Was halten die Menschen im Kreis Lichtenfels davon, sich gegen Krankheiten impfen zu lassen?
Das Wort Indolenz ist vom lateinischen "indolentia" (Unempfindlichkeit gegen Schmerz) abgeleitet. Als Indolenz bezeichnet man die Eigenart von Patienten, eigentlich zu erwartende Schmerzen nicht zu empfinden oder zumindest zu beachten. Im übertragenen Sinn spricht man auch von Indolenz, wenn eine Person negativen Einwirkungen ausgesetzt ist, ohne darauf angemessen zu reagieren. So betrachtet könnte man sagen: Zu viele Menschen neigen zur Indolenz, wenn es um vorbeugenden Krankheitsschutz geht.
"Wir haben keine eindeutige statistische Übersicht", sagt Dr. Gernot Habich, der ehemalige Chef der Lungenfachklinik, der in der Versorgung der Patienten im ambulanten Behandlungszentrum des Bezirksklinikums Obermain mitarbeitet. Bei medizinischem Fachpersonal in Krankenhäusern sei die Impfmüdigkeit verblüffend hoch, denn nur 20 bis 30 Prozent der Krankenhausmitarbeiter und 50 bis 60 Prozent der Ärzte lassen sich impfen.
Allgemeines Misstrauen
Dass die Impfmüdigkeit bei vielen Menschen so ausgeprägt ist, führt Gernot Habich auf mehrere Faktoren zurück. Seiner Ansicht nach gebe es ein allgemeines Misstrauen, dass eine Impfung gar nichts bewirke. Eine schwache medizinische Informationslage führe dazu, dass die Impffreudigkeit nicht besonders hoch sei. Das Robert-Koch-Institut liefere diesbezüglich Referenzen. Es habe 20 Punkte aufgelistet, die beschreiben, warum Menschen vor einer Schutzimpfung zurückschrecken. Mit Ausreden kaschieren sie ihre Ängste. Negative Vorfälle aus den 1960er Jahren würden hierbei vermengt mit anthroposophischen Gesichtspunkten.
Leider sei es so, dass wir in Deutschland kein umfassendes öffentliches Gesundheitswesen haben wie es in anderen Ländern existiere, fährt Habich fort. Gesundheitserziehung müsse bereits in den Kindergärten beginnen und in den Schulen fortgesetzt werden. Elternabende sollten genutzt werden, um Ärzten die Möglichkeit zu geben, eine Viertelstunde über faktische Nutzen und Gefahren von Impfungen zu sprechen.
Gesundheitspädagogik ist nötig
Durch derartige Aufklärung könne die Impfmüdigkeit am besten behoben werden. "Man muss eine Gesundheitspädagogik ins Land holen", sagt Habich. Wenn die Grundlagen da sind, gelte es nachzuarbeiten und den Faden fortzuspinnen. Ein solches TV-Format, wie es einst die für korrektes Verhalten im Straßenverkehr werbende Fernsehsendung "Der Siebte Sinn" gewesen ist, wäre auch in Sachen Schutzimpfung empfehlenswert.
Die angewandten Sechsfach-Impfungen für Säuglinge und Kleinkinder, die Standard sind, hält Gernot Habich für absolut wichtig. Auffrischungsimpfungen seien in Abstimmung mit dem Kinder- oder Hausarzt vorzunehmen. Ab einem Lebensalter von 60 Jahren sollte jeder eine Influenza-Schutzimpfung empfangen - allein schon deshalb, weil eine Grippe jemanden in diesem Alter durch auftretende Begleiterkrankungen schwerer treffe als jüngere Menschen.
Die Masernimpfung sei ab 20. März ohnehin für Kinder in Kitas gesetzlich vorgeschrieben. Mitarbeiter von Kitas und Schulen müssten ab diesem Zeitpunkt nachweisen, dass sie geimpft sind. Die Impfung gegen Masern dürfe jeder Arzt vornehmen.