Marktgraitzer sollen mehr auf die Sonne setzen

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Blutspender wurden im Gemeinderatz geehrt (von links): Josef Jahreis, Waltraud Kunert, Ingo Janson; im Hintergrund Bürgermeister Jochen Partheymüller, Thomas Petrak und rechts die Bereitschaftsleiterin Petra Amschler. Foto: Klaus Gagel
Blutspender wurden im Gemeinderatz geehrt (von links): Josef Jahreis, Waltraud Kunert, Ingo Janson; im Hintergrund Bürgermeister Jochen Partheymüller, Thomas Petrak und rechts die Bereitschaftsleiterin Petra Amschler.  Foto: Klaus Gagel

Energiecoach Markus Ruckdäschel empfiehlt den Bürgern, noch mehr auf Photovoltaik zu bauen. Doch die ist nicht beliebt.

Eigentlich stand mit dem Bauantrag der Eheleute Sieglinde und Hans Hornung nur ein einziger echter Beratungspunkt auf der Tagesordnung der jüngsten Gemeinderatssitzung. Dass es dennoch eine überaus umfangreiche öffentliche Sitzung wurde, lag zum einen an der Blutspenderehrung und an zwei Informationsveranstaltungen zum Energiekonzept und zur Dorferneuerung.
Unter der Leitung des stellvertretenden Bürgermeisters Georg Bülling (Bürgermeister Partheymüller ist Planfertiger des Bauvorhabens) ging die Abstimmung der Räte über den Bauantrag der Eheleute Hornung zügig über die Bühne. Demnach beantragt das Ehepaar den Neubau eines großzügigen Einfamilienwohnhauses mit Doppelgarage an der Leite 7.

Rekordhalter mit 125 Blutspenden

Vorausgegangen war die Ehrung hochverdienter Blutspender aus dem Gemeindegebiet.
Dazu waren der BRK-Kreisgeschäftsführer Thomas Petrak und die Bereitschafsleiterin aus Redwitz Petra Amschler ins Rathaus gekommen. Die kleine Marktgemeinde brachte es im Jahr 2014 an zwei Terminen auf 122 Blutspender, darunter fünf Erstspender. Absoluter Rekordhalter war dabei Johann Partheymüller der es bereits auf 125 Spenden gebracht hat. Da er nicht persönlich anwesend sein konnte, werden ihm seine Präsente nachgereicht. Ebenfalls entschuldigt fehlte Roland Vojer, der schon 75 Blutspenden erbracht hat. So war Waltraud Kunert an diese Abend die Hauptperson mit ihren 100 Blutspenden. Bei ihr bedankten sich das Rote Kreuz und Bürgermeister Partheymüller ebenso wie bei Josef Jahreis und Ingo Janson, die für ihre 75. Blutspende geehrt wurden.

