In der Nacht vor dem Abischerz am Dienstag haben es junge Leute mit dem Feiern übertrieben: Sie kletterten auf die CVG-Turnhalle und beschädigten Fenster.
Die Jungs, die kurz nach Mittag vor dem Caspar-Vischer-Gymnasium auf ihren Fahrdienst warten, feixen. "Das wird teuer, was die angestellt haben." Auf Nachfrage, wer "die" denn sind, sagen die Unterstufen-Schüler: "Na die Abiturienten! Die ham ganz schö gewütet." Einer deutet mit dem Finger Richtung Turnhalle, die gerade saniert wird. Neue Dachfenster sind eingesetzt. "Davon sind doch mehrere kaputtgegangen, als die draufgetreten sind." Wieder "die". Ob sie das selber gesehen haben? "Nee, das war doch nachts. Hat man uns jedenfalls so im Unterricht erzählt."
Die Spekulationen um den diesjährigen Abischerz am Caspar-Vischer-Gymnasium schießen regelrecht ins Kraut. Es ist die Rede davon, dass beim Spaziergang einiger Schüler über das Dach der Turnhalle zahlreiche Scheiben zu Bruch gegangen sein sollen, der Schaden sich auf mehrere zehntausend Euro summiere. Ein Baseballschläger habe angeblich dazu gedient, das Glas einzuschlagen.
"Wir sollten bitte die Kirche im Dorf lassen", sagt Schulleiterin Ulrike Endres dazu im Gespräch mit der BR. Vieles sei Spekulation und pure Gerüchteküche, was über den Abischerz kolportiert wird. "Zunächst steht fest: Es geht um die Nacht
vor dem eigentlichen Abischerz am Dienstag. Ja, es waren wohl ein paar Leute auf dem Dach, das stimmt. Aber von mutwillig zerstörten Fenstern kann keine Rede sein. Eine Scheibe hat einen Riss bekommen. Was die Ursache war, lässt sich nicht genau sagen. Zwei Glaskuppeln haben zudem einen Drücker abbekommen, aber die werden ohnehin ausgetauscht."
Endres betont, dass diese Aktion nichts mit dem Abischerz zu tun habe. "Der hielt sich im Rahmen. Es ist schade, dass jetzt wieder die gesamte Abschlussklasse für das Fehlverhalten einiger weniger über einen Kamm geschoren wird und noch dazu das Image der Schule Schaden nimmt." Die Schulleiterin verhehlt aber nicht, dass sie in gewisser Weise enttäuscht sei vom nächtlichen Vorfall. "Es gab einen Vertrauensvorschuss unsererseits und eine klare Absprache. Dazu zählte auch, dass es keinerlei Übernachtungsmöglichkeit in der Schule oder auf dem Gelände geben wird."
Offenbar hatten Schüler nachts eine Feier veranstaltet und waren dabei auch auf das Dach geklettert. Es sollen Schüler anderer weiterführender Schulen dabei gewesen sein. Endres unterstellte den Verursachern aber keine böswillige Absicht. Wer der Verursacher war und wie genau der Schaden entstand, müsse noch geklärt werden.
Beim "normalen" Abischerz gab es wie gehabt den fast schon traditionellen nassen Empfang aus Wasserspritzpistolen für Lehrer und Schüler am Morgen, dazu eine Art Hindernislauf und die Verbarrikadierung des Lehrerzimmers mit vollen Wasserbechern. "Zugegeben, das ist nicht sonderlich kreativ, aber es gehört halt dazu", sagt Endres. Von Bierduschen, wie einzelne jüngere Schüler berichten, wisse die Schulleiterin nichts. "Zu mir ist kein Kind gekommen und hat sich beschwert. Sobald jemand bei uns mit Alkohol angetroffen wird, wird er normalerweise ohnehin des Geländes verwiesen."
Der zweite Teil der Abi-Sause bestand aus Spielen auf dem Sportplatz. Hier sollen, so schildern es Mitschüler, Unmengen nassen Konfettis den Belag der Tartanbahn arg in Mitleidenschaft gezogen haben. Auch in diesem Punkt gibt Ulrike Endres Entwarnung. "Es stimmt, es wurde Konfetti gestreut, aber von einer Beschädigung kann keine Rede sein."
Was den tatsächlichen Schaden am Dachfenster angeht, spricht die Schulleiterin von einer "Summe im unteren vierstelligen Bereich". Die meisten Abiturienten seien ob des Vorfalls konsterniert. "Die Schüler haben sich bereit erklärt, die Reparaturkosten zu übernehmen."
Eine Anzeige habe die Schule aktuell nicht ins Auge gefasst. Auch das Landratsamt als Sachaufwandsträger werde, so Endres, im Interesse aller Beteiligten von strafrechtlichen Maßnahmen wohl absehen.
Gedrückte Stimmung
Aus dem Kreise der Abiturienten verlautete gestern, die Stimmung sei "gedrückt". Eine Schülerin, die namentlich nicht genannt werden möchte, sagte: "Als der Hausmeister uns am Dienstagfrüh vor Unterrichtsbeginn die Fotos vom kaputten Dachfenster gezeigt hat, schlug das ordentlich auf die Laune. Wir hatten ein schlechtes Gewissen, obwohl wir nicht wussten, was passiert war und obwohl keiner von uns beteiligt gewesen war." Einen Verdächtigen gebe es nicht. "Unser Verhältnis zu den Lehrern ist gut. Wenn wir mehr wüssten, hätten wir es garantiert gesagt."
Und wie steht es um die Regulierung des Schadens? "Wir haben durch verschiedene Aktionen Geld eingenommen. Nach der Entlassfeier morgen und dem Ball am Samstag machen wir Kassensturz und werden aus unseren Erlösen die Kosten tragen. Wenn das nicht reicht, wird der Rest zusammengelegt."
Thema im Elternbeirat
"Der Spaß sei den Abiturienten nach den stressigen Wochen gegönnt", sagt die stellvertretende Elternbeiratsvorsitzende Annette Kern - und schiebt das "aber" gleich hinterher: "Aber es muss im Rahmen bleiben. Leider ist es so, dass die Hemmschwelle oft und schnell sinkt, sobald Alkohol im Spiel ist. Jetzt sollten die Verantwortlichen wenigstens so viel Rückgrat besitzen und für ihr Verhalten geradestehen. Das wäre nur fair gegenüber allen Unbeteiligten." Der Elternbeirat jedenfalls werde das Thema "nicht unter den Teppich kehren" und sich in seiner Sitzung am Montagabend beraten. Der Vorfall wird sicher auch heute bei der Abiturienten-Entlassfeier in der Stadthalle Gesprächsstoff bieten.