Maria Theresia Alin führte eine Bärlauchwanderung der Umweltstation. In einem Wald bei Vierzehnheiligen wurden die köstlichen Blätter geerntet. Aber aufgepasst: Nicht alles, was wie Bärlauch aussieht, ist für den Menschen bekömmlich.
Ist es tatsächlich möglich, wandernd auf einer Wegstrecke von nur einem Kilometer 90 Minuten Zeit zu lassen? Doch, das geht. Denn was hier die Liebe anregt, kann dort den Tod bedeuten. Die Rede ist von Wissenswertem über Pflanzen am Wegesrand, von Extremen und extrem Schmackhaftem. Die Bärlauchwanderung der Umweltstation zog am Samstag 17 Teilnehmer an und mit sich fort.
Maria Theresia Alin (74) schmunzelt, wenn sie "Kräuterhexe" genannt wird. Seit drei Jahren geht sie Exkursionen der Umweltstation voran und hat sich im Laufe ihres Lebens viel Wissen über Pflanzen angeeignet. Das trägt die Staffelsteinerin auch mit sich - im Rucksack und in Buchform. Auch an diesem Tag, als man sich am Pilgerparkplatz trifft, wird sie dann und wann ihr "Feld-, Wald- und Wiesen-Kochbuch" zücken und den Kopf über das schütteln, was es an Vorurteilen und Falschmeldungen zu heimischen Kräutern und Blumen so gibt. Dass Löwenzahn beispielsweise sehr wohl essbar ist, beweist sie an diesem Nachmittag. Mehr noch: "Kinder lieben Butterbrot
mit Gänseblümchen und duftenden Veilchen", erklärt die Pflanzenexpertin der Runde, die überwiegend aus Frauen ab dem 50. Lebensjahr besteht.
Austausch von Wissenswertem
Zwei Euro Kursgebühr ist es den Zuhörern wert, etwas über Pflanzen zu erfahren. Darin enthalten ist auch manch hausfraulicher Tipp, der auf dem Weg in Richtung Konradshof ausgetauscht wird. Eine, die diesbezüglich auch etwas zu sagen hat, ist Mitwanderin Monika Gerner, auch sie ist eine Wissende. "Ich habe Veilchen in Zucker eingelegt und zwei Tage ziehen lassen. Dann habe ich das im Mixer zu Puderzucker vermahlen", erklärt sie raffinierte Möglichkeiten im Umgang mit heimischer Flora.
Interessen bei den Jüngeren
Doch seit wann betätigen sich mehr und mehr Frauen wie sie auf diese Weise? Wanderführerin Alin lässt dazu den Begriff Gegenbewegung glatt gelten. Die 60- bis 70-Jährigen hätten heute relativ wenig Interesse an derlei Dingen. Aber "junge Leute sind wieder interessiert an so etwas", erklärt sie. Was jung ist, definiert sie so: Es sei überwiegend die U-60-, aber durchaus auch die U-30-Generation. Auf Kreisgartentagen sei ihr das Phänomen schon begegnet.
Junge Birkenblätter schmecken nussig, und aus den Blättern des Spitzwegerichs lassen sich "Rippen rausziehen", wie die Referentin während einer demonstrativen Entnahme dieser dünnen Fäden belegt. Immer wieder entdeckt die Staffelsteinerin eine Besonderheit am Wegesrand, immer wieder bleibt die Traube aus Menschen mit ihr stehen. Denn wer kennt schon Günsel und Gundermann? Was zunächst eher nach Nachbarschaft klingt, hat Gerbstoffe und Heilwirkung.
Tödlicher Doppelgänger
Über Jahre ist die Wanderführerin mit einer Biologin der Umweltstation mitgewandert. Sie nimmt ihre Aufgabe, die in einer Bärlauch- sowie einer Kräuterwanderung pro Jahr besteht, ernst. Das muss sie auch, denn gerade der Bärlauch hat einen tödlichen Doppelgänger: Convallaria majalis oder auf Deutsch: "Maiglöckchen - die isst du kein zweites Mal", sagt sie über das unschuldig klingende Spargelgewächs, das 2014 zur Giftpflanze des Jahres gewählt wurde. Doch es gibt ein untrügliches Unterscheidungsmerkmal: Nur der Bärlauch hat eine Kante am Stängel, mit ihr ist man auf der richtigen Seite.
Unweit des Konradshofs war dann das eigentliche Ausflugsziel erreicht. Hier, in Bärlauchfeldern, durften sich die Teilnehmer einen Handstrauß pflücken und mitnehmen. Doch nicht vergessen: Je tiefer die zu pflückende Pflanze liegt, desto sicherer ist sie vor dem Fuchsbandwurm.
Bei so viel Wissenswertem und Unterhaltendem waren 90 Minuten für einen Kilometer Weg gerade ausreichend.