Eine herausragende Förderung von 90 Prozent der Projektkosten erhält die Stadt Weismain für die Generalsanierung und Erweiterung ihres Rathauses.
Die zugesagte Bundesförderung im Rahmen der Städtebauförderung entspricht rund 5,3 Millionen Euro. Dies ist wohl die höchste Summe, die jemals im Landkreis Lichtenfels gewährt wurde. Von den auf knapp sechs Millionen Euro geschätzten Gesamtkosten wird die Kommune selbst demnach nur einen Eigenanteil von zehn Prozent - 590 000 Euro - tragen müssen. Der übliche Fördersatz von zwei Dritteln wurde noch erhöht, weil das Jurastädtchen hoch verschuldet ist. Bei einer Haushaltsnotlage, die hier bescheinigt wurde, finanziert der Bund dann 90 Prozent. Das Weismainer Rathaus wurde nach entsprechender Bewerbung durch die Stadt von einer Expertenjury in den Reigen der "Nationalen Projekte des Städtebaus" aufgenommen. Im Rahmen der längst fälligen Generalsanierung soll es zu einem Bürger- und Kulturhaus erweitert werden. Bürgermeister Udo Dauer (CSU) und Emmi Zeulner (MdB/CSU) informierten am Freitagmittag die Öffentlichkeit. Die Bundestagsabgeordnete ist eines der Parlamentsmitglieder, die dem entscheidenden Gremium angehören, das dem Bundesbauministerium angegliedert ist. Sie hatte sich für die Auswahl Weismains stark gemacht. "Auch im ländlichen Raum liegen solche Schätze", die es verdient hätten, zu einem Leuchtturmprojekt zu werden, betonte sie bei der Bekanntgabe. Erinnert wurde daran, dass die wohlhabende Händler-Familie Neydecker, für die das Gebäude 1543 errichtet wurde, Verbindungen in Adelskreise sowie nach Rom pflegte. 1651 erwarb Mauritius Knauer, Abt von Kloster Langheim und ein großer Sohn Weismains, das Haus. Er ist als Verfasser des Hundertjährigen Kalenders weithin bekannt. Seit 1765 dient das markante Gebäude mit den zwei Obergeschossen und vier Dachböden als Rathaus. Das Rathaus sei schon jetzt sehr stark ins kulturelle Leben der Stadt eingebunden, betonte Bürgermeister Dauer, vor allem der Keller werde für Veranstaltungen genutzt. Dieser Stellenwert soll mit dem Projekt noch gesteigert und am Marktplatz 19 der Mittelpunkt des städtischen, kulturellen und touristischen Lebens geschaffen werden. Einhergehen wird dies mit der Schaffung eines barrierefreien Zugangs durch einen Aufzug sowie unter Berücksichtigung von Vorgaben des Denkmalschutzes und des Brandschutzes. Das Nachbargebäude, von der Stadt bereits erworben, kann einbezogen werden; die Apotheke soll darin bleiben.
Die Aufnahme in das Förderprogramm bietet Weismain ungeahnte Möglichkeiten. Bürgermeister Udo Dauer gestand ein, dass er an dem drängenden Problem Rathaussanierung fast verzweifelt sei, weil sich einfach keine Lösung auftun wollte. Das Thema hatte er mit Amtsantritt übernommen, denn eigentlich zeigt sich die Notwendigkeit seit Jahrzehnten. "Schon immer", sagt auch Kämmerin Carmen Bezold, die auf 25 Dienstjahre bei der Stadt zurückblicken kann und nicht mehr so wirklich daran geglaubt hat, es als Mitarbeiterin hier noch zu erleben, dass eine Generalsanierung angepackt wird. Von modernen Büros und zeitgemäßen Toiletten konnten die Beschäftigten im Rathaus nur träumen. Es zieht zu den Fenstern herein, so die Schilderung, im Winter sei mancher Raum gar nicht warm zu bekommen, und die Elektroinstallation ist auch am Limit. Kurz vor der Pressekonferenz weihte der Bürgermeister sein Team in die gute Nachricht ein.
Die Grundlagenermittlung im Haus war vor einigen Monaten mit dem Öffnen von Wänden und Decken an einigen Stellen begonnen worden. Hierfür waren das Landesamt für Denkmalpflege und die Oberfrankenstiftung eingetreten. Doch hätte es sein können, dass die Erkenntnisse länger in der Schublade liegen bleiben müssen. Aufgrund der angespannten Haushaltslage wäre der 4800-Einwohner-Ort nicht in der Lage, eine Aufgabe dieser Größenordnung zu bewältigen. Die Verschuldung geht auf Altlasten zurück. Bau und Unterhalt des über die große Fläche am Jura ausgedehnten Wasser-und Kanalnetzes haben Weismains Möglichkeiten überfordert. Die letzte Rathaussanierung war 1971. An vielen Stellen zeigt sich der Aufschub - im Fasching immer wieder Thema, wenn Till alias Franz Besold das Stadtgeschehen närrisch beleuchtete. Jetzt aber wird es ernst. Die Weismainer sind aufgerufen, an einer attraktiven Innenstadt mitzuwirken, wie der Udo Dauer betont. Für das Rathaus gilt es, einen Architekten auszuwählen, bis 2023 wird die Fertigstellung angestrebt.
Als der Bürgermeister mit Medienvertretern vors Portal tritt, merken auch die Schüler, die gerade aus dem Bus ausgestiegen sind, dass etwas nicht Alltägliches im Gange ist. Einer stellt die bezeichnende Frage: "Wird das Rathaus jetzt abgerissen?" - Ganz im Gegenteil.
140 Millionen Euro für innovative Vorhaben der Stadtentwicklung
Das Bundesinnenministerium gab am Freitag Folgendes zu den Nationalen Projekten des Städtebaus 2018/19 bekannt:
Der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Horst Seehofer, hat heute 35 neue "Nationale Projekte des Städtebaus 2018/19" vorgestellt, die mit insgesamt rund 140 Millionen Euro vom Bund gefördert werden. Städte und Gemeinden aus ganz Deutschland hatten sich mit 118 Projekten beworben. Zu den geförderten Projekten gehören zukunftsweisende Vorhaben im Bereich der Stadtentwicklung.
Bundesinnenminister Horst Seehofer: ""Egal ob mit der Entwicklung eines Stadtquartiers oder der Umgestaltung eines öffentlichen Platzes - mit vielen interessanten Projekten zeigen die Städte und Gemeinden auf, wie Herausforderungen in der Stadtentwicklung auf innovative Weise gelöst werden können. Wir unterstützen sie dabei und setzen damit wichtige Impulse im Städtebau, die sowohl für Metropolen als auch für strukturschwache Regionen Vorbildcharakter haben.""