Tiergarten Nürnberg wird bedroht - werden Paviane doch gerettet?

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Weil der Tiergarten Nürnberg plant, gesunde Paviane zu töten, hat sich im Netz eine große Shitstorm-Welle gebildet. Nun könnten die Tiere doch gerettet werden.

Eine Ankündigung des Tiergartens Nürnberg hat im Netz unmittelbar für helle Aufregung gesorgt. Der Zoo hatte am Donnerstag (8. Februar 2024) öffentlich gemacht, hier lebende Paviane teils töten zu wollen. Der Direktor spricht von einem "Gebot der Vernunft". Die entsprechenden Affen sollen anschließend möglicherweise als Futter für die eigenen Raubtiere dienen. Begründet wird die Maßnahme mit dem Artenschutz und dem Erhalt der Biodiversität. Die gezielte Tötung der Primaten diene zugleich dem Populationsmanagement. Der Plan weckt Erinnerungen: Auch die Einschläferung von Löwe Subali hatte sich zum Aufreger entwickelt.

Mit Blick auf seine aktuell 45 Guinea-Paviane sieht sich der Tiergarten laut eigenen Angaben in der Verantwortung, eine sozial funktionierende, gesunde, vielfältige und fortpflanzungsfähige Gruppe zu halten. "Da der Platz jedoch begrenzt ist, ergibt sich daraus, dass nicht jedes Tier in der Gruppe bleiben kann", berichtet der Zoo in seiner Pressemitteilung. Die Kritik folgte prompt. Im Netz löste die Nachricht der geplanten Affentötung einen massiven Shitstorm aus, auf den das Team am Sonntag (11. Februar 2024) reagierte. Auch Tierschützer sind entsetzt über das Vorhaben. Inzwischen hat der Tiergarten Nürnberg Angebote von Einrichtungen erhalten, die die überzähligen Affen übernehmen wollen.

Tiergarten Nürnberg reagiert auf Shitstorm zu Pavianen: "Bitte wahren Sie einen Ton"

In den sozialen Medien hat die Ankündigung der Pavian-Tötung eine Welle der Entrüstung nach sich gezogen. "Es ist einfach nur traurig und sowas soll man verstehen, ich bin total bestürzt", hält eine Frau auf der Facebook-Seite des Tiergartens Nürnberg fest. Dort hat der Zoo zuvor bewusst auf die geplante Maßnahme hingewiesen. "Heute möchten wir euch über ein ernstes Thema informieren", erklärten die Verantwortlichen am Donnerstagabend. Die Aufregung ließ indes nicht lange auf sich warten. Der Post des Zoos wurde bislang über 600 Mal kommentiert (Stand: 12.02.2024, 17.30 Uhr). 

Bei zahlreichen Facebook-Nutzern trifft der Post auf immensen Unmut. "Da einen Hashtag mit Artenschutz drunter zu setzen, ist einfach nur krank", moniert ein Mann. "Die Tiere werden zu Showzwecken gefangen gehalten und dann kann noch nicht mal Verantwortung für diese Haltung übernommen werden? Stattdessen werden jetzt die 'minderwertigen' Exemplare gekillt? Was für ein Irrsinn. Zoos sind einfach Tierquälerei", konstatiert der User. Ähnlich äußert sich ein anderer: "Dieser Tiergarten hat doch echt einen an der Waffel. Will unschuldige Tiere umbringen, noch dazu Tiere, die uns verwandtschaftlich nahestehen", prangert er an.

Der Tiergarten kommentierte manche der harschen Nachrichten und erstellte am Sonntag (11. Februar 2024) einen neuen Post: "Wie Sie sicher schon bemerkt haben, begrüßen wir den Diskurs auch zu schwierigen Themen. Die Beschimpfung von und Drohungen an Menschen, die hier posten oder Tiergartenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter dulden wir auf unserer Seite nicht. Stellen Sie gerne Fragen, äußern Sie Ihre Meinung – aber wahren Sie dabei bitte einen Ton, den Sie sich auch von anderen sich selbst gegenüber wünschen", heißt es hier. Kommentare, die gegen die Tiergarten-Netiquette verstoßen oder sich nicht auf das Thema des jeweiligen Posts beziehen, würden gelöscht. Der Zoo hat eingeschränkt, wer diesen Post kommentieren kann. Manche der Nutzer bringen derweil Verständnis für die zielgerichtete Affentötung auf. "Richtig und mutig", schreibt ein Mann. Ähnlich sieht es eine andere Nutzerin. "Ein sehr schwieriges Thema, aber es ist gut und richtig, so offen damit umzugehen", hält sie fest. "Mir tut es in der Seele weh für jedes Tier, das es trifft, aber es ist allemal besser, als wenn zu viele Tiere auf zu engem Raum leben, und sie dann nur noch gestresst sind", gibt sie zu bedenken. Mehrere User loben indessen die Inkenntnissetzung der Öffentlichkeit. "Hut ab für die Transparenz und den Umgang mit dem Thema", erklärt ein User. Ins selbe Horn stößt ein anderer Mann: "Glauben Sie, in anderen Zoos läuft das anders. Hier wird es halt offen kommuniziert."

