Dass es bald vorbei sein würde mit der schönen Zeit in ihrem Kleingarten? Das war Birgit Kemmelmeier klar, als die Grundstücksverhandlungen für den Campus in die Gänge kamen.
Sie war schon als kleines Kind immer in diesem wilden, kleinen Garten: Birgit Kemmelmeier liebt das Stückchen Natur hinter dem Güterbahnhof, die Ruhe dort, die selbst gepflanzten Bäume, Sträucher und Blumen, ihr Gartenhäuschen, vor dem sie so gerne sitzt. Doch jetzt ist es vorbei mit dem Gartentraum. Das Gelände wird zusammen mit dem Grundstück der Kulmbacher Brauerei an den Freistaat Bayern verkauft, damit auf dem großen Areal der Campus Kulmbach gebaut werden kann.
Gepachtet hatte Birgit Kemmelmeiers Familie den Garten von der Bahn-Landwirtschaft. Diese Organisation ist eine betriebliche Sozialeinrichtung der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft und des Bundeseisenbahnvermögens, die Flächen zur Nutzung als Kleingärten zur Verfügung stellt, wenn diese nicht für den unmittelbaren Eisenbahnbetrieb benötigt werden. Birgit Kemmelmeiers Onkel war bei der Bahn, und so kam die Familie zu dem Grundstück, das seit mehr als fünf Jahrzehnten ihr Garten ist.
Dass der Traum eines Tages ausgeträumt sein würde, war Birgit Kemmelmeier und ihren Gartennachbarn schon seit einigen Jahren klar. "Wir wussten ja, dass das Güterbahnhofsgelände der Wunschstandort für den Campus war und mit der Brauerei verhandelt wurde."
Die 50-Jährige protestierte nicht, als sie die Kündigung erhielt. Sie sieht ein, dass das Gelände für den Campus gebraucht wird. Aber traurig ist sie trotzdem. Viele schöne Erinnerungen verbindet sie mit ihrem Garten.
Leiser Ärger schwingt allerdings schon mit, weil die Fristsetzung für die Räumung recht kurzfristig kam, verschickt am 13. Dezember mit der Aufforderung bis 23. Dezember schriftlich zuzustimmen. Die Kündigung wird zwar eigentlich erst zum 30. November 2022 wirksam. Doch zu diesem Zeitpunkt muss der Garten vollständig geräumt sein - "frei von Bebauung und Bewuchs", heißt es in dem Schreiben der Bahn Landwirtschaft Nürnberg.
Die Kulmbacher Brauerei als derzeitige Eigentümerin des Grundstücks hat den Pächtern jedoch angeboten, die Räumung zu übernehmen, ohne dass ihnen dafür Kosten entstehen, unter der Voraussetzung, dass sie bereits jetzt ihre Gärten aufgeben. Allen persönlichen Besitz müssen sie bis zum 28. Februar entfernt haben - einschließlich der Pflanzen, die sie gerne retten möchten. "Das ist nicht viel Zeit", sagt Birgit Kemmelmeier, die auf jeden Fall ihre Rosen, Blumenzwiebeln und einige Stauden umziehen möchte. Die Brauerei sei allerdings bereit, für Pflanzen, die witterungsbedingt noch nicht umgesetzt werden können, die Frist zu verlängern. "Da war man sehr entgegenkommend."
Ein besonderer Ort
Und wohin dann mit den Gartenschätzen? Birgit Kemmelmeier hat sich bereits vor einiger Zeit eine Parzelle in der Kleingartenanlage an der Berliner Brücke gesichert. Für den Verlust des alten Gartens bekommt sie eine Entschädigung.Die rund 1400 Euro Abfindung wird sie in ihren neuen Garten investieren. "Der ist auch schön, aber ich vermisse jetzt schon mein kleines Reich, in dem es auch ein wenig wild zugehen durfte. Der war für mich einfach immer ein ganz besonderer Ort."
Romantisch geschriebener Bericht, der auch die wetter-/sozialverträgliche Umsiedelung der Bestände erwähnt. Ganz großes Kino! Faktisch interessiert der Mensch oder Eidechsen und deren Leben nicht mehr. Natürlich kann jahrelanges Brachland nicht einen Anspruch per se generieren. Die ökologischen Zustände wurden ja auch von den Besitzern des Grundes lange Zeit überhaupt ermöglicht. Dafür dankt niemand. Es erinnert an die plötzlich in Ungnade fallenden Krankenschwestern, die lange beklatscht wurden und nun dem Abschuss durch die Impfplicht frei gegeben wurden. Der Ober sticht den Unter! So ist eben Demokratie!
Und wieder wird hier ein Stück Natur für eine irrwitzige Idee geopfert! Niemand kann den Menschen, die ihre Gärten hier lieb(t)en ersetzen. Es fragt einfach keiner mehr danach. Bauen, Bauen, Bauen. Nur das zählt. Genau hier hätte ich mir Widerstand gewünscht. Einen Widerstand wie es zigtausend Corona-Protestler Woche für Woche tun. Es ist einfach nur traurig, was in Kulmbach passiert!