Wird bald das Wasser knapp?

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Trinkwasser ist ein kostbares Gut. Noch gibt es bei uns genug davon.
Trinkwasser in Wirsberg sollte derzeit abgekocht werden.
Trinkwasser ist ein kostbares Gut. Noch gibt es bei uns genug davon.
Foto: Patrick Pleul/zb/dpa
Mit solchen Pegeln werden am Weißen und am Roten Main, an der Schorgast und an der Steinach die Wasserstände gemessen. Unser Bild zeigt den Pegel am Roten Main bei Unterzettlitz.Foto: Katrin Geyer
Mit solchen Pegeln werden am Weißen und am Roten Main, an der Schorgast und an der Steinach die Wasserstände gemessen. Unser Bild zeigt den Pegel am Roten Main bei Unterzettlitz.Foto: Katrin Geyer
 

Auch in Oberfranken sinken die Grundwasserspiegel. Die Versorgung ist bislang aber noch gesichert.

Wenn in diesen Wochen in Andalusien die Orangenbäume blühen und einen betörenden Geruch verströmen, denkt kaum einer daran, dass es schnell vorbei sein könnte mit der weißen, duftenden Pracht: Die Grundwasserpegel sinken; bald wird mancher Betreiber seine Obstplantage nicht mehr bewässern können.

Andalusien ist weit weg. Wassermangel? Bei uns kein Thema, sollte man meinen.

Aber: In jüngster Vergangenheit war am Rhein mehrfach die Schifffahrt nahezu zum Erliegen gekommen, weil in den Fahrrinnen nicht mehr genug Wasser stand. Vor wenigen Jahren fiel zum ersten Mal die Pegnitzquelle trocken, das Wasser war einfach weg. Und als die Bayerische Rundschau vor der Kommunalwahl im vergangenen Jahr in mehreren Orten im Landkreis zur Podiumsdiskussion geladen hatte, kam immer wieder ein Thema zur Sprache: Die Quellen laufen nicht mehr so recht, die Versorgung mit Trinkwasser und Löschwasser ist in Gefahr.

Wassermangel? Durchaus auch ein Thema bei uns!

Wir haben bei Experten nach Belegen gefragt. Die Zahlen, die der Deutsche Wetterdienst in seiner Messstation Vollhof in der Gemeinde Heinersreuth im Rotmaintal erhebt, sprechen eine deutliche Sprache: Seit 60 Jahren steigt die mittlere Lufttemperatur in der Region an. Langsam zwar, aber stetig. Die Sommer werden länger und wärmer. Zwischen 1955 und 1990 gab es nur wenig mehr als hundert Tage, an denen das Thermometer über 25 Grad kletterte; in den zurückliegenden 30 Jahren waren es rund dreimal so viele - davon wurde etwa ein Fünftel bereits im April und Mai registriert.

Zwar regnet es nicht signifikant weniger als vor drei oder vier Jahrzehnten. Aber die sogenannten Starkregen-Ereignisse häufen sich. Das heißt: In kürzerer Zeit fällt mehr Regen - der dann nicht im Boden versickert, sondern einfach abließt. Weil das so ist, sinken die Grundwasserstände - eine Tatsache, die man beim Wasserwirtschaftsamt Hof mit Sorge registriert. "Die vergangenen Trockenjahre insbesondere 2018 und 2019 haben uns gezeigt, dass auch bei uns mancherorts das Wasser knapp werden kann", so ein Sprecher der Behörde. "Der Klimawandel lässt in unserer Region längere Trockenperioden, heißere Jahre und infolgedessen weniger Wasser in unseren Gewässern und weniger Grundwasserneubildung erwarten."

Das Wasserwirtschaftsamt betreibt am Weißen und am Roten Main und an der Steinach etliche Pegel, deren Messungen Aufschluss geben über Hoch- und Niedrigwasser. Die Wasserstände schwanken im Verlauf eines Jahres: Nach dem Winter, wenn im Fichtelgebirge und im Frankenwald der Schnee schmilzt, steigt das Wasser. Im Herbst, nach langen, warmen Sommermonaten, sinkt es wieder.

Spitzen und Täler in der statistischen Kurve sind für die Experten also nichts Außergewöhnliches. Hochwasser und extremes Niedrigwasser kommen immer wieder vor. Was freilich auffällt: Die Niedrigwasser-Perioden häufen sich. 2015, 2018, 2019 am Weißen und am Roten Main, 2011, 2018, 2019 und - sehr deutlich - 2020 an der Schorgast, 2018, 2019 und 2020 an der Unteren Steinach."Bei allen Pegeln zeichnen sich die Trockenperioden im Sommer in den letzten Jahren ab", heißt es aus Hof.

Für die Natur bleibt das nicht ohne Folgen. Fließt in den Flüssen und Bächen weniger Wasser, wirken sich Verschmutzungen, zum Beispiel die Einleitung von Kläranlagen, gravierender aus. Höhere Schadstoffkonzentration in Verbindung mit einer höheren Wassertemperatur verschlechtert die Gewässerqualität und mindert die Lebensqualität für Tiere und Pflanzen.

Mindestens ebenso gravierend wie sinkende Wasserstände in Gewässern ist das Absinken des Grundwasserspiegels infolge mehrerer trockener Jahre in Folge.

Auch hier gibt es natürlich saisonale Schwankungen: Im Sommer, wenn die Pflanzen Wasser zum Wachsen brauchen und Wasser an der Erdoberfläche verdunstet, sinkt der Grundwasserstand. Im Winter, wenn Verdunstung und Pflanzenwachstum kaum eine Rolle spielen und Niederschläge versickern, wird Grundwasser neu gebildet.

