Die Feuerwehren im Kreis funktionieren nur durch ehrenamtliches Engagement ihrer Mitglieder. Doch junge Leute sind schwer zu kriegen.
Wie zeichnet sich der demographische Wandel in der Altersstruktur Freiwilliger Feuerwehren ab? Sind die Aktiven heute im Durchschnitt älter als vor 30 Jahren? Was tut die Feuerwehr, um junge Leute für den Dienst zu gewinnen und welche Erfahrungen haben Feuerwehren mit Quereinsteigern? Das fragten wir Kreisbrandrat Timm Vogler, Kreisbrandmeister Oliver Schardt, Kreisjugendwartin Nicole Trapper und den Staffelsteiner Kommandanten Stefan Liebl.
"Über die Altersstruktur der Feuerwehrleute kann ich derzeit noch keine gesicherte Aussage treffen", sagt Timm Vogler. Zum Stichtag 1. Januar 2017 erfassen die Kommandanten die aktiven Frauen und Männer erstmals mit Geburtsdatum. Nach der Erfassung sei eine Auswertung bayernweit möglich. Die Stadt
Lichtenfels habe beim Erstellen der Feuerwehrbedarfsplanung die Geburtsjahrgänge für jedes Mitglied erfasst. Dadurch können die Zahlen von 2016 und 2021 verglichen werden. Eine deutliche Veralterung sei festzustellen.
Anheben der Altersgrenze kommt
Ob es sinnvoll wäre, die Altersgrenze für die Aktiven anzuheben - möglicherweise mit ärztlichem Attest -, beantwortet der Kreisbrandrat mit einem eindeutigen Ja. Die Altersgrenze werde sehr wahrscheinlich bei der anstehenden Novellierung des Bayerischen Feuerwehrgesetzes auf 65 Jahre für aktiv Dienstleistende angehoben. Derzeit liegt sie bei 63.
Um junge Leute zu gewinnen, betreibe die Feuerwehr "eine sehr gute Jugendarbeit mit vielen Veranstaltungen". Zahlreiche Jugendwarte in den Wehren kümmern sich um den Nachwuchs. "Die Feuerwehrgrundausbildung ist didaktisch sehr gut aufgebaut, der Spaß an der Technik und der kameradschaftliche Umgang innerhalb der Feuerwehr stehen im Vordergrund." Seit einigen Jahren würden zudem Kinderfeuerwehren in den Wehren gegründet. "Derzeit haben wir 17 Kinderfeuerwehrgruppen mit über 200 Kindern im Kreis."
Dass Jugendliche heute mehr im Freizeitstress sind als früher und zeitlich von der Schule stärker gefordert werden, ist nach Ansicht Timm Voglers "generell das große Probleme der Jugendlichen in unserer Zeit". "Neben einer sehr großen Belastung durch das Schulsystem und die dauernde Präsenz der Sozialen Medien bleibt leider für die klassischen Freizeitaktivitäten wie Fußball, Musizieren, Turnen und das Einbringen in die Vereinswelt wenig oder keine Zeit mehr. Bei uns in der Feuerwehr ist die Problematik noch größer, weil es um das dauerhafte ehrenamtliche Engagement geht und das Erlernen der komplexen Feuerwehrtätigkeit eine umfangreiche Grundausbildung und anschließend die dauerhafte Wissensaufnahme voraussetzt. Dauerhaftes ehrenamtliches Engagieren für eine bestimmte Sache wollen sich offenbar immer weniger Jugendliche antun."
Sehr gute Erfahrungen habe die Feuerwehr mit Quereinsteigern und Migranten gemacht, sagt der Kreisbrandrat. Hauptzielgruppe bei der Nachwuchsgewinnung sei neben den Jugendlichen die Best-Ager-Generation. Aus dieser Gruppe von Menschen im besten Alter konnte "eine spürbare Anzahl" Neuer gewonnen werden, die zuvor fast keinen Kontakt zur Feuerwehr hatten. Er beobachte sehr genau, wie sich solche Menschen entwickeln, Zusatzausbildungen absolvieren oder Verantwortung als Führungskraft übernehmen. "Diese Menschen mittleren Alters bleiben erfahrungsgemäß dauerhaft innerhalb der Feuerwehr tätig, da sie beruflich und familiär gefestigt sind."
Kreisbrandmeister Oliver Schardt, Fachberater für Gefahrgut und Strahlenschutz, sieht die Gefahr nicht im steigenden Altersdurchschnitt der Einsatzkräfte, sondern im Ausscheiden der Aktiven, was zu weniger ehrenamtlichen Helfern führe. "Deshalb halte ich es absolut für sinnvoll, die Altersgrenze für gewisse feuerwehrtechnische Tätigkeiten anzuheben", sagt er. Auf Dauer werde das zwar das Kernproblem nicht lösen; eine gute Mischung aus Jugend und Erfahrung sei jedoch vorteilhaft.
