Rund 600 Zuschauer hatten sich für das Spiel der deutschen Nationalmannschaft auf dem Marktplatz versammelt. Von Stimmung war jedoch wenig zu spüren.
3:0, 4:0, 4:1, 5:0 - waren die am Sonntag kurz vor dem Auftaktspiel der DFB-Elf gegen Mexiko prognostizierten Endergebnisse Resultat von Optimismus oder Ignoranz? Am Ende lag eine gewisse Ratlosigkeit über dem Platz mit den rund 600 Public Viewern. Der Einstand war nicht feierlaunig.
Irgendwie ging es gesittet zu: kaum Publikum außerhalb der Sitzbankreihen und somit ein eher geordneter Andrang also, Sitzenbleiber beim Abspielen der Hymne gab es auch. War dies schon Gebaren eines satten Weltmeister-Publikums oder lag es daran, dass Public Viewing und Weinfest für zwei Stunden eine Schnittmenge ergeben mussten? Denn irgendwie mochte sich der Eindruck vermitteln, die Menschenmenge, die hier zusammen kam, tat es eher aus abgefederter Feier- denn aus hoffender Mitfieberlaune.
Der Bürgermeister tippte auf 3:0
Doch es begann gut und optimistisch. Erster Bürgermeister Andreas Hügerich betrat vor dem Spiel die Bühne und begab sich mit Moderator Frank Ziegler in den Plausch rund um Fußball. Man zeigte sich optimistisch und Hügerichs Tipp: 3:0 für Deutschland. Einen gleichen Tipp gab - nicht auf der Bühne - auch Citymanager Steffen Hofmann ab. Nach einer Halbzeit sollten zumindest diese beiden Prognosen hinfällig sein, denn das 0:1 ernüchterte. Doch so etwas wie ein lautstarkes gemeinsames Raunen, ein gänsehautmachendes Uuuuh und Aaaaah sollte sich erst in der 32. Minute einstellen.
Zwar zeigte sich schon vorher ein gewisser Unmut über die Behäbigkeit der deutschen Mannschaft, aber wirklich vernehmlich wurde das Publikum erst bei dem Tor durch Mexiko. Dann ging es bald in die Pause und Andreas Hügerich gestand ein: "Mit sowas hätte ich nicht gerechnet (...). In der Defensive waren wir hau, hau, hau." Frank Ziegler forderte das Publikum für die nächsten 45 Minuten zum Jubeln auf, erntete aber eher Schweigen.
Einer, der das Spiel bei Belieben gleich auf mehreren Monitoren sehen konnte, war Christian Kraus. Auch er im deutschen Trikot gewandet, allerdings mit Sonderaufgabe: Ihm oblag die Übertragungstechnik und so hatte er in der Holzhütte neben der Großleinwand einen Monitor für die Werbeeinspieler heimischer Firmen, einen Kontrollmonitor und einen Monitor zur Steuerung der riesigen LED-Leinwand. Am Spiel steuern konnte er auch nichts.
Resignation und Ratlosigkeit
Einmal, in der 71. Minute, war aber auch er gefordert. "Da der Receiver über einen längeren Zeitraum nicht bedient wurde, schaltet er sich in Kürze ab. Drücken Sie eine Taste, um diesen Vorgang abzubrechen", leuchtete auf der LED-Wand auf. Also hatte Kraus eine Taste zu drücken. Doch jetzt, um diese Zeit, sollte sich ein verstärktes Leiden des Publikums bemerkbar machen, jetzt nämlich drückte auch die deutsche Mannschaft. Ein ums andere Mal erweckte sie Hoffnung, ein ums andere Mal aber fiel man in die Enttäuschung zurück.
Von der 80. bis zur 94. Minute ein vereinzeltes Haareraufen, eine Mischung auf Resignation, leisem Hoffen und Ratlosigkeit. Irgendwie schienen die Leistungen auf dem Feld der Einstellung vor der Leinwand nicht unähnlich. Nach Spielabpfiff sank Kenny Müller (14) in sich zusammen. In einem Pulk von Jugendlichen, die oft auf ihre Handys schauten und sich scherzhaft mit Klatschpappen droschen, schien er der Geknickteste zu sein. "Es war sehr enttäuschend, schon frustrierend, habe ein 2:0 erwartet", erklärt er.
Optimismus dagegen bei Heiko Rübensaal. "3:1 gegen Schweden", sagt der Mann. Denn: "Die letzten zehn Minuten hat man ja gesehen, was sie können, wenn sie wollen." Zum nächsten Spiel gegen Schweden will man wieder hier sein, dann wird man wieder ein echtes Mitfiebern erleben - und vielleicht beginnt die WM samt Flair auch in
Lichtenfels einfach eine Woche später.