"Absolute Katastrophe": Landrat erklärt, was bei Schuss auf Bundeswehrsoldaten schiefgelaufen ist

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Sie sollten gemeinsam für den Verteidigungsfall trainieren - stattdessen beschoss die Polizei einen Soldaten. Diese dachten, die Übung wäre einen Tag später.

Update vom 24. Oktober 2025, 9.30 Uhr: Polizei hat erst später mit einer Übung gerechnet

Nach dem Zwischenfall mit einem Polizeischuss auf einen Soldaten in Erding hat der zuständige Landrat die missglückte Kommunikation zwischen Polizei und Bundeswehr als "absolute Katastrophe" bezeichnet. "Ich bin bestürzt über diesen Zwischenfall, bei dem ein Soldat von scharfer Munition getroffen und verletzt wurde", sagte Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) laut einer Mitteilung seiner Behörde. 

Es müsse sichergestellt werden, dass sich so etwas nie wiederholen könne. Der Landkreis Erding und die betroffenen Städte, Märkte und Gemeinden seien im Vorfeld der Übung im September 2025 über das grundsätzliche Prozedere informiert worden, die genauen Abläufe seien jedoch nicht mitgeteilt worden. 

"Das Landratsamt als untere Katastrophenschutzbehörde sowie die Führungsgruppe Katastrophenschutz waren nicht Teil der Übung", heißt es in der Mitteilung. Die Kommunikationshoheit habe ausschließlich bei der Bundeswehr gelegen.

Polizei dachte, Übung wäre erst am Donnerstag

Die bayerische Polizei hat nach eigenen Angaben erst ab Donnerstag mit einem Beginn des Übungsszenarios der Bundeswehr in Bayern gerechnet. Dies teilte das Polizeipräsidium Oberbayern Nord nach dem Schuss auf einen Bundeswehr-Soldaten durch die bayerische Polizei bei einer Übung am Mittwochabend im oberbayerischen Erding mit.

Die für die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz geplanten und angemeldeten Übungen der Bundeswehr im Rahmen der sogenannten Marshal Power seien der bayerischen Polizei bekannt gewesen, hieß es. Der Beginn der Übungen sei für alle Regierungsbezirke für Mittwoch angemeldet gewesen, der Start der ersten Lage im Übungsszenario der Bundeswehr allerdings erst für Donnerstag angekündigt gewesen.

Am Mittwochabend hätten dann Kräfte der Feldjäger im Rahmen der sogenannten Anmarschphase der Bundeswehr bereits ihre Einsatzräume im Bereich von Altenerding bezogen. "Der genaue Zusammenhang zwischen diesen Aktivitäten, dem Notruf aus der Bevölkerung und dem bekannten Polizeieinsatz wird derzeit durch die Staatsanwaltschaft Landshut geprüft", teilte das Präsidium mit.

Update vom 23. Oktober 2025, 11.30 Uhr: Polizei äußert sich zu Fehlschuss-Vorfall - "Kommunikationspanne"

Nach dem Schuss der bayerischen Polizei auf einen Soldaten bei einer Übung gehen die Beamten von einer "Kommunikationspanne" als Ursache aus. "Wir wussten nicht, dass zu diesem Zeitpunkt dort geübt wird", sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. "Bei der Übung gestern war die Polizei in Erding auch nicht involviert."

Über die großangelegte, für mehrere Tage in verschiedenen Regionen geplante gemeinsame Übung "Marshal Power"habe man zwar Bescheid gewusst, sagte der Polizeisprecher. Allerdings sei nicht bekannt gewesen, dass deswegen am Mittwoch in Erding bewaffnete Kräfte unterwegs sein könnten. Jetzt werde "intensiv geprüft", wo es zu einer "Kommunikationspanne" gekommen sein könnte.

Bei der Übung war am Mittwochnachmittag ein Bundeswehr-Soldat von einem Schuss aus einer Polizeiwaffe getroffen worden, nachdem die Beamten wegen der Sichtung eines Bewaffneten alarmiert worden waren. Daraufhin kam es zum Schusswechsel. Erst später habe sich herausgestellt, dass es sich bei dem Bewaffneten um einen Bundeswehr-Soldaten handelte, teilte die Polizei mit. Der Verletzte wurde in ein Krankenhaus gebracht, aber noch am Abend wieder entlassen.

