Der AC Lichtenfels peilt nach dem Bundesliga-Rückzug in die Bayernliga den Aufstieg in die Oberliga an.
Viele Gründe für den Rückzug Die Gründe sind vielfältig, wie die Verantwortlichen des ACL beschreiben. "Zum einen hat sich die Bundesliga immer mehr hin zum professionellen Sport entwickelt. Das heißt, der Aufwand steigt. Die Sportler wollen und kriegen mehr Geld von den finanzkräftigen Vereinen. Zum anderen steigt der Aufwand im administrativen und organisatorischen Bereich. Man benötigt immer größere Kader", sagt Stefan Mehl, Geschäftsführer der ACL-Sport-GmbH. "Weingarten oder Nendingen haben Kader, die mehr als doppelt so groß sind wie der des AC Lichtenfels. Der organisatorische Aufwand drumrum, wie der Sportler herkommt, wo er untergebracht wird, wie er medizinisch und physiotherapeutisch betreut wird - all das muss bewältigt werden. Das konnte der ACL nicht mehr, auch wenn es viele ehrenamtliche Helfer gibt. Man benötigt in der Saison rund um die Uhr jemanden, der ansprechbar ist, wenn etwas passiert, sich ein Ringer verletzt und zwei Tage später ein Kampf ist", fügt Mehl an.
Zudem mussten die Vereinsverantwortlichen feststellen, dass bei den Sponsoren das Geld auch nicht mehr so locker sitzt wie in den vergangenen Jahren. "Sponsoren haben sich zurückgezogen. Die finanziellen Mittel haben gerade so gereicht. Doch ohne zusätzliche Mittel wäre der Bundesliga-Betrieb nicht mehr verantwortbar gewesen. So ehrlich müssen wir sein, dass wir so wie bisher nicht mehr hätten weitermachen können", sagt Mehl.
Organisation nicht zu stemmen Vorsitzender Stefan Heinlein nennt auch Summen: "Wir hätten 50- bis 100 000 Euro zu den bisherigen Einnahmen mehr benötigt, um eine konkurrenzfähige Bundesliga-Mannschaft zu stellen. Im Jahr 2014 hatten wir ein Minimum an Ringern im Kader und jedes Mal ein Riesenproblem, wenn einer ausfiel. Dazu kommen die gesetzlichen Auflagen. Auch der Mindestlohn wird im Sport ein Thema. Das ist mit der Mannschaft in der Vereinsführung nicht mehr machbar. Schade - aber wir mussten die Reißleine ziehen."
"Es ist eine Mischung aus Ernüchterung und Erleichterung über die Entscheidung des Rückzuges", beschreibt Mehl seine Gefühle. "Als wir im vergangenen Jahr mit unserem Team, zu dem neben dem Vorsitzenden, den beiden Mannschaftsführern Heiko Scherer und Kevin Tischer sowie von der ACL-Sport-GmbH Oliver Dürr und ich gehören, angetreten sind, hatten wir nicht geplant, dass unser erstes auch unser letztes Jahr ist. Wir wollten das Ganze nach vorne entwickeln und uns in der oberen Tabellenhälfte etablieren. Dies ist im Lauf des Jahres einer Ernüchterung gewichen. Wir mussten erkennen, dass unsere Möglichkeiten sehr begrenzt sind. Aus heutiger Sicht muss man sagen - so geht's nicht. Wir hätten uns aufgerieben. Lieber bauen wir komplett neu auf und nehmen uns zwei, drei Jahre Zeit."
Rückblick ernüchternd Auch der Rückblick auf die sportliche Bilanz fällt entsprechen ernüchternd aus. Zwei Siege standen in 14 Kämpfen zu Buche. Und der Blick in die (ungewisse) Zukunft, was die Ligenzusammensetzung angeht, hat nicht mehr versprochen. "Wenn wir in der Bundesliga geblieben wären, wären die Kämpfe gegen die Konkurrenz vorhersehbar gewesen. Einzig gegen Mansfeld hätten wir eine Chance gehabt. Das können wir auch den Zuschauern nicht zumuten, wenn ich von vornherein weiß, dass der ACL nicht konkurrenzfähig ist", sagt Heinlein, der den Etat der Lichtenfelser der vergangenen Saison auf 120 000 Euro beziffert. Die Konkurrenz verfüge aber in der Regel über 200 000, bis hin zu 500 000 Euro beim Meister Nendingen.
