Der 73-Jährige war viel Jahre die menschliche Sirene der Freiwilligen Feuerwehr Weidnitz. Am Wochenende wurde das 125-jährige Bestehen gefeiert. In dem Burgkunstadter Ortsteile gibt es keine Nachwuchsprobleme.
Kurt Groß, Jahrgang 1938, bekleidete bei der Weidnitzer Wehr ein Amt, das es in dieser Form heute nicht mehr gibt. Als die Feuerwehr vor 125 Jahren gegründet wurde, gab es weder Sirenen und schon gar keine Handy-Alarmierung: Hornisten bliesen zum Alarm, wenn der Einsatz der freiwilligen Wehr gefragt war. "Wenn Alarm war, dann war es der Hornist, der als erstes durch das Dorf gelaufen ist und die Kameraden alarmierte", erinnert sich Kurt Groß.
Das Signalhorn hatte er von seinem Vater übernommen, der vor ihm das wichtige Amt inne hatte. "Wenn du zur Feuerwehr musst, dann wirst du Hornist", sagte der Vater damals zu dem 16-Jährigen. Um die Kameraden zu informieren, gab es zwei unterschiedliche Signale. Eines, wenn zu einer Übung gerufen wurde, das andere war ausschließlich dem Ernstfall vorbehalten. War der gegeben, dann "hab ich in jede Ecke des Dorfes geblasen", berichtet der Weidnitzer. Als Hornist musste er nicht nur die Straßen des Dorfes ablaufen, sein Signal ertönte auch laut und deutlich vernehmbar in Richtung Burgkunstadt auf der einen und Neuses auf der anderen Seite. Der Hornist war also einer der ersten, dem ein Brandfall gemeldet wurde. Dann musste es allerdings sehr schnell gehen.
"Einmal bin ich sogar im Schlafanzug durch das Dorf gelaufen", schmunzelt Kurt Groß. Das war damals, als es in der Trebitzmühle gebrannt hat. Ein Feuer, das den vollen Einsatz der Feuerwehrleute forderte. Kurt Groß hat sich damals fast die Lungen aus dem Leib geblasen. Zu erschöpft war er, um anschließend noch beim Brandeinsatz dabei zu sein. Ein anderes Mal hat man ihn sogar vom Tanzboden in Neuses geholt.
Blick in die Chronik Dass Weidnitz in der Vergangenheit nicht von großen Bränden verschont blieb, das zeigt ein Blick in die Chronik der Feuerwehr. 1926 brannten im Umfeld des heutigen Widencer Platzes drei Anwesen. Zwölf Jahre später wütete ein weiterer Großbrand, der drei Häuser in Mitleidenschaft zog. In den 1970er Jahren ging mit der Einführung der Sirenen auch in Weidnitz die lange Tradition der Feuerwehr-Hornisten zu Ende.
Doch auch sonst hat sich in den vergangenen 125 Jahren viel getan. Holzleitern, Eimerketten und die handbetriebene Wasserspritze gehörte in der 50er Jahren endgültig der Vergangenheit an, als die erste Motorspritze bestellt werden konnte. Und militärischen Drill gibt es heute auch nicht mehr. "Früher mussten sogar die Messingknöpfe an den Uniformen extra poliert werden", weiß Michael Boxdorfer zu berichten, der beim Festkommers am Samstagabend für seine 60-jährige Mitgliedschaft in der Weidnitzer Wehr gewürdigt wurde. Was allerdings die vielen Jahrzehnte überdauert hat, ist die Treue zur Weidnitzer Wehr. So wie Kurt Groß in die Fußstapfen des Vaters trat, hat es auch Vorsitzender Jürgen Scheibel getan. "Die Schulkameraden sind zur Feuerwehr und auch der Vater war dabei", erzählt er. Bei Jan Petersen ist es ähnlich, bei ihm ist die ganze Familie aktiv in der Feuerwehr engagiert. "Es macht einfach Spaß bei der Feuerwehr zu sein", sagt der 16-Jährige.
Seit der Jahrtausendwende können im Landkreis Lichtenfels viele Feuerwehren dreistellige Jubiläen feiern. Auch die Freiwillige Feuerwehr Weidnitz blickt auf ihr 125-jähriges Bestehen zurück, das am Pfingstwochenende mit einem Fest für die gesamte Bevölkerung gefeiert wurde.
Keine Nachwuchsprobleme Nachwuchsprobleme hat die Feuerwehr im Jubiläumsjahr keine. Dennoch ist heute nicht mehr aus jedem Haus automatisch eine Person beim Brandschutz. "Wenn in der Familie keine Verbindung zur Feuerwehr besteht, dann ist es schwierig jemand zur Feuerwehr zu bewegen", weiß der Vorsitzende zu berichten. Stand vor 125 Jahren vorwiegend die Brandbekämpfung im Vordergrund, sind es im 21. Jahrhundert vor allem technische Hilfeleistungen und Sicherungsmaßnahmen.
Am Jubiläumswochenende hatten die Männer der Wehr einen doppelten Grund zur Freude. Denn mitten im Zeltaufbau traf völlig überraschend die neue Tragkraftspritze ein. Sie ersetzt die nicht mehr funktionstüchtige TS8/8-Pumpe, die vor 15 Jahren - zum 110-Jährigen - angeschafft wurde.
Viel Beachtung fand auch die Schauübung am Samstagnachmittag, bei der die Stützpunktfeuerwehr Burgkunstadt eine Brandbekämpfung mit Personenrettung nachstellte.
Ob er noch einmal der Feuerwehr beitreten würde, wird Kurt Groß gefragt. Mit Blick auf die Schwindel erregende Höhe, in der die Burgkunstadter Wehr einen vermeintlichen Brand aus der weit ausgefahren Drehleiter löscht, schüttelt der Senior den Kopf. "Das wäre mir zu wackelig", sagt er.