Die erste Lesung stammt aus dem Alten Testament und steht bei Sacharja im 12. Kapitel: die Totenklage der Bewohner Jerusalems. Die zweite Lesung (Lukas 9, 18-23) handelt davon, wie Jesus seine Jünger fragt, für wen ihn die Leute hielten - und wie die Jünger ihn sähen. Zwei Laien tragen jeweils eine der Lesungen klar und mit fester Stimme vor. Zwei kurze Texte, denen man gut folgen kann. So muss es sein.
4. Predigt
Pfarrer Georg Birkel steht bei seiner Predigt da, wo auch Jesus Christus stand: mitten in seiner Gemeinde. Bildhaft vergleicht er im Mittelgang zwischen den Bankreihen unser Leben mit einer Laufmasche: So wie sich der Pulli im Laufe der Zeit auflöst und das Loch größer wird, so verringere sich unsere Lebenszeit. Und dann wird es noch anschaulicher: Birkel hebt ein Taufkleid in die Höhe. Das Taufkleid sei das Gewand, das uns Christus auf den Leib geschneidert hat. Das Trikot, mit dem wir immer in Jesus' Mannschaft spielen - auch nach unserem Tod. Kurz(weilig), berührend, lebensnah, anschaulich.
5. Kommunion/Abendmahl
Die Kommunion lief liturgisch sowie in ihrer Form ganz klassisch katholisch ab. An drei Stationen gingen die Gottesdienstbesucher in Richtung Altar, wo ihnen Pfarrer und Laien die Hostien austeilten. Kinder wurden gesegnet. Apropos Kinder: Pfarrer Birkel band die (leider nur wenigen) jungen Gäste demonstrativ immer wieder in den Ablauf mit ein. Besonders schön: Zum gemeinsamen Vaterunser kamen alle Kinder nach vorne, scharten sich im Halbkreis um den Altar und fassten sich an den Händen. Eigentlich durchschnittlich, das Vaterunser mit den Kindern hebt die Kommunion aber in obere Kategorien.
6. Beleuchtung
Über schlechte Sichtverhältnisse im Gottesdienst kann man hier wahrlich nicht klagen. Obwohl hellster Sonnenschein die Kirche durchflutete, leuchteten sechs Lampen über dem Mittelgang aus voller Kraft. In Zeiten von Ressourcenschonung und gesteigertem Energiebewusstsein fast ein wenig verschwenderisch.
7. Ambiente
Die Pfarrkirche St. Kilian liegt mitten im Herzen von Bad Staffelstein. Sie ist von allen Seiten aus gut zu erreichen, vor allem gibt es genügend Parkplätze in der Nähe. In der neugotischen Kirche ist die vorherrschende Farbe Gold. Entweder glänzen die Heiligen selbst oder deren Schürzen. Dennoch fühlt sich der Besucher in diesem mittelgroßen Gotteshaus vom Güldenen nicht erschlagen, vielleicht auch weil die architektonischen Verhältnisse passen. Sehenswert ist auch das irische Kreuz an der Außenfassade. Prachtvoll, aber nicht protzig. Familiärer Charme dank der angenehmen Größe.
8. Kirchenbänke
Einen Gottesdienst im Sitzen hält man hier ohne Weiteres gut aus. Die Bänke sind bequem, die Beinfreiheit großzügig. Langes Knien dürfte dagegen gerade für ältere Menschen etwas beschwerlich werden. Zwar sind die Kniebänke gepolstert, was aber nicht davor schützt, dass man auch als jüngerer Mensch froh ist, wenn man wieder aufstehen darf. Sitzen top, längeres Knien hop.
9. Segen
Der Segen folgt dem traditionellen Ritual. Danach kommt das letzte gemeinsam gesungene Lied - und der Organist zeigt mit erhebenden Klängen den Gläubigen beim Hinausgehen, dass er sein Handwerk beherrscht. Pfarrer Birkel und sein Team sind indes schon durch eine Tür in Altarnähe ausgezogen. Ritualisiertes, konventionelles Gottesdienstende; nicht mehr als Standard.
10. Sinne
Nicht nur das güldene Interieur sticht dem Besucher sofort ins Auge, sondern auch ein ganz besonderes Detail der Moderne: Die Kirchenlieder werden digital angezeigt. Leider immer nur ein Lied, so dass es bei zwei aufeinanderfolgenden Gesängen schon einmal etwas hektisch werden kann. Pfarrer Birkel war leider nicht immer gut zu verstehen. Ob das an der Mikrofonanlage lag? Immerhin gab es vom Geistlichen auch was zum Fühlen: ein paar Spritzer Weihwasser, die er quer durch die Kirchenbänke verteilte. Mehr sinnliche Höhen als Tiefen - guter Durchschnitt.
Warum ein Gottesdiensttest
Die Ergebnisse unserer Gottesdiensttests, das wissen wir, sind rein subjektiv. Warum dann dieser Test? Weil wir glauben, dass es eine Diskussionsbasis braucht, um Kirche und Bürger wieder näher zusammenzubringen. Und weil wir denken, dass Kirche und Glaube nicht weiter auseinanderdriften sollten. Wir freuen uns deshalb auf den Dialog mit Kirchenvertretern, Gläubigen und allen Menschen, die uns ihre Meinung zu diesem wichtigen Thema mitteilen wollen. Schreiben Sie uns: redaktion@infranken.de
Zum Abschluss der Testserie werden unsere beiden Experten Martin Stuflesser und Martin Nicol am 1. November Bilanz ziehen.
Alle Berichte unserer Serie finden Sie auf unserer Übersichtsseite zum Gottesdiensttest. Dort finden Sie auch ausführliche Infos.