Wie die Trebgaster Siedler zu ihrer Kerwa kamen

2 Min
Das erste Siedlerfest 1985. Reproduktion: Dieter Hübner
Das erste Siedlerfest 1985. Reproduktion: Dieter Hübner
Das Siedlerfest 2012.
Das Siedlerfest 2012.
 
Emil Hahn war von 1979 bis 2011 im Vorstand der Siedlergemeinschaft, davon 24 Jahre als 1. Vorsitzender. Foto: Dieter Hübner
Emil Hahn war von 1979 bis 2011 im Vorstand der Siedlergemeinschaft, davon 24 Jahre als 1. Vorsitzender. Foto: Dieter Hübner
 

Im Herbst 1954 wurde der Grundstein für die Siedlung "Am Schoberthsacker" in Trebgast gelegt. 30 Jahre später feierte die Siedlergemeinschaft zum ersten Mal.

Die rührige Siedlergemeinschaft, gegründet 1955, ist längst ein fester und unverzichtbarer Bestandteil des Trebgaster Vereinslebens. Wenn es im Ort gilt, anzupacken, zu helfen, etwas auf die Beine zu stellen - die Siedler sind immer vorne mit dabei. Am kommenden Samstag feiern sie ab 14 Uhr auf ihrem schmucken Gelände gleich hinter dem Bahnhof ihre 30. Siedlerkerwa.

Wie die Zeit vergeht: 1954 schrieb der damalige Landrat Theodor Heublein an den Trebgaster Bürgermeister Kurt Held: Zehn bauwillige Familien sind notwendig, damit Trebgast einen Staatszuschuss bekommt, um die Wohnungsnot zu lindern. Kurt Held ging "hausieren", und im Herbst 1954 legten zehn "Siedlungswillige" den Grundstein für die neue Siedlung "Am Schoberthsacker", benannt nach dem Metzgermeister und Gastwirt Adam Schoberth, der damals seinen Acker westlich der Lindauer Straße an einen Bauträger verkaufte.

Reine Handarbeit

Es begann eine rege Bautätigkeit. Die Firma Gundler, die die Häuser baute, hatte keine Bagger oder andere Maschinen, um den Grund auszuheben. Pickel, Schaufel, Schubkarren und Muskelkraft waren gefragt. Sämtliche Erdarbeiten, Baugrund, Kanal und Wasserleitung graben, galten von Anfang an als Eigenleistung. Am 26. November 1954 konnte für fünf Häuser Richtfest gefeiert werden.

Zur Verdeutlichung der damaligen Situation: Zu den Häusern führte noch keine Straße. Die Ziegel wurden in der Lindauer Straße abgeladen, mit einem Pferdegespann und viel eigener Schubkraft querfeldein den Berg hinauf bis vors Haus gebracht, von Hand zu Hand bis ins Haus gereicht, und anschließend genauso von Hand zu Hand aufs Dach gereicht.

Die Kohlenschlacken zur Fehlbodenauffüllung stammten von den Lokomotiven des Neuenmarkter Bahnhofs und wurden in Eimern bis auf den Dachboden geschleppt.

Im August 1955 konnten die ersten Familien einziehen. Gekocht und geheizt wurde mit Holz und Kohle. Bis man sich einen Badeofen leisten konnte, musste im Waschhaus in einer Blechwanne gebadet werden. Das Wasser dazu wurde im Waschkessel heiß gemacht.

Die Keimzelle der Siedlerbewegung

Am 1. Oktober 1955 haben diese zehn Familien die Siedlergemeinschaft gegründet. Und damit schließt sich der Kreis. Aus Anlass ihres 30-jährigen Bestehens wurde 1985 am Schoberthsacker, der "Keimzelle" der Siedlerbewegung, das erste Siedlerfest gefeiert.

Emil Hahn, der langjährige Vorsitzende und "Motor" der Siedler, ist einer der letzten Aktiven, der damals schon - als Schriftführer - dabei war, und auch heute noch mitwirkt. Er erinnert sich: "Es war halt alles noch etwas improvisiert. Die Einladung habe ich noch selbst gemalt. Auf der Straße wurden Bierbänke und -tische und eine fahrbare Bratwurstbude aufgestellt. In der Küche von Marie Kolb wurde Kaffee gekocht, in ihrem Esszimmer Kuchen und Torten ausgegeben, Käse- und Wurstbrote zubereitet. In der Garage von Werner Küfner wurde das Fass Bier angezapft."

Vereinsheim gebaut

Zehn Jahre lang hat sich das so fortgesetzt. Mittlerweile konnte am Bahnhofsweg ein Grundstück erworben, und 1992 mit dem Bau eines vereinseigenen Siedlerheimes begonnen werden. 1995 war dieses Gelände so weit in Schuss, dass sich die Verantwortlichen mit Vorsitzendem Emil Hahn an der Spitze entschlossen, die 20. Siedlerkerwa auf das Gelände zu verlegen. Zelte wurden aufgestellt, Kanal- und Wasseranschluss und eine Holztheke waren vorhanden, die "Hartmann-Brothers" sorgten für Musik, die Kinder hatten bei einem Fackelumzug ihren Spaß.

Jetzt wird die 30. Siedlerkerwa am Rad- und Fußweg zu den Sportanlagen gefeiert. Alles ist inzwischen zwar etwas professioneller. Aber spektakuläre Aktionen sind nicht das Ding der Trebgaster Siedlerfamilie. Bei ihr steht nach wie vor das gemütliche Beisammensein im Vordergrund. Man sitzt zusammen, unterhält sich und genießt die regionalen Spezialitäten. Und davon gibt es genügend: Das selbstgebackene Kuchen- und Tortenbüfett der Siedlerfrauen zum unvermeidlichen Kaffeeklatsch; später Steaks und Bratwürste als Grundlage für ein frischgezapftes Bier; die legendären "Fisch- und Lachslaabla", Käsestangen und Schmalzbrote für den Appetit zwischendurch.

Neugierig dürfen alle Besucher auf "Krissi & Andi" sein. Sie übernehmen zum ersten Mal den musikalischen Part und werden versuchen, möglichst viele auf die Tanzbruck zu locken. Nach einem kleinen Feuerwerk bei Einbruch der Dunkelheit wird in den bereitgestellten Zelten und der Bar erfahrungsgemäß noch lange ausgiebig gefeiert werden.

Die Siedlergemeinschaft lädt die Trebgaster Bevölkerung und alle Gäste am Samstag recht herzlich ein, gemeinsam und miteinander einige unbeschwerte Stunden zu verbringen.