Hilft das Medikament Ivermectin in der Therapie von Covid-19? Das hoffen und glauben derzeit viele Menschen weltweit. Ein Forschungsteam der Würzburger Universitätsmedizin zeigt jetzt: Die Hoffnung trügt.
Eigentlich ist das Medikament Ivermectin ein günstiges Arzneimittel, das weltweit schon seit Jahrzehnten erfolgreich gegen einen Befall mit Parasiten und Würmer eingesetzt wird. In Europa ist es vor allem aus der Krätze-Behandlung bekannt. Seit gut einem Jahr wird Ivermectin jedoch auch als Wundermittel zur Vorbeugung und Therapie von Covid-19 gehandelt.
Anfang 2020 hatten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Melbourne gezeigt, dass das Medikament in Zellkulturen die Last an Coronaviren um den Faktor 5000 senken kann. Seitdem wird es vor allem in den Ländern Lateinamerikas und Asiens im großen Stil bei Menschen eingesetzt. Doch auch in Österreich berichtet der Hersteller Infectopharm von einem Run auf das Arzneimittel, nachdem dessen Einsatz in der benachbarten Slowakei empfohlen wurde.
Kein Vorteil im Vergleich zur Standardbehandlung
Forscherinnen und Forscher der Klinik für Anästhesiologie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) haben deshalb jetzt in Zusammenarbeit mit weiteren deutschen Universitätskliniken im Rahmen des „Nationalen Forschungsnetzwerks der Universitätsmedizin zu Covid-19“ in einem systematischen Review untersucht, ob Ivermectin tatsächlich gegen Covid-19 hilft. Unterstützt wurden sie dabei von der Cochrane Infectious Disease Group – einem Netzwerk, das medizinisches Wissen regelmäßig auf den Prüfstand stellt.
Das Ergebnis: Der jetzt veröffentlichte Cochrane Review fand keine Hinweise darauf, dass Ivermectin den Zustand von Erkrankten verbessert oder die Zahl der Todesfälle reduziert – verglichen mit einer Standardbehandlung oder einem Scheinmedikament (Placebo).
Auch eine SARS-CoV-2-Infektion verhindern kann das Medikament nach den aktuell vorliegen Erkenntnissen nicht. Allerdings ist die Beweislage aktuell sehr dürftig und erlaubt keine endgültigen Aussagen.
14 Studien mit rund 1700 Beteiligten
Tatsächlich hatten mehrere kleine Studien scheinbar große Effekte von Ivermectin auf die Sterblichkeit der Erkrankten gezeigt. Einer wissenschaftlichen Überprüfung hielten diese Ergebnisse allerdings nicht stand. „Wir haben 14 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 1678 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in unsere Untersuchung einbezogen“, erklärt die Biologin Dr. Stephanie Weibel, die gemeinsam mit der Ärztin Maria Popp, Hauptautorin des Reviews ist. Beide arbeiten in der Forschungsgruppe „Evidence Based Medicine und Systematische Reviews“ der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie des UKW.
In 13 dieser 14 Studien erhielten leicht bis mittelschwer erkrankte Covid-19-Patientinnen und -patienten entweder eine Standardbehandlung, ein Placebo oder Ivermectin. Eine Studie untersuchte, inwieweit Ivermectin einer SARS-CoV-2-Infektion vorbeugen kann – ohne dies mit einer anderen Form der Prävention zu vergleichen.