Party lässt Herzen höher schlagen

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Ursula Kilian im Schein der roten Herzen bandelt mit Martin Trinkwalter an. Fotos: Markus Häggberg
Ursula Kilian im Schein der roten Herzen bandelt mit Martin Trinkwalter an. Fotos: Markus Häggberg
Die beiden Freundinnen Tanja (links) und Corinna konnten den Abend kaum erwarten.
Die beiden Freundinnen Tanja (links) und Corinna konnten den Abend kaum erwarten.
 

Behinderte und Nichtbehinderte machten in der AC-Halle Stimmung. Einmal im Jahr lädt das Lichtenfelser Singleportal "Schatzkiste" zum Tanz.

In der Luft lag den ganzen Abend über so etwas wie Aufbruchstimmung. Freude eben. Verströmt wurde sie von Menschen aus ganz Franken, überwiegend Behinderte. Sie fanden sich vergangenen Freitag zu einer Singlebörsenparty in der AC-Halle ein. Auch Behinderte suchen einen Partner fürs Leben, auch sie möchten sich amüsieren. Und ja, auch sie verhüten.

Lisa Hirschke kommt aus dem Nachbarlandkreis Kronach. Sie hat heute ehrenamtlich den Fahrdienst der Offenen Hilfen der Lebenshilfe Kronach übernommen. Corinna und Tanja hat sie mitgebracht, zwei Frauen Ende Dreißig. Tanja hat schon einen Freund und möchte nur tanzen. Corinna träumt noch von einem Freund - am liebsten blond und mit Führerschein. Schon lange sei die "Schatzkistenparty" ein Thema bei den beiden Frauen gewesen. Wie alle Frauen haben sie sich darüber unterhalten, was sie an diesem Abend wohl anziehen werden, so Lisa Hirschke.
Auch sie selbst musste sich auf diesen Abend vorbereiten. "Man muss wissen, welche Klienten beispielsweise Allergien haben, wann sie wieder daheim sein müssen oder welche Medikamente sie nehmen."
Klienten, so heißen jetzt die zu betreuenden Menschen im Sprachgebrauch der Hilfsdienste. Die Frau stellt klar, dass behinderte Menschen wie alle anderen sind. Mit dem Bedürfnis nach Partnerschaft und Liebe und dem Drumherum. Das stoße nicht immer auf Verständnis bei Nichtbehinderten.

Auch Verhütung ist ein wesentlicher Punkt bei Behinderten. Es gibt nicht viele Unterschiede zwischen Behinderten und Nichtbehinderten, wenn es um die Liebe geht. Das zeigt sich schon beim Tanz. Auch hier gibt es die, die bemerkt werden wollen, die Coolen, die Macker. Sie geben sich unberührbar. Andere sind offener, impulsiver, direkter. Sie können einen ohne Vorurteile annehmen, weiß Lisa Hirschke. Hauptberufliche und ehrenamtliche Helfer wie sie sind viele in der Halle. Sie feiern mit und sind Teil der guten Laune. Sie und ihre Klienten kommen aus ganz Franken.

Partner vermitteln

Birgit Sauerschell ist die Mutter des Ganzen. Die Lichtenfelser Psychologin hat vor Jahren eine Kontaktbörse für Behinderte ins Leben gerufen: Schatzkästchen. Dort hinterlegen Behinderte ihre Adressen, Interessen, Vorlieben und was sie sich vom Leben und von einem Partner erwarten. Dann wird vermittelt, Menschen werden zusammengeführt, und der Rest liegt in den Händen der Partnersuchenden.

Die karitativen Einrichtungen, so wie das Heilpädagogische Zentrum (HPZ), in deren Obhut die Behinderten sind, stützen diese Idee und räumen ihren Klienten auch Möglichkeiten ein, sich gegenseitig zu besuchen. So auch mit einem Fahrdienst. "Wir haben damals bei der ersten Party noch am selben Abend viele positive Rückmeldungen bekommen", freut sich die Lichtenfelserin. "Ein Feiertag für Rollstuhlfahrer" sei es gewesen. Aber so eine Party vorbereiten, das heißt schon was. Die Halle mieten, die Gema bezahlen, Sponsoren finden - ein halbes Jahr Vorlauf, auch um alle möglichen Einrichtungen mit Behindertenarbeit in Franken anzusprechen und einzuladen, zu koordinieren, Gespräche zu führen.

Martin Trinkwalter aus Förtschendorf hat Glück. Er wurde ausgerufen. Irgendwann an diesem Abend ist er einer Frau aufgefallen. Die hat sich dann an die Pinnwand nahe des Eingangs begeben, um nachzusehen, ob der Mann, der ihr so angenehm ins Auge fiel, dort nicht eine Spur von sich hinterlassen hat. Hat er. Sein Foto, seinen Namen, seine Hobbys. Auch er wird als eine von 60 suchenden Personen in der Kartei der Schatzkiste geführt. Jetzt aber führt für ihn kein Weg daran vorbei, aus der tanzenden Masse herauszutreten. Soeben hat DJ Ralf ihn nämlich über das Mikrofon ausgerufen. Auf Wunsch der Frau, und weil auch das bei dieser Party so Gepflogenheit ist. Bald sitzen die beiden am Tisch zusammen und unterhalten sich. Dass "sie sehr hübsch ist", findet Trinkwalter, und Ursula Kilian, so heißt die Frau, die ihn ausgerufen hat, befindet, dass "man sich mit ihm gut unterhalten kann". Sie lebt in Burgkunstadt, nimmt dort in ihrer Einrichtung an einem Wohntraining teil und betreut Pferde.

Auch vertraut sie ihm an, dass sie von der Liebe schon einmal enttäuscht wurde. Er auch. Veralbert sei er worden. Zum nächsten Sommerfest wolle man sich treffen. Ursula Kilian hat ihn für diesen 13. Juni eingeladen, und er will nach Burgkunstadt kommen. Ganz bestimmt. Bis dahin wird halt telefoniert.