Einrichtungen wollen Affen aufnehmen - Tiergarten prüft Angebote

Unterdessen haben verschiedene Einrichtungen Angebote an den Tiergarten gerichtet, die überzähligen Affen zu übernehmen. Der Zoo wolle diese jetzt prüfen.

Am Ende entscheide aber das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP), ob die Angebote eine Option seien oder nicht, hieß es am Montag vom Tiergarten. Die 45-köpfige Pavian-Gruppe sei Teil des EEP, das normalerweise einen Transfer empfehle.

Insgesamt drei Anfragen seien eingegangen. Darunter ist auch die Tierschutzorganisation Great Ape Project, die eigenen Angaben nach die Paviane in eine staatlich anerkannte Primatenschutzeinrichtung in Großbritannien holen könnte. Sie könnten innerhalb kürzester Zeit in einem europaweit zugelassenen Quarantäne-Transport abgeholt werden - notfalls sogar kostenlos, teilte die Organisation mit. 

Paviane für Artenschutz töten? Peta-Sprecherin spricht von "absoluter Doppelmoral"

Mit Blick auf die Situation der mehr als 40 Guinea-Paviane in Nürnberg komme für die Peta-Verantwortlichen nur ein Schritt infrage. "Die einzige tiergerechte Lösung aus unserer Sicht ist ein Zuchtstopp", sagte Dr. Yvonne Würz von der Tierschutzorganisation Peta am Freitag (9. Februar 2024) im Gespräch mit inFranken.de. Entgegen der Darstellung des Tiergartens sei die Primatenart nicht gefährdet. "Das ist keine bedrohte Art", erklärte die Fachreferentin für Zoo und Zirkus der Tierrechtsorganisation. Man müsse sich zudem die Frage stellen, warum die Tiere überhaupt gezüchtet werden? "Es geht ausschließlich um die Zurschaustellung", kritisierte sie.

Der Verweis des fränkischen Zoos auf den Artenschutz führte bei der Peta-Sprecherin merklich zu Verärgerung. "Das ist eine absolute Doppelmoral. Das ist wirklich bodenlos, dass so argumentiert wird", beklagt die Biologin. In anderen Fällen, etwa beim Stutzen der Flügel von Vögeln, spiele der Tierschutz für zoologische Gärten indes keine Rolle. "Das Ganze ist ein Teufelskreis, den sich die Zoos selbst geschaffen haben", sagte Würz mit Blick auf das Thema Zucht und Populationsmanagement. Sie sehe diesbezüglich nur einen Ausweg. "Es geht nur um die Unterhaltung. Einzige Lösung ist ein Ende der Tierhaltung." 

Ähnlich wie die Peta-Referentin sieht es der Deutsche Tierschutzbund. "Einen Freibrief zur Tötung als Teil des Populationsmanagements lehnen wir klar ab", hieß es in einer Stellungnahme des Vereins. Zoos hätten eine Verantwortung gegenüber jedem einzelnen Individuum in ihrer Obhut, der sie gerecht werden müssten. "Wenn das nicht möglich ist, muss auf die Haltung der Tierart verzichtet werden."

"Selbst geschaffener Teufelskreis": Peta fordert Zuchtstopp und droht mit Strafanzeige 

Peta hat derweil die Prüfung einer Strafanzeige gegen den Tiergarten Nürnberg angekündigt. "Eine Tiertötung kann nicht mithilfe einer Zwangssituation gerechtfertigt werden, die man zuvor selbst voraussehbar durch die Zucht herbeigeführt hat", erklärte die Tierschutzorganisation in einer am Freitag veröffentlichten Pressemitteilung. Peta fordert daher einen Zuchtstopp.

"Das Züchten und Töten von Tieren ist ein von Zoos selbst geschaffener Teufelskreis", wird Peta-Fachreferentin Dr. Yvonne Würz in der Mitteilung zitiert. "Dieser kann nur durchbrochen werden, wenn Pläne zu Zuchtstopps und der Schließung von Zoos erarbeitet werden, anstatt über die etwaige Tötung der Tiere zu diskutieren - egal welche Art es betrifft."

Im Tiergarten Nürnberg können die Besucher derweil ab sofort eine gefährdete Tierart bestaunen. Ihr besonderer Name wurzelt im ursprünglichen Zuchtziel, das laut Zoo "nicht ganz gelungen" sei. Weitere Nachrichten aus Nürnberg und Umgebung findest du in unserem Lokalressort.

Vorschaubild: © Daniel Karmann/dpa; Collage: inFranken.de