Im Nürnberger Rathaus herrscht Entsetzen. Seit rund einer Woche wird die Stadt von antisemitischen Straftaten heimgesucht - nicht nur im Rahmen pro-palästinensischer Demonstrationen.
In Nürnberg kommt es derzeit zu einer massiven Häufung antisemitischer Straftaten im Stadtgebiet. Spitze des Eisbergs war eine Attacke auf ein israelisches Restaurant in der Nacht von Samstag (28. Oktober 2023) auf Sonntag (29. Oktober 2023). Dabei sprühten Unbekannte den Schriftzug "Kindermörder" und einen Davidstern in einer Größe von etwa 1,5 mal 1,2 Meter neben die Tür des Restaurants im Westen der Stadt, wie die Polizei mitteilte.
In der Nacht von Montag, 30. Oktober 2023, auf Dienstag, 31. Oktober 2023, wurde die Zeppelintribüne auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände laut Stadt "mit einem rechtsextremistischen Schriftzug und mehreren Hakenkreuzen beschmiert". Laut Polizei wurde "über rund 35 Meter hinweg auf die Fassade hinter der Rednerempore gesprüht". Eine Rundgangsleiterin hatte die Schmierereien demnach am Morgen entdeckt und gemeldet, die Tat wurde laut Mitteilung der Stadt umgehend zur Anzeige gebracht.
Davidstern mit Hakenkreuz, Nazi-Schmierereien und Israel-Zerstörungsaufrufe: Vorfälle in Nürnberg nehmen zu
Im Anschluss an die polizeilichen Untersuchungen habe die Stadt eine "sofortige Entfernung des Schriftzugs" in Auftrag gegeben. "Vehement und mit allem Nachdruck verurteilt die Stadt Nürnberg die rechtsextremen Schmierereien auf der Zeppelintribüne. Eine strafrechtliche Verfolgung wurde umgehend angestoßen", wird Kulturbürgermeisterin Julia Lehner (CSU) zitiert. "Persönlich überwiegen Abscheu und Fassungslosigkeit, auch angesichts ähnlicher Ereignisse der jüngsten Zeit in unserer Stadt", so Lehner weiter.
Am Samstag (29. Oktober 2023) fand in der Nürnberger Innenstadt eine pro-palästinensische Demonstration statt. In der Spitze nahmen laut Polizei rund 700 Menschen an der Versammlung teil. Im Rahmen einer Vorkontrolle zur Versammlung stellte die Polizei in der Grasersgasse bei einer Person ein Plakat fest, auf dem ein Davidstern mit eingeschlossenem Hakenkreuz abgebildet war.
Gegen den Besitzer wurde laut Bericht ein Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet. Eine Woche zuvor, am 21. Oktober 2023, fand in Nürnberg auf dem Hallplatz bereits eine Demonstration statt, bei der gegen die Politik Israels im Gaza-Streifen protestiert wurde. Kurz vor Versammlungsende hatte ein 30-jähriger Versammlungsteilnehmer beim Verlassen der Versammlungsfläche einen Zettel mit der Aufschrift "From the River to the Sea" an einem Einsatzfahrzeug der Polizei angebracht. Die Parole gilt als Aufruf zur Zerstörung Israels.
"Widerspricht unseren Grundwerten": Sorge wegen judenfeindlichen Attacken in Nürnberg
Auch Schulen wurden Opfer von Vandalismus: Insgesamt an fünf Gebäuden im Stadtgebiet wurden am Montag (30. Oktober 2023) "Schriftzüge mit Bezug zum aktuellen Nahostkonflikt" über eine Fläche von mehreren Metern gefunden. "Das Beschmieren von Schulen mit politischen Parolen ist für uns ganz klar inakzeptabel und widerspricht unseren Grundwerten eines respektvollen und friedlichen Umgangs", kommentierte Schulreferentin Cornelia Trinkl (CSU) die Vorfälle. Die Kriminalpolizei hat Ermittlungen eingeleitet. Vergangene Woche schockierte bereits ein anderer Fall.
Der Magnus-Hirschfeld-Platz mit der Regenbogenparkbank, der Gedenkstelle sowie der Gedenkkugel für homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus in Nürnberg war zum wiederholten Male von Unbekannten verwüstet worden. "Wer Menschen wegen ihres Geschlechts, ihres Aussehens, ihres Glaubens oder wegen ihrer sexuellen Orientierung angreift, greift unsere Zivilgesellschaft an. Angriffe auf betroffene Menschen oder, wie hier, Gedenkorte werden von uns nicht toleriert. Dass es überhaupt dazu kommt, ist traurig und erschütternd", äußerte sich Bürgermeister Christian Vogel (SPD).