Starkregenereignisse erweisen sich hier ebenfalls als Problem: Das Wasser fließt an der Oberfläche ab. Langanhaltender, leichter Regen, sogenannter Landregen, hingegen dringt in den Boden ein und ist ideal für die Grundwasserneubildung.

Grundwasser-Messstellen betreibt das Wasserwirtschaftsamt Hof in Melkendorf, in Schirradorf und im Limmersdorfer Forst, und was die Experten dort beobachten ist nach Auskunft des Amtes "eine bedenkliche Entwicklung": eine abnehmende Tendenz, viel deutlicher zu beobachten als an den Fließgewässern.

"Nicht mehr erholt"

Bedenklich vor allem angesichts der Tatsache, dass unser Trinkwasser vor allem aus Grundwasser gewonnen wird. Grundwasser, das sich dem Wasserwirtschaftsamt zufolge seit 2002 nicht mehr merklich aufgefüllt, sondern vielmehr 2003, 2014, 2015 und 2019 massiv dezimiert hat. "Seit 20 Jahren können sich unsere Grundwasserspiegel von den Trockenjahren nicht mehr erholen."

Ist unsere Wasserversorgung also in Gefahr? Werden wir künftig weniger großzügig Schwimmbecken füllen und Gärten gießen können? Und vor allem: Wird auch die nächste Generation noch über ausreichend Trinkwasser verfügen?

Diese Fragen haben wir Stephan Pröschold, dem Werkleiter der Kulmbacher Stadtwerke gestellt. Der beruhigt: Wasserknappheit sei in der Region vorläufig nicht zu befürchten.

Allerdings registriert man auch bei den Stadtwerken die Folgen des Klimawandels - und versucht, mit nachhaltigem Wirtschaften gegenzusteuern.

Zwei große Trinkwasser-Gewinnungsgebiete haben die Stadtwerke Kulmbach: zum einen das Quellgebiet im Perlenbachtal bei Marktschorgast, zum anderen die Brunnengalerie im Weißmaintal, erkennbar an den hügelförmigen Aufbauten entlang der Bahnlinie nach Untersteinach. Die Nutzung der Quellen erfolgt ohne Eingriff in die natürliche Schüttung durch Pumpen oder Ähnliches. "Die Natur gibt das, was sie hat", sagt der Werkleiter. Und das kann unter Umständen wenig sein. Ein vollständiges Austrocknen der Quellen sei zwar nicht zu befürchten. Aber die letzten drei Jahre mit geringen Niederschlägen hätten zu einer deutlich geringeren Trinkwassergewinnung im Perlenbachtal geführt.

Dem Klimawandel haben auch die Stadtwerke kaum etwas entgegenzusetzen. Immerhin: In Zusammenarbeit mit Stadtförsterin Carmen Hombach und ihrem Team wird versucht, im Quellgebiet einen gesunden Mischwald aufzubauen, der sich positiv auf den Niederschlagseintrag auswirken soll. Laubbäume lassen im Winter, wenn sie ihr Laub abgeworfen haben, mehr Niederschlag durch, und sie wurzeln tiefer als Nadelbäume und leiten deshalb das Wasser an den Wurzeln entlang in tiefere Bodenschichten, erläutert die Försterin.

Die Brunnengalerie im Weißmaintal besteht aus acht Tiefbrunnen, die ihr Wasser aus bis zu 180 Metern Tiefe entnehmen. "Ein Trockenfallen dieser Tiefbrunnen aus klimatischen Gründen ist äußerst unwahrscheinlich", so Pröschold.

Dennoch handeln die Stadtwerke hier nach dem Prinzip: Nicht mehr entnehmen, als neu gebildet wird. Wie Werkleiter Pröschold erläutert, ist für die Entnahme von Grundwasser eine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich. Dafür ist ein umfangreiches Mess- und Berechnungsprogramm durchzuführen. Dessen Grundlage: Nachhaltigkeit.

Theoretisch dürften die Stadtwerke aus der Brunnengalerie derzeit 2,18 Millionen Kubikmeter im Jahr entnehmen. Von diesem Wert ist man derzeit noch weit entfernt. Die Verbrauchsmenge nämlich ist im Stadtgebiet Kulmbach Pröschold zufolge in den letzten 25 Jahren von rund 3,2 Millionen Kubikmeter je Jahr auf 2,2 Millionen Kubikmeter zurückgegangen: Dass die Haushalte Wasser sparen und auch die Unternehmen in sparsamere Anlagen investiert haben, zahlt sich offenbar aus.

Zusätzlich beliefern die Stadtwerke noch die Fernwasserversorgung Oberfranken und die Gemeinde Marktschorgast mit Trinkwasser und geben 1 Million Kubikmeter Wasser im Jahr an die Fernwasserversorgung Oberfranken ab. "Durch unseren Wasserschatz wären wir auch in der Lage, weitere Gemeinden mit bestem Trinkwasser zu versorgen", sagt Pröschold.

Ausreichend Reserven

Ein Schatz ist es in der Tat, den die Stadtwerke da haben: In den 63 Quellen und zwölf Hebebrunnen im Quellgebiet Perlenbachtal werden jährlich je nach Niederschlagslage zwischen 1,7 und 2,2 Millionen Kubikmeter Wasser gefördert. Rechnet man hierzu noch das Wasser aus den Brunnen im Weißmaintal, wird deutlich, dass es ausreichend Reserven an Trinkwasser gibt.

Unterm Strich gewinnen die Stadtwerke derzeit etwa drei Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr. Bis zu 6 Millionen Kubikmeter wären möglich. "Es müssen also keine Engpässe in der Wasserversorgung befürchtet werden."

Und das ist dann doch, ungeachtet aller Sorge wegen des Klimawandels, eine gute Nachricht.