Wo die Stanicher einst badeten

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Beliebter Treffpunkt im Sommer: das Lohmühlbad am Stadsteinacher Sportheim. Reproduktionen: Siegfried Sesselmann
Beliebter Treffpunkt im Sommer: das Lohmühlbad am Stadsteinacher Sportheim. Reproduktionen: Siegfried Sesselmann
Viel Spaß im kühlen Nass. Im Hintergrund der Zaun, der das Bad umgab.
Viel Spaß im kühlen Nass. Im Hintergrund der Zaun, der das Bad umgab.
 
 
Das Wehr oberhalb der Papierfabrik wurde gerne von den Arbeitern benutzt.
Das Wehr oberhalb der Papierfabrik wurde gerne von den Arbeitern benutzt.
 
 
 

Schon vor über 100 Jahren gab es in Stadtsteinach Pläne für ein Freibad. Das Lohmühlbad war sehr beliebt, durfte aber offiziell nicht benutzt werden - der Papierfabrik wegen.

Jetzt geht sie los, die Badesaison - und überall aus der Umgebung um Stadtsteinach strömen die Badelustigen, Sonnenanbeter und Sport schwimmer in ihr Freibad, das heuer sein 40-jähriges Bestehen feiert. Als am 1. Juni 1974 die Einweihung erfolgte, ging für die Stadtsteinacher ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung. Der Weg dahin dauerte lange, er begann schon 100 Jahre zuvor.

Eine ortspolizeiliche Vorschrift vom 28. Juli 1871 regelte, dass als Badeplatz im Freien nur der sogenannte "grüne Tümpel" in der Steinach unterhalb der Hammermühle verwendet werden darf. Diese Stelle, etwa 500 Meter nach der Marter am Ortsende Richtung Kläranlage gleich nach der Brücke, wurde auch tatsächlich bis in die Zeit des Baues des Freibades und danach noch genutzt.

Schon um 1890 erkannte man in Stadtsteinach die Wichtigkeit des aufkommenden Fremdenverkehrs als mögliches Wachstumspotential für die Stadt.
Zu dessen Förderung bildete sich 1889 ein Verschönerungsverein, 1891 wurde eine Badeanstalt gegründet, 1895 gesellte sich ein Kneipp-Verein und im selben Jahr eine Baumschule dazu.

So existierten also eine Badeanstalt bei der Schirmer´schen Lohmühle am Mühlbach, heute Lohmühlweg Nummer 6, und ein selbstständiger Badeverein. Der damalige Besitzer Ägidius Schirmer (1863 - 1936) war Rotgerber, der in Eichenblätterlohe Rinderleder gerbte. Er gestattete die Existenz einer Badeanstalt, die mit einem Bretterzaun versehen war, kurz nach seiner Mühle, idyllisch nahe dem Mühlenrad in unmittelbarer Nähe zum heutigen Sportheim.

1922 übernommen

Im Jahre 1922 trat der Badeverein mit seinem Vorstand Zeitler an die Stadtverwaltung heran: Diese möge das Areal als städtisches Bad weiter betreiben und die laufenden Kosten des Unterhalts tragen. Im Gegenzug erhält die Stadt die Eintrittsgelder. Die Stadt nahm dieses Angebot an. Stadtsteinach hatte nun ein städtisches Bad. So musste die neue Besitzerin 1925 endlich einen Abort errichten.

Aber schon im Jahre 1927 musste der Badeverein mit der Bitte an die Stadt treten, "eine ortspolizeiliche Vorschrift zu erlassen, die das Baden von Kindern und Hüten von Gänsen oberhalb der Deinhardsmühle bis zur Lohmühle verbietet". Momentan erscheint diese Bitte unverständlich, doch die Argumente überzeugen. Kinder und Gänse verursachen einen "Missstand", der zu verhindern wäre. In den Stauwehren der beiden Mühlen sollen sich "große Massen von Papierschlamm" aus der Papierfabrik, die im idyllischen Steinachtal seit 1867 Papier herstellte, angesammelt haben und ganz ruhig auf dem Grunde des Mühlbaches liegen. Durch lebhafte Bewegungen muss somit der Bach als Sumpf bezeichnet werden. "Beim Bade werden empfindliche Naturen daran Anstoß nehmen, wenn es gesundheitsschädlich ist".

Die Antwort erfolgte rasch und deutlich. Sie verweigerte die Einlassung und verwies auf eine ortspolizeiliche Vorschrift aus dem Jahre 1901, "dass es verboten ist, an anderem als den von der Ortspolizeibehörde bezeichneten Plätzen zu baden - und das ist der grüne Tümpel".

Das Dilemma

Nun hatte Stadtsteinach also behördlich eine Badeanstalt, in der das Baden eigentlich nicht gestattet war. Jedoch versprach man, den Bachverunreinigungen der Papierfabrik "besonderes Augenmerk zuzuwenden". Damit wird das Dilemma Baden und Wasserqualität erstmals deutlich.