Update vom 23. Oktober 2025, 6.40 Uhr: Polizei schießt auf Soldat - wie kann so etwas passieren?

Nach dem Schuss der Polizei auf einen Soldaten während einer Bundeswehrübung im oberbayerischen Erding sind noch viele Fragen offen. Die Ermittlungen würden am Donnerstag fortgeführt, sagte ein Polizeisprecher am Morgen. Zwar ging der Zwischenfall glimpflich aus, der Soldat wurde den Angaben zufolge nur leicht verletzt und konnte nach einer kurzen Behandlung das Krankenhaus wieder verlassen. Dennoch stellt sich die Frage: Wie konnte das ausgerechnet bei einer gemeinsamen Übung passieren? 

Eigentliches Ziel der Großübung "Marshal Power": Mit mehreren Hundert Beteiligten soll der Kampf im "rückwärtigen Raum" hinter einer fiktiven Frontlinie im Verteidigungsfall geübt werden - zusammen mit Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften. Die Einsatzkräfte sollen laut Bundeswehr das Vorgehen gegen Bedrohungen wie Drohnen, Sabotage und "irreguläre Kräfte" trainieren. Letzteres meint bewaffnete Kämpfer, die keiner staatlichen Armee zuzurechnen sind. Angenommen wird dafür ein Szenario, in dem ein Nato-Mitgliedsstaat angegriffen wird und das Bündnisgebiet verteidigt werden muss. 

Großübung mit Besonderheiten der Bundeswehr in Bayern

Das Besondere: Die etwa 500 Soldaten der Feldjäger und die rund 300 zivilen Einsatzkräfte üben nicht auf abgezäunten Truppenübungsplätzen, sondern in der Öffentlichkeit. Die Übung war nach Angaben der Bundeswehr mit den Kommunen und Behörden abgestimmt.

Wie gut - oder schlecht - die Abstimmung am Ende tatsächlich war, könnte noch zu Diskussionen führen. Die Polizei teilte zum Unfallhergang mit, dass sie wegen eines Mannes mit einer Waffe alarmiert worden und deswegen mit mehreren Einsatzkräften angerückt sei. Wegen einer "Fehlinterpretation" vor Ort sei dann auf den Soldaten geschossen worden. "Wie sich im Nachgang herausstellte, handelte es sich bei dem mitgeteilten Waffenträger um einen Bundeswehrangehörigen, der im Rahmen einer Übung vor Ort war", hieß es in einer Mitteilung.

Wie es nun weitergeht, ist unklar. Eigentlich sollte die Übung an mehreren Standorten in Bayern noch bis zum 29. Oktober dauern. Offiziell lautet die Sprachregelung: Die Bundeswehr stehe in engem Austausch mit den verantwortlichen Ermittlungsbehörden vor Ort, um die Sache schnellstmöglich aufzuklären.

Ursprungsmeldung vom 22. Oktober 2025: Rätselraten um Großeinsatz bei München - Großübung schiefgelaufen?

Viele Fragen sind noch offen: Im bayerischen Erding ist es am Mittwochabend zu einem größeren Polizeieinsatz gekommen. Worum es sich genau handelte, war zunächst unklar.

Es seien zahlreiche Polizeikräfte und ein Hubschrauber vor Ort, teilte die Polizei mit. Im Umkreis der Einsatzstelle gebe es Verkehrssperrungen. Es besteht den Angaben zufolge keine Gefahr für die Bevölkerung.

Die Bild-Zeitung und örtliche Nachrichtenagenturen gehen davon aus, dass die Großübung "Marshal Power" der Bundeswehr, die derzeit in dem Gebiet stattfindet, schiefgelaufen sein. Laut der Bild hatten Anwohner die vermummten Bundeswehrsoldaten gesehen und daraufhin die Polizei alarmiert.

Die Soldaten sollen wiederum gedacht haben, dass die Beamten Teil der Übung seien und empfingen sie mit Übungsmunition. Die Polizisten erwiderten dem Blatt zufolge jedoch mit scharfer Munition und verletzten einen Soldaten leicht. Diese Informationen sind jedoch nach wie vor unbestätigt.

Vorschaubild: © München TV/dpa