Die Feuerwehr unternehme eine Menge, um neue Mitglieder zu gewinnen. Leider sei die Resonanz gering denn nur etwa drei bis fünf Prozent der Bevölkerung leiste ehrenamtlich Feuerwehrdienst. Doch hier kämen viele Faktoren zusammen - von der zeitlichen Beanspruchung im Job über zahlreiche Freizeitangebote bis zu den Soziale Medien.
Gerade bei Jugendlichen hätten Freizeitstress und schulische Belastung zugenommen, sagt er. "Früher gab es in einer kleineren Ortschaft meist neben der Feuerwehr nur noch einen Sportverein, der für die Jugend interessant war. Dort traf man sich oder war zusammen draußen auf der Straße. Wenn man miteinander sprechen oder was erleben wollte, musste man sich treffen - es gab keine Handys, kein Internet. Die Belastung in Schule und Job war geringer - die Wege oftmals kürzer. Die Vorbildfunktion der Eltern war, denke ich, auch eine andere, als heutzutage."
Auch Oliver Schardt hält viel davon, Quereinsteiger in den Feuerwehrdienst zu integrieren: "Quereinsteiger sind sicherlich von hoher Qualität für die Feuerwehr. Bis ein Jugendlicher, der mit zwölf Jahren zur Jugendfeuerwehr kommt, für den aktiven Dienst bereit ist, vergehen mindestens sechs bis acht Jahre. In dieser Zeit kommen viele Veränderungen auf den Jugendlichen zu, so dass oftmals von den Jugendfeuerwehrkräften nicht allzu viele übrig bleiben." Der Quereinsteiger habe oft "sein Nest schon gemacht" und wisse, worauf er sich einlässt. Wenn man aber berücksichtige, wie viele Aufgaben auf Feuerwehrleute mit Führungs- oder Sonderfunktionen lasten, dann reduziere das die Zahl der schnell einsetzbaren Quereinsteiger. "Die Anforderungen an die Feuerwehr werden immer höher - sie hat sich zum Mädchen für alles entwickelt. Damit verbunden steigt die Anforderung an die Ausbildung, denn letztlich benötigt der Bürger die gleiche Qualität wie von einem bezahlten Berufsfeuerwehrmann." Dazu komme eine Fülle an operativen Verwaltungsaufgaben. Es gehöre also viel Idealismus dazu, sich heute für ein Ehrenamt - egal in welcher Organisation - zu engagieren.
Der Kommandant der Staffelsteiner Feuerwehr, Stefan Liebl, und Kreisbrandmeisterin Nicole Trapper, zugleich Kreisjugendwartin und Zweite Kommandantin in Bad Staffelstein, freuen sich, in ihrer Wehr momentan ein Durchschnittsalter von etwa 28 Jahren zu haben. Dies sei wesentlich niedriger als vor 30 Jahren. Zurückzuführen sei das möglicherweise darauf, dass man Jugendliche schon ab zwölf Jahren aufnehme. Die Kräfte, die seit Jahren aus der Jugendfeuerwehr nachwuchsen, seien sehr gut ausgebildet und könnten nun aktiv Dienst leisten.
Neben vielen dienstlichen Aktivitäten werde stark auf Kameradschaft und Miteinander gesetzt. "Man muss auch nach Dienst in gemeinsamer Runde das Erlebte aufarbeiten und das Miteinander pflegen", sagt Stefan Liebl. Jugendliche seien heute bequemer geworden und das Verantwortungsgefühl gegenüber dem Nächsten sinke, haben beide beobachtet. Nicole Trapper fügt an, dass vielen Menschen offenbar nicht bewusst sei, dass die 119 Landkreis-Feuerwehren aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehen. "Viele denken, ich rufe die 112 und hauptamtliche Kräfte einer Berufsfeuerwehr kommen."
Die Staffelsteiner Feuerwehr habe sehr gute Erfahrungen mit Quereinsteigern gemacht, sagt Stefan Liebl. "Viele Kinder möchten mal Feuerwehrmann oder - frau werden. Wer diesen Wunsch immer noch vor sich herschiebt, hat immer die Möglichkeit einzusteigen. Gerade wenn Beruf und Familienplanung in trockenen Tüchern sind, hat man Zeit, für die Sicherheit anderer Menschen zu sorgen."