Doch ließen sich die 61 eingetragenen Mitglieder des Badevereins - allesamt angesehene Bürger - ihren Spaß bei der Badeanstalt nicht verbieten. In ihren Reihen befand sich die gesamte "Hautevolee" von Stadtsteinach - Geschäftsleute, Beamte des Bezirksamtes, Ärzte und Höhergestellte.

Auch die Volksschule benutzte dieses Lohmühlbad, je nach Witterung von "½ 10 bis ½ 11" unter Aufsicht einer Lehrkraft. Ansonsten war die Benutzung der Badeanstalt nur Mitgliedern des Badevereins gestattet. Damen durften von 9 bis 11 Uhr und nachmittags von 2 bis 4 Uhr baden, die Herren die übrigen Zeiten.
Im Jahre 1933 trat das Vorstandsgremium zurück, denn eine "durchgreifende Instandsetzung" stand im Raume. Die Stadtverwaltung schrieb nach Bayreuth, um eine Vergrößerung zu bewirken, jedoch war der Besitzer Christof Schmidt aus Bergleshof nicht bereit, Flächen dafür zu tauschen. Und so blieb das Bad wie es war; nur ein Kabinenneubau fand statt.

Natürlich war 1934 das Baden im Freien streng reglementiert. So war das öffentliche Nacktbaden verboten, Frauen mussten einen vollständigen Badeanzug tragen, bei Männern war eine Dreiecksbadehose untersagt. Badekleidung war in der Öffentlichkeit verboten, und jedes Verhalten, das in sittlicher Beziehung Ärgernis bereitet, war zu unterlassen.

Rugendorfer waren schneller

Da weitere Enteignungsversuche zwecks Vergrößerung und Neubau eines Schwimmbades bei der Lohmühle scheiterten, fasste man 1935 die Erbauung eines Volksbades oberhalb der Deinhardsmühle ins Auge. Man kaufte die dortigen Wiesen von Stefan Sesselmann aus Schwand, doch leider verschwand dieses Ansinnen bald, da die Abwasserproblematik der Papierfabrik immer wieder Bedenken verursachte. Die Nachbargemeinde Rugendorf war bezüglich Schwimmbad den Stadtsteinachern voraus. Am 21. Mai 1935 weihte man ein Schwimmbecken mit einem Sprungturm und einer Sommerhalle ein, in der an Sonntagen Erfrischungen aller Art abgegeben wurden. Bürgermeister Schabert lud die badelustige Bevölkerung aus Nah und Fern ein. Bei einer Tageskarte für zehn Reichspfennige war diese Einrichtung ein Publikumsmagnet. Auch in Mainleus weihte man 1935 das Fritz-Hornschuch-Bad ein.

Verantwortliche uneins

Währenddessen wurden sich in Stadtsteinach die Verantwortlichen nicht einig. Mit Gerede um Wasserqualität, Enteignung und Grundstückstausch ließen sie die Jahre der Planungen verrinnen - wie beim Kindergarten, beim Altenheim und leider bei vielem mehr wie zum Beispiel der Ansiedlung von weiteren Industriebetrieben.
Doch im Jahre 1937 ergriff eine neue Idee die Stadtverwaltung, anscheinend angespornt von den Rugendorfern. Ein neuer Platz, bei der Einmündung des Schindelbaches in die Zaubach an dem alten Weg von Stadtsteinach nach Höfles gelegen, sollte alle bisherigen Probleme lösen. Jedoch ließ der Zweite Weltkrieg auch dieses Vorhaben scheitern.

Als im Jahre 1946 mit dem Bau des Sportheimes begonnen wurde (ein Sportplatz bestand schon seit 1921), fasste man erneut den Plan, dahinter Richtung Lohmühle ein modernes Freibad zu bauen. Die Bewohner konnten für 50 Pfennige "Bausteine" mit der Skizze der Anlage kaufen, um damit zur Finanzierung beizutragen. Doch wieder kam die Wasserqualität der Steinach, verursacht von der Papierfabrik, ins Spiel. Man konnte keine dauerhafte Qualität garantieren. Und so wurde die ausgehobene Grube in den folgenden Jahren als Schuttablageplatz verwendet. Heute befindet sich der Ausweichsportplatz auf dem Gelände.

So blieben den badelustigen Stadtsteinachern nur noch der "grüne Tümpel" und das Wehr oberhalb der Papierfabrik. Über dreißig Jahre schaute man enttäuscht nach Rugendorf, Mainleus, Wirsberg oder Kulmbach. Viele fuhren mit dem Rad in die dortigen Bäder, bis endlich am 1. Juni 1974 das Freibad in Stadtsteinach eingeweiht wurde. Als im Jahre 1982 Solaranlagen installiert wurden, war dieses Freibad ein Vorzeigeprojekt - und ist es bis heute.