielende alle gewonnen Chips der entsprechenden Tierart wieder abgeben. Allerdings gibt es auch Möglichkeiten, einen Loser-Chip wieder loszuwerden (sticht man als Besitzer*in des Loser-Chips ein weiteres Mal mit dem Tier, darf man ihn wieder in die Mitte legen; sticht ein/e Mitspieler*in mit dem Loser-Chip-Tier, wandert die Marke an sie/ihn).
Die andere außergewöhnliche „Oracle“-Komponente sind die titelgebenden Orakelkarten mit „Prophezeiungen“ (Aufgaben, für deren Erfüllung es Extrapunkte gibt). Zu Beginn jedes Spiel wählt sich jede Person verdeckt zwei dieser Karten aus. Für einfache Aufgaben (beispielsweise beliebig viele Siegpunkt-Chips, keinen Loser-Chip oder nur einen Chip einer bestimmten Tierart zu sammeln) fällt der Bonus mickrig ist; sehr hoch ist er dagegen für schwere Aufgaben, wie zwei Loser-Chips oder die wenigsten Chips überhaupt zu ergattern.