Ein kurioser Fall beschäftigt die Gemeinde Untersteinach. Das stolze Wappentier hoch über der neuen Umgehung ist verschwunden - eine Spurensuche.
Diese Vermisstenanzeige beschäftigt nicht nur ganz Untersteinach, sondern auch viele Menschen weit über die Gemeindegrenze hinaus. Zum Beispiel alle, die ihr täglicher Weg zur Arbeit über die Ortsumgehung Untersteinach führt. Denn von dort ist er spurlos verschwunden: der Greif, den die Gemeinde Untersteinach zur Einweihung der Umfahrung vom Staatlichen Bauamt Bayreuth geschenkt bekommen hat. Erhaben hatte er auf einem Podest auf dem Lärmschutzwall hoch über der Fahrbahn gethront. Das metallene Fabelwesen, übrigens der Wappenvogel der Gemeinde, war ein Dankeschön für die Geduld der Anwohner und der Kommune während der mehrjährigen Bauphase und sollte durch seine Präsenz die Verkehrsteilnehmer zur nötigen Wachsamkeit auf der Straße ermahnen.
Mysteriöses Verschwinden
Nun ist der Greif ausgeflogen, und sein mysteriöses Verschwinden gibt Rätsel auf, denn keiner weiß, was mit ihm passiert ist. Aufgefallen ist seine Abwesenheit am vergangenen Mittwoch. Am Morgen soll er angeblich noch auf seinem angestammten Platz gesehen worden sein, wird erzählt. Doch bereits am Nachmittag war er weg. Ein Zeuge dafür ist kein geringerer als der Stadtsteinacher Polizeichef Georg Löffler, der ebenfalls jeden Tag auf dem Weg zur Dienststelle an dem Greif vorbeikommt, "und ich schaue eigentlich immer hin". Als er am Mittwochnachmittag zu einem Termin nach Kulmbach gefahren sei, habe er deshalb sofort gesehen, dass die Figur fehlte.
Der Untersteinacher Bürgermeister Volker Schmiechen erfuhr ebenfalls am Mittwoch, gegen Abend, von einem Pendler, dass die Skulptur verschwunden ist. Er habe daraufhin bei allen möglichen Stellen wie Straßenbauamt und Landratsamt angerufen und nachgefragt, ob die Figur vielleicht aus irgendwelchen Gründen abmontiert worden sei, "aber keiner weiß, wo der Wappenvogel hingekommen ist".
Behörde weiß von nichts
Der Vermisstenfall hat auch Fritz Baumgärtel vom Staatlichen Bauamt Bayreuth beschäftigt, bei dem diesbezüglich immer wieder telefonische Nachfragen aufgeschlagen sind. Er hat sich daraufhin in seiner Behörde umgehört, ob eine Demontage für bestimmte Arbeiten nötig war. "Das ist nicht der Fall. Es ist wohl tatsächlich so, dass vielleicht ein ,Liebhaber' den Greif abmontiert hat. Wir wissen auf jeden Fall nicht, was mit ihm passiert ist", so Baumgärtel, der vielmehr damit gerechnet hätte, dass das Tier Vandalismus zum Opfer fällt, aber nicht gleich ganz verschwindet.
Das Bauamt hat die Figur, die eigentlich eine Blechtafel in Rostoptik ist, bei einem Laserschneider anfertigen lassen. Die 1,60 Meter große und 12 Millimeter starke Skulptur hat einen Wert von circa 400 Euro. Wie schwer der Metall-Greif genau ist, konnte Fritz Baumgärtel nicht sagen. Nur so viel: "Man konnte ihn auf jeden Fall zu zweit tragen." Er bedauere das Verschwinden, denn die Figur war an ihrem Platz "einfach passend" und sei bei den Untersteinachern sehr beliebt gewesen.
Anzeige erstattet
Als rechtmäßige Besitzerin des Kunstwerks nimmt sich nun die Gemeinde Untersteinach der Angelegenheit an. Volker Schmiechen hat von Anfang an betont: "Wenn klar ist, dass der Greif geklaut wurde, werden wir selbstverständlich Anzeige erstatten." Am Montagnachmittag hat der Bürgermeister auf der Polizeiinspektion Stadtsteinach Nägel mit Köpfen gemacht.
Die Ermittlungen von Georg Löffler und seinen Beamten gehen nun in alle Richtungen. "Das kann vom Alteisendiebstahl bis zum berechtigten Entfernen durch jemanden, der bislang vielleicht aufgrund freier Tage nicht Bescheid sagen konnte, alles sein." Bereits am Sonntag haben Polizisten den "Tatort" auf dem Lärmschutzwall in Augenschein genommen und sich ein Bild von der Spurenlage gemacht. Zu den Erkenntnissen wollte Löffler mit dem Hinweis auf Täterwissen nichts Genaueres sagen.
Wie soll denn ein ‘Greif‘ ins Untersteinacher Wappen gekommen sein?
Da kann man ja echt von Glück reden, dass der geklaute ‘Gmaa-Göögä‘ nur aus einem einfachem 1,60 Meter großen, 12 Millimeter starken Standard-Stahlblech in ‘Rost-Optik‘ mit einem Wert von circa 400 Euro bestand und nicht aus “Bronze“, wie Bgm. Volker Schmiechen (SPD) vor einem Jahr „sich über ein Geschenk des Staatlichen Bauamts Bayreuth freute: eine Bronzefigur in Form eines Greifs, des Wappenvogels der Gemeinde.“
Und immer munter weiter wird das märchenhafte Narrativ vom ‘Greif‘ als Figur aus dem Gemeindewappen gedroschen, da doch nach Angaben auf der einschlägigen Homepage „das neue [- vom 2. März 1983 -] Untersteinacher Gemeindewappen in vereinfachter Gestaltung das Wappen der Herren von Varell übernimmt, die für die Geschichte des Ortes von großer Bedeutung waren.“
Aber ‘das Wappen der Herren von Varell‘ zeigt halt nun einmal keinen ‘Greif‘, sondern schlichtweg einen ‘Drachen‘, wie die Bayerische Rundschau selbst ja am 18. Juli 2000 aus der ‘Original-Wappenbeschreibung‘ in dem am 24. Oktober 1599 von Kaiser Rudolph II. an Hilderich von Varell verliehenen erblichen Adelsdiplom zitiert:
„… erscheint ein geflügelter Drach mit über sich gerecktem Halß, aufgesperrten Rachen und ausgeschlagner rotten Zunge und dann in dem hintern obern Thail der Quartierung erscheint ein nackender Mann mit langen Braunen Har und Bart, in beider Händen unter sich gegen den Drach zum Stich halttendt ein langer Spieß mit einem Widerhaggen ...“
… ⇒ ergo kein Hinweis und keinerlei Spur von einem ‘Greif‘ im Varell’schen Familienwappen!
… aber die Untersteinacher Honoratioren bilden sich halt eben ein, dass sie sich mit so einem Idol freilich eben leichter schmücken können als mit einem hässlichen und gemeinen Drachen, (… wo die doch zweibeinig in Undäschdaanich noch längst nicht ausgestorben sind!)