Um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen, sei es wichtig, genau abzuwägen, welche Handlungen sich selbst und dem Opfer Sicherheit bringen beziehungsweise welche Handlungen ein Risiko darstellen. Der Präventionsbeauftragte empfiehlt, aus der Distanz zu handeln und deeskalierend einzuwirken. Man solle mit dem Täter nicht diskutieren und ihm nicht drohen.
Zivilcourage lässt nach
"Wichtig ist auch, sich die Situation einzuprägen", sagt Kozuch. "Wie sieht die Person aus? Was hat sie an? In welche Richtung ist der Täter geflüchtet?" Es sei ein Manko der heutigen Gesellschaft, dass viele sich eher wegduckten, anstatt als Zeuge zur Verfügung zu stehen. Dabei seien Zeugenaussagen ein wichtiges Instrument der Polizeiarbeit.
"Auch die Zivilcourage scheint etwas zurückzugehen", stellt der Präventionsbeauftragte fest. Man denke immer mehr an sich selbst und weniger an die Allgemeinheit. Gleichzeitig nehme die Zahl der Gaffer zu. "Die Bereitschaft, beherzt einzugreifen, geht zurück, während im gleichen Maß die Neugierde größer wird. Dabei gehört es doch eigentlich zur Grundausstattung des Menschen, helfen zu wollen."
Wer in Notsituationen anderen nicht hilft, könne sich unter Umständen sogar wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar machen. Oft sei Zivilcourage auch in Situationen gefragt, in denen schon etwas passiert ist und es zum Beispiel Verletzte gibt. Auch bei Personen, die hilflos am Boden liegen, solle man nicht einfach annehmen, dass es sich um einen Betrunkenen handelt, sondern fragen, was los ist.
Es sei natürlich nicht immer leicht, den Mut aufzubringen, in gefährlichen Situationen einzugreifen, räumt Kozuch ein. Aber einfach wegzuschauen und nichts zu tun, sei "die schlechteste aller Entscheidungen". Schließlich brauche eine demokratische Gesellschaft Bürger mit Zivilcourage.
Die wichtigsten Tipps im Überblick
Der Weiße Ring führt auf seiner Website folgende Verhaltensregeln für Notsituationen, in denen Zivilcourage gefragt ist, auf:
- Situation genau beobachten,
- andere zum Mithelfen auffordern,
- sich Tätermerkmale einprägen,
- den Notruf 110 wählen,
- sich um das Opfer kümmern,
- als Zeuge am Tatort bleiben und
- sich nicht selbst gefährden.
Gerät man selbst in eine Notsituation, rät der Weiße Ring dazu, Passanten direkt anzusprechen und diese zum Beispiel dazu aufzufordern, die Polizei zu rufen. Man solle sich laut bemerkbar machen und so Aufmerksamkeit erzeugen. "Siezen Sie den Täter", empfiehlt der Weiße Ring weiter. Beim Handy sollte man vorab den Notruf einspeichern, um diesen im Ernstfall schnell aktivieren zu können. Auch der Überraschungseffekt lasse sich nutzen: "Tun Sie etwas, womit der Täter nicht rechnet."