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Manch einer überlegt sich's jetzt vorher

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Jugendrichter Armin Wagner: "Auch Bier hat Alkohol - die Menge macht's!" Foto: Monika Schütz
Jugendrichter Armin Wagner: "Auch Bier hat Alkohol - die Menge macht's!" Foto: Monika Schütz

Jugendrichter Armin Wagner zeigt den Neuntklässlern der Staffelsteiner Realschule die Konsequenzen von Fehlverhalten auf.

Der Mann mit dem grauen Vollbart, der am 6. Dezember alle vier neunten Klasen der Realschule besuchte, war nicht der Nikolaus. Es war der Jugendrichter Armin Wagner aus Lichtenfels, der sich den ganzen Vormittag Zeit für ein sehr persönliches Gespräch mit den Schülern nahm. "Lieber komm ich zu Ihnen, als Sie zu mir." Mit diesen Worten begrüßte er die Schüler.
Seit 1979 ist Wagner bei der Justiz tätig, seit mehr als 20 Jahren auch als Jugendrichter beim Amtsgericht Lichtenfels. Damit ist er wohl der dienstälteste in Bayern und hat, wie kein anderer, die Möglichkeit, mit "früher" zu vergleichen. "25 ist das neue 18", sagt er beim Vorgespräch im Direktorat und erklärt gleich, was er damit meint: Die jungen Leute von heute seien strebsam und weltoffen; sie seien in der Welt und in der Welt des Internets zuhause, doch es fehle an der menschlichen Reife, an der Lebenserfahrung.
Dass es ihnen heutzutage gut geht, sei für viele normal. Sie seien sich ihrer Verantwortung oft nicht bewusst und stünden viel später auf eigenen Füßen, als "früher".
Doch man dürfe nicht übersehen, dass junge Leute heutzutage sehr interessiert und aufgeschlossen seien: "Da werden sie von den Erwachsenen oft unterschätzt!" Fakt sei auch, dass die Jugendkriminalität und -gewalt im Landkreis Lichtenfels deutlich zurückgegangen sei - "RTL II und sonstigen Schrottsendungen zum Trotz" (Originalzitat Wagner). Hier habe es sich gelohnt, dass Schule und Justiz zusammenarbeiten: "Ein Schuldirektor begeht keine üble Nachrede oder verletzt seine Verschwiegenheitspflicht, wenn er mit mir wegen eines Schülers oder einer Schülerin in Kontakt tritt", sagt der Richter klar und deutlich. Die Schule habe schließlich nicht nur einen Auftrag zur Wissensvermittlung, sondern auch zur Erziehung. Die Verantwortung bleibe aber nach wie vor bei den Eltern.
Rat, gerne auch anonym, gebe das Projekt "Meilenstein", der Caritas (siehe Internet unter www.caritas-lichtenfels.de).

Von Alkohol bis Schlägereien

In den neunten Klassen warteten dann die verschiedensten Themenbereiche auf den Jugendrichter: Konsum von Alkohol und dessen Beschaffung, Musik-Downloaden im Internet, Cybermobbing, Drogen und Schlägereien.
Was passiert, wenn man bei einer Schlägerei mit dabei ist, interessierte einen Schüler der 9b. "Kommt drauf an, auf welcher Seite", lautete die Antwort des Richters. Grundsätzlich gelte: "Wer schlägt, der sitzt", wenn es sich um den Täter handelt. Auch Arbeitsstunden seien für strafmündige Jugendliche möglich. Dazu könnten Arzt- und Krankenhauskosten, Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Rechtsanwaltskosten und vieles mehr kommen: Für Schlägereien, die als gefährliche Körperverletzungen gelten, habe schon manch einer den Gegenwert eines schönen Autos verspielt.
Thema "Alkohol": "Immer mehr junge Frauen und Mädchen fangen das Saufen an", bedauerte der Richter, "und zwar nicht Prosecco - die saufen den Wodka aus der Flasche." Auch beim Rauchen holten die Mädchen immer mehr auf.

Einen aktuellen Fall zitiert

"Was passiert, wenn ein 18-Jähriger einem 16-Jährigen Schnaps besorgt?", wollte der nächste Neuntklässer wissen. Hier hatte der Richter einen aktuellen Fall aus jüngster Zeit auf Lager: Ein 19-Jähriger hatte einer Clique von 13- bis 15-Jährigen Wodka und Whiskey zum Partymachen besorgt. Ein 13-jähriger Junge der Clique war danach mit einem Blutalkoholgehalt von 3,3 Promille auf die Intensivstation der Krankenhauses gebracht worden. Das hat dem 19-Jährigen jetzt eine Freiheitsstrafe von neun Monaten ohne Bewährung eingebracht.
"Achtung, auch Bier hat Alkohol - die Menge macht's. Zwei Promille gibt's nicht mit zwei Bier", warnte Richter und riet zu maßvollem Umgang mit Alkohol.
Mittlerweile hatte der Schulgong die Unterrichtsstunde beendet, doch die jungen Leute hörten dem Jugendrichter mit uneingeschränkter Aufmerksamkeit zu.
"Wissen Sie, das ein Rausch fünf bis zehn Millionen Gehirnzellen unwiederbringlich zerstört?", fragte dieser. "Umgerechnet auf die Schule, könnte man sagen, Sie lernen zwei Wochen Vokabeln und Mathe und mit einem Aufwasch ist alles weg!"
Um ein Wiedersehen bat Jugendrichter Armin Wagner die Neuntklässler zum Abschied nicht - es sei denn als Zeugen.