Manches ist neu bei den Liedern auf Banz, auch die hohe Qualität des Nachwuchses.
Es lag etwas in der Luft, etwas von Optimismus und Neuausrichtung. Ade Songs an einem Sommerabend, willkommen Lieder auf Banz. Das Neue umfing auch die Laune beim traditionellen Nachwuchspreisträgerkonzert der Hanns-Seidel-Stiftung. Die im Seminarraum des Klosters an die Preisträger ergangene abendliche Donnerstagsfeuertaufe für die große Bühne an den beiden Folgetagen geriet fröhlich und befreit.
Mehr als nur Ersatz
Einer, der ungewollt-gewollt dafür sorgte, war auch Hans-Peter Niedermeier. Eine Interimslösung, von der man nun mehr möchte. Als Ersatzmann für einen verhinderten Moderator eingesprungen, ist das langjährige Jury-Mitglied des Preisträgerwettbewerbs eingesprungen. Launig, originell, ein lampenfieberbefreiter virtuos plaudernder Brückenbauer zwischen Bühnenumbaupausen und Preisträgerauftritt. Er riss hin, nahm die Menge ein. In gewisser Weise ebenso eine Entdeckung des Abends, wie Fee Badenius, Marcel Brell oder die Band "Tonträger".
Und an ihnen lässt sich zumindest für dieses Jahr etwas feststellen: die Rückkehr gewandter unverbrauchter Fabulierlust in deutscher Sprache, irgendwo angesiedelt zwischen leisem Kabarett, absurder Komik und szenischen Erzählungen. Aber auch eine stärkere Betonung rockiger Elemente.
Was zudem neu ist: Statt vier Nachwuchspreisträger gibt es fortan nur noch drei, dafür aber kommen die in den Genuss eines aufgestockten Preisfonds. Einer von ihnen ist der Berliner Marcel Brell. Seine Lieder seien laut Programmheft "wie Filme im Kopf, zwischen Fakten und Fabulierlust" führe er kreuz und quer durch sein Universum, mit Raum für eigene Gedanken.
Lied vom wohligen Scheitern
Das trifft es ziemlich genau, denn wenn er sich in seinem Lied neben einen vom Regen und Leben begossenen Menschen stellt, stellt er sich auch unter Gedanken zum Regen, wird er philosophisch, bedauert am Ende gar, das Ende dieser Erfahrung. Mit dem nächsten Lied aber bewies er Entertainer-Qualitäten, forderte mehr "Asoziales" beim Franken ein, schwor das Publikum auf Mitleid für sich ein. Denn immerhin, das erfährt man in seinem Leben, schrieb er einer Anja einst zwei Lieder, ohne dass etwas passiert sei. Ein Lied vom wohligen Scheitern, davon, dass er sich "durchs Abi gefummelt" habe, den Heisenberg aber doch noch erklomm. Eine geglückte Chiffre für ein versöhnliches Ende, Werner Heisenberg, den Denker der berühmten Unschärferelation zu einer topographischen Erhebung umdeutend.
Wortwitz war auch Fee Badenius' Stärke. Sie und ihre Band aus dem Ruhrgebiet angereist, wirkte als um die Ecke denkende und singende heitere Beschwerdeführerin im Leben. Mit liebenswerter Resignation, gebettet in Bilder wie diesem: "Ich habe jetzt einen neuen Rekord im 100 m-Lauf: 65 Meter." Genüsslich sezierte sie peinliche Situationen, etwa Begegnungen mit dem "Ex" und wunderte sich über das Vorkommnis in der Liebe, dass einem irgendwann nicht mehr erklärlich ist, was man am Gesicht des anderen gefunden hat. Aber Hauptsache: Massel, Glück gehabt, noch einmal davongekommen.
Mit brüchigem Gesang wies die sehr wohl attraktive 31-Jährige auf ihre von ihr selbst als unvorteilhaft empfundenen Körperstellen genussvoll hin, weidete sich an der Lust am Unperfekten und blieb dabei, doch ein Schmetterling zu sein. Oder wenigsten eine Motte. Aber solcherlei tat sie still, ohne Vulgarität, in Reimkultur und nie abgedroschen.
Weniger still waren hingegen "Tonträger", vier Musiker aus Berlin, die gut gelaunt 60er-Jahre-Musik mit humorvollen Texten verquickten. Und selten sah man bei einem Preisträgerkonzert der Hanns-Seidel-Stiftung E-Gitarren miteinander wetteifern, den Bassisten zu fröhlichem Gesang in Pete-Townsend-Manier vor dem Schlagzeug niedersinken. Den Höhepunkt der Laune erreichte die Band mit ihrer Aufforderung "Let's Never Twist Again", einer klaren Absage an den Tanz und eine Aufforderung, im Leben das Pferd von hinten aufzuzäumen. Und bitteschön, wem ist es jemals so schön geglückt, aus Wortfetzen der Unentschlossenheit wie Ja, na ja, ne, ah, hm einen so tauglichen Kanon zu bilden?
Fazit: Das Preisträgerkonzert war eines der unterhaltsamsten seit langem. Von der Qualität der Nachwuchspreisträger wird sich auch der Fernsehzuschauer überzeugen können. Eine Erweiterung der Sendezeit soll dafür sorgen. Auch das ist neu bei den Liedern auf Banz.