Reaktion der Fans positiv Der Rückzug in die Bayernliga wurde auch im Lager der ACL-Fans begrüßt. "Die Reaktionen fielen überwiegend positiv aus", weiß Mannschaftsführer Heiko Scherer, der sein Ohr ganz nah am Fanclub hat. "Viele hatten sich schon während der Saison einen Rückzug gewünscht. Einige wenige wollten weiterhin Spitzensport beim ACL sehen, wobei man sich fragen muss, ob das Spitzensport ist, wenn man nur verliert." Die Rückkehr zur Basis, zu den Wurzeln, werde von 90 Prozent der Fans begrüßt.
Der Organisationsaufwand in der Bayernliga wird sich für die ACler deutlich reduzieren, weiß Mehl: "Wir müssen keine Ringer mehr aus dem Ausland einfliegen oder aus Polen herfahren. Wir müssen uns um keine Visa mehr kümmern und Aufenthaltserlaubnisse. Der Kader wird aus Ringern bestehen, die hier leben und arbeiten bzw. aus einer Entfernung kommen, die mit dem Auto zu fahren ist."
Hannes Wagner kaum zu halten Ob das Riesentalent Hannes Wagner beim ACL gehalten werden kann, bleibt abzuwarten. Mannschaftsführer Heiko Scherer weiß, dass der 19-jährige deutsche Juniorenmeister viele gute Angebote aus der Bundesliga vorliegen hat: "Wir zwingen ihn natürlich nicht, in der Bayernliga zu ringen. Aktuell hat er weder bei uns noch bei einem anderen Verein unterschrieben. Von uns wäre ihm keiner böse, wenn er den Schritt zu einem anderen Bundesligisten gehen und sich weiterentwickeln würde." Dass die Bundestrainer es natürlich gerne sehen, dass ihre Talente in der Bundesliga ringen, ist klar. Vorstellbar sei, dass Wagner in ein paar Jahren - wie in der Vergangenheit Steffen Hartan - wieder zum ACL zurückkehrt.
Vision 2021 - zweite Liga? Das neue Ziel ist klar formuliert. "Wir wollen möglichst schnell, wenn es geht heuer, in die Oberliga aufsteigen", sagt Scherer. In der Oberliga dürften sich die Fans dann auf Derbys gegen Hof, Burgebrach oder Bindlach freuen. "Wenn wir dort dann Fuß gefasst haben, muss man abwarten, wie die Strukturen im DRB aussehen, ob die zweite Liga ein Ziel für uns sein kann", sagt Scherer, der davon ausgeht, dass sich im Verband einiges tun wird. Zum 100-jährigen Bestehen des ACL im Jahr 2021 könne man sich schon vorstellen, wieder höherklassig - sprich erste oder zweite Liga - zu ringen, fügt Mehl an.
Neue Euphorie entfachen Bis dahin will man beim ACL die Nachwuchsarbeit intensivieren. Allerdings sei es schwierig, weiß Heinlein, Kinder zum Ringen zu bringen. Mit Cheftrainer Ali Hadidi sollen mehr eigene Talente an die erste Mannschaft herangeführt werden. Da in der Bayernliga nur zwei Ausländer eingesetzt werden, stellt sich die neue Mannschaft fast von selbst auf. Scherer hofft, dass die drei Bulgaren, die in Lichtenfels leben und arbeiten, Rumen Savchev, Krum Chuchurov und Venelin Venkov, 2015 für den ACL auf der Matte stehen, auch wenn sie Angebote aus der Bundesliga haben. Zusammen mit den Einheimischen und eventuellen Neuzugängen im Schwergewicht und in der 57-Kilo-Klasse soll der Aufstieg angepeilt werden.
Stefan Mehl glaubt, dass die neue Mannschaft wieder eine Euphorie unter den Fans entfacht. "Vor allem wenn wieder mehr junge Ringer aus der eigenen Jugend auf der Matte stehen und wir erfolgreicher sind, wird sicher mehr Stimmung in der Halle sein als zuletzt", so Mehl.
Medienpräsenz fehlt Mehl weiß aber auch, dass sich nicht nur im DRB etwas ändern müsse und nennt etwa die Vermarktung in den Medien, in denen die Randsportart kaum auftaucht. Hier liegt eine weites Feld brach, wo man Sponsoren ansprechen könne. Bleibt zu hoffen, dass man sich im Sinne des Ringens an einen Tisch setzt und Lösungen findet.