Der 37-jährige Afghane wurde wegen wegen vorsätzlicher und gefährlicher Körperverletzung verurteilt.
In dem Prozess um gefährliche Körperverletzung und versuchtem Totschlag erging am gestrigen zweiten Verhandlungstag im Landgericht ein Urteil gegen einen Asylbewerber aus dem östlichen Landkreis. Drei Jahre Haft wegen vorsätzlicher sowie gefährlicher Körperverletzung nebst Sachbeschädigung erhielt der 37-jährige Afghane. Von einer Tötungsabsicht nahm das Gericht Abstand.
Es waren zwei lange Prozesstage, die sich das Gericht Zeit nahm, um die Geschehnisse des 19. Oktober 2016 einzuordnen. Allein die Urteilsfindung sollte knapp drei Stunden in Anspruch nehmen. Am Ende entwarf die Kammer unter Vorsitz von Richter Christoph Gillot so etwas wie einen Stundenplan im Ausschlussverfahren. Was übrig blieb, waren wahrscheinliche Handlungsabläufe zu einem Eifersuchtsdrama, bei dem Messer eingesetzt wurden.
Im vergangenen Oktober kam es zwischen dem Angeschuldigten und einem sechs Jahre jüngeren Landsmann zur tätlichen Auseinandersetzung, in deren Verlauf auch die Ehefrau gewürgt wurde. Auf der Suche nach seiner Frau betrat der Ehemann die Stube des Landsmannes und fand dort seine Frau vor. Dabei gab er vor Gericht an, dass es zu eindeutigen sexuellen Handlungen gekommen sei. In Rage geraten, hielt er irgendwann ein Messer in der Hand und unternahm eindeutig Stich- oder Schneidbewegungen in Richtung des jüngeren Mannes.
Schnittwunden beim Opfer
Dass dem sehr wahrscheinlich so war, dafür sprach sich am gestrigen Verhandlungstag auch eine Rechtsmedizinerin aus, die am Opfer Schnittwunden ausmachte, die zu einem derartigen Vorgehen passen. Für Oberstaatsanwalt Michael Dippold ergab sich "nach der Beweisaufnahme ein schlüssiges Bild". Er gab zu bedenken, dass genügend Zeugen gesehen hätten, wie der Afghane mit einem Messer in der Hand die Tür der Stube eintrat, in der sich der 31-Jährige aufhielt. Wenn der Mann also Zeit hatte, ein Messer zu besorgen, dann konnte er nicht im Affekt gehandelt haben, sondern geplant. Dass sich der Mann in dieser Situation in Rage befand, mitunter seinen eigenen Kopf gegen die Wand geschlagen haben soll, wertete Dippold als "übertriebene Theatralik", wie sie in südlichen Ländern nicht selten sei.
Besonders Rechtsanwältin Renate Taubert hielt nicht viel von den Ansichten Dippolds. In ihren Augen wies der Prozess bisweilen gar "kafkaeske Züge" auf. Vor allem bemängelte sie die Glaubwürdigkeit mancher Zeugen, insbesondere die der Ehefrau. Die habe sich in den jüngeren Mann verliebt und nun "keine andere Wahl mehr gehabt, als ihren Ehemann als verrückt und gewalttätig darzustellen", so die Anwältin. Hintergrund ihrer Überlegung: Die Frau befürchte wohl auch in Deutschland nach Gesetzen der Scharia Konsequenzen für ihren Ehebruch tragen zu müssen. Vor Gericht allerdings hielt sich die Ehefrau bedeckter als bei der polizeilichen Vernehmung und schwieg. Wie sich der Tathergang zutrug, musste bei den Zeugenaussagen mitunter zwischen den Zeilen gelesen werden. Immer wieder kam es zu Berichtigungen, einmal beharkten sich die Zeugen auf dem Flur und gleichfalls am ersten Verhandlungstag mutmaßte Taubert indizienreich, dass eine Zeugin nicht Freundin, sondern Schwester der Ehefrau sei.
Da es auch Zeugenaussagen gab, wonach der Angeklagte in seiner Rage vom Opfer abließ, um mit seiner Frau zu sprechen, hernach, um ihm nicht weiter zuzusetzen, auch von einem Mann festgehalten wurde, ging das Gericht von den für den Ehemann günstigen Versionen aus, wonach eine Tötungsabsicht nicht mehr gegeben gewesen sei. Auch hielt es ihm zugute, dass sein Würgen in der Ausführung nur abstrakt lebensgefährlich gewesen sein mochte.