Versandhändler Baur: Tochter macht Sorgen

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Eine BFS-Mitarbeiterin in Weismain bearbeitet Pakete des Kunden S.Oliver. Der unterfränkische Bekleidungshersteller ist der größte Kunde der Baur-Tochter. Foto: Matthias Hoch
Eine BFS-Mitarbeiterin in Weismain bearbeitet Pakete des Kunden S.Oliver. Der unterfränkische Bekleidungshersteller ist der größte Kunde der Baur-Tochter. Foto: Matthias Hoch
Albert Klein steht inzwischen bei Baur für Kontinuität. Der 58-jährige Sprecher der Geschäftsführung ist seit 2001 Mitglied der Baur-Geschäftsführung. Foto: Matthias Hoch
Albert Klein steht inzwischen bei Baur für Kontinuität. Der 58-jährige Sprecher der Geschäftsführung ist seit 2001 Mitglied der Baur-Geschäftsführung. Foto: Matthias Hoch
 
Jens Kranz ist seit einigen Wochen Geschäftsführer für Marke und Vertrieb. Der 46-Jährige übernahm die Aufgaben seiner Vorgängerin Aliz Tepfenhart. Foto: Matthias Hoch
Jens Kranz ist seit einigen Wochen Geschäftsführer für Marke und Vertrieb. Der 46-Jährige übernahm die Aufgaben seiner Vorgängerin Aliz Tepfenhart. Foto: Matthias Hoch
 
Ganz neu in der Geschäftsführung ist Olaf Röhr. Der 47-Jährige verantwortet den neu geschaffenen Bereich "Abwicklung und Dienstleistungen", also auch BFS. Foto: Matthias Hoch
Ganz neu in der Geschäftsführung ist Olaf Röhr. Der 47-Jährige verantwortet den neu geschaffenen Bereich "Abwicklung und Dienstleistungen", also auch BFS. Foto: Matthias Hoch
 

Die Firma Fressnapf hat zum 30. Juni ihren Vertrag mit der Baur-Tochter BFS gekündigt. Dadurch sind jetzt Arbeitsplätze in Gefahr. Mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr ist die Baur-Gruppe zufrieden, auch wenn das Umsatzziel verfehlt wurde.

Dienstleistungsgeschäfte für andere - das ist das Aufgabenfeld der Firma Baur Fulfillment Solutions (BFS). Die Tochter des Burgkunstadter Versandhändlers war 2007 gegründet worden und hatte seither dafür gesorgt, dass am Obermain kräftig Arbeitsplätze geschaffen wurden. Kundenkontakte, Lagerung, Versand oder Zahlungsmanagement: Eine ganze Reihe von Firmen lagerte diese Aufgabengebiete zu BFS aus.

S.Oliver ist so ein BFS-Kunde, der größte. "Ein Unternehmen, das sehr zufrieden mit uns ist", sagte Albert Klein, Sprecher der Baur-Geschäftsführung, am Dienstag bei einem Pressegespräch in Weismain. Vor einiger Zeit sei der Vertrag mit der Bekleidungskette aus Rottendorf (Landkreis Würzburg) bis 2019 verlängert worden.

Endverhandlungen mit dem Betriebsrat

Ein anderer Kunde hat nicht verlängert. Im Gegenteil. Die Firma Fressnapf beendet die Geschäftsbeziehung zum Ende des ersten Halbjahrs. "Damit haben wir nicht gerechnet, das kam sehr kurzfristig", berichtete Klein. So kurzfristig, dass nun Arbeitsplätze in Gefahr sind. Von 280 war anfangs die Rede. Inzwischen hat Baur laut Klein 120 Mitarbeiter anderweitig beschäftigen können, im Call-Center für den Neukunden Santander-Bank. Was mit den restlichen 160 Stellen passiert, lässt der Baur-Chef derzeit offen. Man sei mit dem Betriebsrat in Endverhandlungen. In zwei bis drei Wochen hätten die betroffenen Mitarbeiter dann Klarheit. Entweder gebe es ein Kurzarbeits-Modell oder einen Sozialplan. "Wir müssen Mitarbeiterkapazitäten anpassen", sagte Klein.

Kurze Kündigungsfrist

1500 Menschen arbeiten derzeit für BFS. In der Baur-Gruppe waren es zum Ende des Geschäftsjahres im Februar 4188, davon 3759 an den oberfränkischen Standorten. Baur beschäftigt damit 200 Menschen weniger als noch vor einem Jahr. Klein erklärt dies mit "Mengenanpassungen in der Konzernlogistik". Befristete Verträge seien aufgrund von Rückgängen im Geschäft nicht verlängert worden.