"Energiechoaching" ein Thema

In einem umfangreichen Referat war Markus Ruckdäschel von der Energieagentur Nordbayern darauf bedacht, die Räte über für das Thema "Energiechoaching für Kommunen" zu sensibilisieren. Der gemeinnützige Verein, der inzwischen zu einer GmbH erweitert wurde, besteht aus dem Schulterschluss der Energieagentur Oberfranken mit der Energieregion Nürnberg. Ziel ist es aus "neutraler Warte", frei von jeglichen kommerziellen Interessen, die Kommunen hinsichtlich ihres Energiekonzepts zu informieren und zu beraten. Insgesamt 36 Kommunen in ganz Oberfranken, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben, kommen in den Genuss eines derartigen Energiechoachings. Im Landkreis Lichtenfels gehörten Marktgraitz und Michelau dazu.
Es geht um Fragen des Energieverbrauchs und des Energiebedarfs. Pro Kommune stehen etwa fünf Arbeitstage zur Verfügung. Zur Beratung gehört die Begehung eines kommunalen Gebäudes mit Handlungsempfehlungen. Zusätzlich werden die Grundlagendaten für die gesamte Marktgemeinde erho-ben. Die anfängliche Euphorie was die Energiewende anbelangt sei inzwischen einer Ernüchterung gewichen, so Markus Ruckdäschel. Die Diskussionen würden aktuell recht kontrovers geführt, da wirtschaftliche Interessen im Spiel sind.
Während der Ausbau der Photovoltaik in 2010-2012 einen rasanten Aufschwung nahm, hat dieser Ausbau nach den ersten Änderungen des Erneuerbaren Energiegesetzes merklich nachgelassen. Inzwischen liegt man sogar unterhalb des Zielkorridors der Bundesregierung. "Das mit der Photovoltaik rentiert sich doch nicht mehr", sei die weitläufige Meinung. Dabei ist die Technik über die Nutzung des Stroms vom eigenen Dach für den Eigenverbrauch lukrativer denn je", sagte der Energieberater. "Wenn es mir gelingt, den Strom vom eigenen Dach selbst zu nutzen, so betragen die Stromgestehungskosten für ein Einfamilienhaus rund 15 Cent pro Kilowattstunde, fix gerechnet auf 25 Jahre." Der Strom vom Energieversorger ist wesentlich teurer. Der Anteil erneuerbarer Energien liegt innerhalb der Bundesrepublik bei etwa elf Prozent. "Wir hängen nach wie vor am Öl", meinte Ruckdäschel. Der Anteil des Erdgases liegt bei 20 Prozent, Kohle fast 25 Prozent und die Kernenergie liegt aktuell bei etwa acht Prozent. Es sei also zu früh, sich zurückzulehnen.
Eine der zentralen Fragen lautet, wie gelingt es bei der Wärmeerzeugung vor Ort stärker die erneuerbaren Energien ins Spiel zu bringen, als das bisher der Fall ist. Hier ergeben sich auch für kleine Kommunen enorme Einsparmöglichkeiten wenn es gelingt, den Heizöleinkauf durch einen Hack-schnitzeleinkauf vor Ort zu ersetzen. Das eingesparte Geld kann in der Region weiterarbeiten. "Das ist für kommunale Entscheidungsträger der größte Hebel, an dem sie drehen können" so Ruckdäschel.
Was die konkrete Situation in Marktgraitz anbelangt, so repräsentiert die vorhandene Hack schnitzelheizung für Schule und Turnhalle einen ersten wichtigen Schritt. Andere Bereiche wie die Öffentlichkeitarbeit sind ausbaufähig. Zu berücksichtigen bei der Beratung sind die vorhandenen Flächen und die Bevölkerungsdichte. Diese liegt in Marktgraitz liegt deutlich über dem bayerischen Durchschnitt. Der Zuwachs an Prokopf-Wohnfläche (in Marktgraitz 50 m 2 /Kopf) wirkt sich auch auf den Energieverbrauch aus.
Den größten Anteil im Stromverbrauch machen die Privathaushalte aus. Insgesamt stehen 3,2 Millionen Kilowattstunden pro Jahr zu Buche. Der Wärme-bedarf im Markt Wohnen liegt bei etwa 1500 Megawattstunden, das entspricht etwa 1,1 Millionen Liter Heizöl.
Welche Verbesserungen wären also möglich? Da Windenergie für Marktgraitz auf Grund der Lage keine Rolle spielt, ging Ruckdäschel hier auf die Photovolatikanlagen ein. Es gibt bereits eine ganze Reihe Anlagen im Ort. Deren Leistungsdaten sind exakt bekannt. Aktuell sind es 0,5 Millionen Kilowattstunden Strom, die so erzeugt werden. Würde man alle geeigneten Dachflächen in Marktgraitz nutzen und die Erzeugung mit dem eigenen Verbrauch koppeln. so könnte fast der gesamte Strombedarf der Gemeinde (rund drei Mio. KWh) dadurch abgedeckt werden.
Abschließend riet Ruckdäschel, weiter über eine effiziente Wärmeversorgung nachzudenken. Langfristig wäre es sicher sinnvoll, auch den Kindergarten an die Heizanlage der Schule anzubinden. Auch eine zentrale Wärmeversorgung der öffentlichen Gebäude im Bereich des Marktplatzes könnte Sinn machen. "Nutzen Sie den Förderkompass der Energieagentur! Es ist sehr viel an Fördergeldern da", riet er abschließend dem Gemeinderat.
An das Referat der Energieagentur schloss sich ein ebenso ausführliches Referat zum Dorferneuerungsprogramm an. Am Ende der mehrstündigen Sitzung erinnerte Bürgermeister Partheymüller noch einmal an die Bürgerversammlung am Freitag, 17. April, im Sport-heim.