Jahrhundertflut: Ist das schon der Klimawandel?

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Das Gelände des Africa-Festivals in Würzburg Fotos: Tobias Köpplinger
Das Gelände des Africa-Festivals in Würzburg Fotos: Tobias Köpplinger
Ein Hochwasserdamm aus Stahl in Würzburg
Ein Hochwasserdamm aus Stahl in Würzburg
 

Natürlich konnte niemand mit den Sturzfluten rechnen. Nach den Prognosen der Experten wird die globale Erwärmung aber auch in Franken für eine Häufung der Wetterextreme sorgen. Am Main beruhigt sich die Lage jetzt langsam.

Klimawandel, globale Erwärmung? Wer die Pfingstferien freiwillig oder gezwungen in Süddeutschland verbrachte, konnte eher an den Beginn einer neuen Eiszeit glauben. Es war in Franken kälter als an Weihnachten, und vielerorts fiel an einem Tag bereits das ganze Monatssoll an Regen.

Ist das wieder nur eine Wetterkapriole? Oder bereits Teil des vom Menschen gemachten Klimawandels? Ja und nein, weiß man beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Für die gut 300 Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen, die unter der Leitung von Hans Joachim Schellnhuber forschen, ist der Klimawandel kein theoretisches Gespinst mehr. "Er ist Fakt, ebenso wie nicht mehr abgestritten werden kann, dass der Mensch zu einem großen Teil dafür mitverantwortlich ist", sagt Schellnhuber.

Prognosen sind schwierig

Auch mit den Prognosen tun sich die Klimaforscher in Potsdam relativ leicht, wenn der Maßstab groß genug ist: "Extreme Wetterlagen werden sich häufen, weil in der wärmer werdenden Atmosphäre deutlich mehr Dynamik herrscht", sagt der Physiker. Mehr Dynamik bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für Stürme und Starkregen steigt, dass es aber auch mehr Trockenperioden und Hitzewellen geben wird. "Die Folgen des Klimawandels werden oft auf den Anstieg der globalen Mitteltemperatur reduziert. Das Klimageschehen ist aber weitaus komplexer und vor allem regional äußerst differenziert zu betrachten", sagt Schellnhuber.

Eine globale Erwärmung um vier Grad, die viele Wissenschaftler in den kommenden hundert Jahren erwarten, könnte man ja rechnerisch auch so darstellen: vier Grad weniger im Winterhalbjahr, acht Grad mehr im Sommerhalbjahr ...

Unberechenbar

Aber auch ohne solche Extreme bleibt der Klimawandel ein Pulverfass und sogar im großen Maßstab unberechenbar. Dass sich der Temperaturanstieg im letzten Jahrzehnt verlangsamt hat, gibt den Experten Rätsel auf. "Die Abschwächung können wir mit unseren Modellen bisher nicht erklären", sagt Jochem Marotzke vom Münchner Max-Planck-Institut, der weltweit zu den renommiertesten Klimaforschern zählt. "Insgesamt hat sich die Erde allerdings weiter erwärmt, aber diese Erwärmung hat vor allem in tieferen Schichten der Ozeane stattgefunden." Er gibt für das "Treibhaus Erde" keine Entwarnung, im Gegenteil.

Und das bedeutet auch in Franken: Rinnsale, die zu Sturzbächen werden, rutschende Hänge und unterspülte Straßen werden immer wieder ein Thema sein. "Bayern hat schon vor Jahren die Weichen gestellt und investiert 2,5 Milliarden Euro in den Hochwasserschutz", sagt Stefan Zoller vom Landesamt für Umwelt in Augsburg.
Wetterkapriolen werden aber Probleme machen, da kann man noch so viele Milliarden investieren.

Jahrhundertflut im Juli

Ein Hochwasser zu dieser Jahreszeit ist ein sehr untypisches Ereignis, gerade am Main, der in der Regel nach der Schneeschmelze über die Ufer tritt. Allerdings ereigneten sich einige der schlimmsten Flutkatastrophen überhaupt im Sommer. Der höchste Wasserstand aller Zeiten wurde 1342 in Würzburg gemessen - im Juli. Dieses Ereignis markiert für die Klimaforscher heute den Übergang von der mittelalterlichen Warmphase zur Kleinen Eiszeit mit Missernten, Seuchen und Kriegen.

Diesmal ist Franken im vergleich zu Südbayern und Sachsen glimpflich davon gekommen. Die Pegel am Main und seinen Zuflüssen sinken zwar nur langsam, Extremwerte werden aber wohl nicht erreicht. Aber das nächste "Jahrhunderthochwasser" kommt hier nach den Prognosen der Klimaexperten wohl schon bald, und sicher nicht erst in hundert Jahren.