Nach dem eskalierten Polizeieinsatz in einer Nürnberger Schule kämpft der von Abschiebung bedrohte junge Afghane um eine Zukunft in Deutschland.
Wie geht es Asef N.?
Michael Brenner: Er ist sehr erleichtert, dass er wieder auf freiem Fuß ist und nicht in Abschiebehaft musste. Seine Freunde haben ihn vom Nürnberger Amtsgericht abgeholt. Am Freitagmorgen ging er wie gewohnt zur Schule. Ob ihn die Ereignisse vom Mittwoch traumatisiert haben, muss die Zeit zeigen.
Ohne das Attentat von Kabul mit 90 Toten und die damit zusammenhängende Aussetzung von Abschiebungen wäre er jetzt schon wieder in Afghanistan?
Das wäre ganz sicher so. Meines Wissens war er am Mittwoch schon auf dem Weg nach Frankfurt, von wo aus sein Flieger hätte gehen sollen.
Welchen Eindruck macht er auf Sie?
Sehr aufgeräumt und freundlich.
Was macht seinen Fall zu etwas Besonderem?
Vor allem die Tatsache, dass hier ein junger Mann von der Polizei mitten aus der Schule herausgegriffen wurde und die Situation anschließend völlig eskaliert. Das ist ein Unding. Ich bin froh, dass unter anderem auch der Nürnberger OB Maly das Vorgehen der Polizei deutlich kritisiert hat. Ansonsten ist das Schicksal von Asef N. nichts Außergewöhnliches.
Das müssen Sie erklären.
Überall und an jedem Tag sind in Deutschland junge Afghanen von ihrer Abschiebung bedroht. In ein Land also, das nicht sicher ist und in dem Abgeschobenen mitunter auch Verfolgung droht. Und oft betrifft es junge Afghanen, die eigentlich alle Voraussetzungen erfüllen, um hier in Deutschland bleiben zu können.
Erfüllt diese Voraussetzungen in Ihren Augen auch Asef N.?
Ja. Er hat in diesem März nach Paragraf 25 a des Aufenthaltsgesetzes einen Antrag auf eine Aufenthaltsgenehmigung gestellt. Um diesen Paragrafen in Anspruch nehmen zu können, muss man zum Zeitpunkt der Antragsstellung unter 21 Jahre sein, seit mindestens vier Jahren ununterbrochen in Deutschland leben, eine Schule besuchen und nicht gegen die freiheitliche Grundordnung verstoßen haben. Das alles erfüllt er. Mein Mandant hätte im Herbst aller Voraussicht nach eine Ausbildung bei einem Schreiner beginnen können.
Warum ist sein Antrag dann abgelehnt worden?
Mein Mandant hat für den Antrag seinen Reisepass einreichen müssen. Mit der Existenz eines Reisepasses verfiel aber der Grund für seine Duldung. Und ohne Duldung gibt es keinen Anspruch auf Paragraf 25 a. Diese rechtliche Konstruktion ist in meinen Augen komplett widersinnig.
Asef N. soll lange behauptet haben, keinen Pass zu besitzen. Auf diese Weise habe er seine Abschiebung verhindern wollen.
Dazu kann ich nichts sagen. Fakt ist, dass ihm das afghanische Konsulat in diesem Frühjahr einen Reisepass ausgestellt hat. Zuvor hatte Asef N. mehrmals darum gebeten. Seinen Reisepass hat er vorgelegt, als er seinen Antrag auf eine Aufenthaltsgenehmigung gestellt hat.
Wusste Asef N., dass er abgeschoben werden wollte?
Dass er von Abschiebung bedroht ist, wusste er. Den Tag der Abschiebung kannte er natürlich nicht. Er hatte große Hoffnungen in den Paragrafen 25 a. Den Ablehnungsentscheid hat er erst am Mittwoch bekommen.
Asef N. soll gegenüber der Polizei gedroht haben, nach einer Abschiebung Deutsche töten zu wollen.
Ob der Satz gefallen ist kann ich nicht sagen. Aber selbst wenn dem so wäre, ist zu berücksichtigen, dass mein Mandant am Mittwoch unter massivem Stress stand und Angst hatte. Ich habe überhaupt keine Anhaltspunkte, dass Asef N. in irgendeiner Form gewaltbereit sein könnte. Sollte er in diesem Zustand höchster Erregtheit eine solche Drohung ausgestoßen haben, so tut es ihm leid und er entschuldigt sich dafür. Jedenfalls würde er niemals den Bewohnern des Landes, das ihn aufgenommen und ihm Schutz gegeben hat, Schaden zufügen.
Wie geht es jetzt weiter?
Asef N. will in Deutschland bleiben und sich dort ein gutes Leben aufbauen. Dabei will ich ihm als sein Anwalt helfen.
Wie?
Der abgelehnte Asylantrag ist rechtskräftig. Eine Möglichkeit wäre, einen Folgeantrag zu stellen. Wir werden uns auch nochmals den Paragrafen 25 a anschauen. Ausreisepflichtig ist Asef N. ja noch immer.
Das Gespräch führte
Christoph Hägele.
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