Die Einladung zum Fastenbrechen anzunehmen, sei an sich nichts Verwerfliches. Dies mache der Ministerpräsident bereits seit Jahren. "Ich sehe aber ein Problem im Instrumentalisieren. Söder wurde instrumentalisiert." Dass der CSU-Chef von UID für deren politische Ziele eingespannt worden sei, sei Söder dabei vermutlich gar nicht bewusst gewesen. "Aber so entstand das Gefühl einer AKP-Unterstützung jetzt kurz vor der Wahl", sagt der TGMN-Vorsitzende. Zwar könne man nicht davon sprechen, dass die CSU die AKP proaktiv unterstütze. Gemeinsame Bilder mit Akteuren der vom Verfassungsschutz unter Beobachtung stehenden UID hält er dennoch für fragwürdig. "Manche sagen: Herr Söder macht die UID dadurch salonfähig."
"Mehr als opportunistisch": Türkei-Experte empört über Nähe zwischen CSU- und AKP-Vertretern
Der Essener Politikwissenschaftler und Türkei-Experte Burak Çopur reagierte mit Empörung auf die mutmaßliche Nähe zwischen CSU- und AKP-Vertretern. "Früher habe ich gedacht, dass solche Zusagen zu Einladungen von türkischen Islamisten wie UID und türkischen Rechtsextremisten wie die Grauen Wölfe auf einer Naivität und Unkenntnis von deutschen Politikern beruhen", erklärte er gegenüber der Frankfurter Rundschau. Nachdem aber die Öffentlichkeit ausgiebig darüber informiert worden sei, wie gefährlich solche Gruppen sei, halte er ein solches Vorgehen wie im Fall von Söder, Beckstein und Krigelstein "für mehr als opportunistisch".
Eine etwaige politische Intention schließt auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in der Metropolregion Nürnberg nicht aus. "Dass Herr Söder gern in konservativen Kreisen um Wählerstimmen buhlt, ist ja bekannt - sowohl in der Mehrheitsgesellschaft als auch unter Migranten", sagt Bülent Bayraktar, der die TGMN als "politisch neutral" bezeichnet. "Diesen Fauxpas, sich mit UID-Vertretern ablichten zu lassen, kann ich nur nicht begreifen." Laut seiner Auffassung hätte der Vorfall ohne die Debatte um die türkischen Wahlplakate in Nürnberg allerdings keine allzu hohe Welle geschlagen.
Eine Rolle bei Söders umstrittenen Fotos spielt womöglich nicht zuletzt die bayerische Landtagswahl im Oktober. Hofft der CSU-Spitzenkandidat insgeheim auf Wählerstimmen von Erdogan-Sympathisanten? "Es könnte sein, dass Söder nahe gelegt worden ist, dass die Wähler in konservativen Kreisen zu suchen sind", sagt Bayraktar mit Blick auf die hierzulande stimmberechtigten Menschen mit türkischen Wurzeln.
Nach Vorwürfen gegen Ministerpräsident Söder: Bayerische Staatskanzlei bezieht Stellung
Die Bayerische Staatskanzlei verteidigt indessen Söders Besuch in der Nürnberger Ditib-Moschee Anfang April. "Der Ministerpräsident wurde zu diesem interreligiösen Fastenessen eingeladen, an dem auch zahlreiche andere Spitzenrepräsentanten teilgenommen haben - darunter Ministerpräsident a.D. Dr. Günther Beckstein, hochrangige Vertreter anderer Parteien wie der SPD, der Kirchen oder gesellschaftlicher Gruppen", erklärt ein Sprecher der Staatskanzlei gegenüber inFranken.de.
Der breit angelegte Dialog mit den im Freistaat Bayern beheimateten Menschen und Organisationen gehöre zu den grundsätzlichen Aufgaben und Pflichten eines Ministerpräsidenten. "Im Zentrum des Besuchs stand die Respektsbekundung und das Mitempfinden für die Opfer des dramatischen Jahrhundert-Erdbebens im türkisch-syrischen Grenzgebiet." Bei der Katastrophe am 6. Februar 2023 hatte es über 59.000 Tote und mehr als 125.000 Verletzte gegeben.
"Ganz Bayern brachte und bringt seine Solidarität mit den Opfern dieser unbeschreiblichen Verwüstung zum Ausdruck, die sich auch in zahlreichen Spenden und Hilfsaktionen zeigt", teilt die Bayerische Staatskanzlei inFranken.de schriftlich mit. Fragen zu den besagten UID-Vertretern und Söders Einstellung gegenüber Recep Tayyip Erdogan und dessen Lobbyorganisation in Deutschland bleiben indes unbeantwortet.