Der Heimtierbedarf-Anbieter Fressnapf ist nicht der erste Kunde, den die Baur-Tochter BFS verliert. Auch Firmen wie Limango, Frankonia oder Sportscheck waren früher einmal Auftraggeber. Ähnlich wie jetzt bei Fressnapf kam das Ende der Geschäftsbeziehungen aber nicht einseitig. "Wir haben uns von unrentablen Kunden getrennt", sagte Klein. Auch mit Fressnapf habe es Vertragsverhandlungen um andere Konditionen gegeben - mit dem jetzigen Ergebnis. "Eine Kündigungsfrist von einem halben Jahr werden wir künftig jedenfalls nicht mehr vereinbaren", sagte Klein. "Aber das ändert nichts an der Ausrichtung, an unserem Konzept. Wir werden an der BFS festhalten."

Zwölf Monate bis zum Start mit neuem Kunden

Das bekräftigte auch Olaf Röhr. Der 47-Jährige ist erst wenige Tage im Unternehmen. Er soll sich als Baur-Geschäftsführer für den Bereich "Abwicklung und Dienstleistungen" auch um BFS kümmern. "Wir gehen davon aus, dass wir auch wieder die notwendigen Kunden gewinnen werden", sagte Klein. Doch dafür brauche es Zeit. Von der Geschäftsanbahnung bis zum Vertragsschluss und der Aufnahme der Tätigkeit für den neuen Kunden vergehe mindestens ein Jahr.

Jetzt drei Geschäftsführer

Ebenfalls neu in der Geschäftsführung ist Jens Kranz. Der 46-jährige Diplom-Kaufmann hatte zuvor als Unternehmensberater für Baur gearbeitet und unter anderem das Umstrukturierungsprojekt Fokus und die Gründung der Tochter Empiriecom mitverantwortet.

Geschäftsführungssprecher Klein hatte vor einem Jahr als Ziel für Baur ausgegeben, um zwei bis drei Prozentpunkte zu wachsen. Mit einem Umsatzanstieg von einem Prozent im vergangenen Geschäftsjahr auf 674 Millionen Euro verfehlte die Baur-Gruppe allerdings dieses Ziel. An der österreichischen Tochter Unito lag es nicht. Sie trug mit einer Wachstumsrate von sechs Prozent maßgeblich zum Umsatzplus der Gruppe bei. Unter anderem die von Unito betriebene Marke Quelle sei ein Wachstumstreiber.

Rendite: vier bis sechs Prozent

Die Kernmarke Baur tat sich da laut Klein schwerer. Sie blieb "in einem unverändert wettbewerbsintensiven Marktumfeld" rund zwei Prozent unter dem Vorjahreswert. Man arbeite aber insgesamt sehr profitabel. "Wir erwirtschaften Renditen, die sich in einer Bandbreite von vier bis sechs Prozent bewegen", sagte Klein. Baur sei damit eine der wichtigsten Gesellschaften im Otto-Konzern.

"Noch mehr Richtung online"

Nachdem man im März und April von Umsatz und Ergebnis her gut ins neue Geschäftsjahr gestartet sei, stünden jetzt wichtige Weichenstellungen für die Zukunft an. "Der nächste Schritt geht noch mehr in Richtung Spezialisierung", sagte Klein. "Wir haben außer Damenoberbekleidung, Schuhen und Möbeln bisher noch andere Segmente, auch wenn wir nicht dafür werben." Stetig arbeite die Firma an ihrem Internetauftritt, berichtete Klein. "Um der klassische Online-Händler zu werden, wollen wir unser Geschäftsmodell noch mehr in Richtung online transferieren."

Das Unternehmen 50 Jahre nach dem Tod von Friedrich Baur


Gesellschafter Als Unternehmensgründer Friedrich Baur 1965 kinderlos starb, brachte er sein gesamtes Vermögen in die Friedrich-Baur-Stiftung ein. Diese hält heute 51 Prozent der Unternehmensanteile. Die restlichen 49 Prozent besitzt das Hamburger Versandhandelsunternehmen Otto.

Mutter Baur gehört seit 1997 zur Otto-Gruppe. Die Hanseaten besitzen in mehr als 20 Ländern 123 Unternehmen und beschäftigen weltweit rund 54 000 Mitarbeiter, rund 4200 davon arbeiten bei Baur.

Anfänge Vor 90 Jahren - 1925 - hatte Friedrich Baur in Burgkunstadt den ersten Schuhversand Deutschlands gegründet. Im Laufe der Zeit war daraus eines der größten Versandhäuser in Deutschland entstanden.

Baur-Gruppe Das Unternehmen besteht inzwischen nicht nur aus der Marke Baur. Zur Baur-Gruppe gehören Firmen wie die österreichische Tochter Unito, der Schuhversender "I'm walking" oder Baur Fulfillment Solutions (BFS). Auch der Internetauftritt "Quelle.de" ist bei Baur angesiedelt.

Neue Tochter Seit März hat Baur seine E-Commerce-Sparte ausgegliedert. Unter dem Namen Empiriecom kümmert sich die neue Tochter um Internet auftritte von Unternehmen der Otto-Gruppe. Externe Kunden gibt es hier noch nicht. Das soll in einer späteren Phase der Unternehmensentwicklung erfolgen, heißt es bei Baur.