Der Stadtsteinacher Jürgen Machulla appelliert in einem offenen Brief an den Stadtrat, von den Umgehungsplänen Abstand zu nehmen.
"Alternativlos" war ein häufig gehörtes Wort von Angela Merkel. Auch in der Debatte um die Stadtsteinacher Umgehung wird mit dem Wort "alternativlos" jongliert. Jürgen Machulla sieht das anders: "Es gibt Alternativen." Vor einigen Tagen hat er an die Stadträte einen offenen Brief geschrieben (siehe unten) mit der Bitte, Nein zu den aktuellen Planungen des Staatlichen Bauamts zu sagen.
Reaktionen gab es nur zwei: von Knud Espig (SPD), wie Machulla Mitglied der Bürgerinitiative "Pro
Stadtsteinach", und von Wolfgang Martin (Bunte Liste). "Dass sich sonst keiner aus dem Gremium mit mir kurzgeschlossen hat, zeugt für mich nicht gerade von Bürgernähe", sagt Machulla enttäuscht.
Offener Brief sollte Bürgervertreter wachrütteln
Mit dem offenen Brief habe er die Bürgervertreter wachrütteln wollen. "Es läuft gerade eine von uns initiierte Unterschriftenaktion gegen die Umgehungsplanungen an. Es gibt bereits mehr als 100 Unterzeichner - und das, obwohl wird zunächst nur im kleinen Kreis angefragt haben." Bald sollen die Kreise weiter gezogen werden. Aus den persönlichen Reaktionen resümiert Machulla: "Über 90 Prozent der Befragten sind gegen die Umgehung, vor allem gegen deren wahnsinnige Dimensionen."
Der springende Punkt in der ganzen Verkehrsdiskussion: Die Bürger wollen eine spürbare Entlastung auf dem Marktplatz. "Das wollen wir auch", sagt Machulla und ergänzt: "Der Stadtrat zieht den Schluss: Entlastung gleich Bau einer Umgehung." Nicht berücksichtigt werde dabei, dass es anders ginge.
Was ist die Alternative?
Aber wie? Indem man sich die Details im Bundesverkehrswegeplan vor Augen führt und insbesondere die Bedeutung, die gewissen Straßenverbindungen künftig eingeräumt wird. "Das Verkehrsministerium hat die B 303 Richtung Kronach nicht mehr als überregional bedeutsam angesehen. Daher muss es vor diesem Hintergrund möglich sein, gezielt den Transit- und Durchgangsverkehr auf dieser Route - auch in der Nacht - zu sperren. Diese Lastwagen kommen dann erst gar nicht mehr durch Stadtsteinach."
Die Alternative: Der Transitverkehr wird über die B 173 gelenkt. Dieser Trasse messe mittlerweile auch das Ministerium größere Verbindungsfunktion bei. "Die B 303 von Kronach nach Stadtsteinach wird nicht in den obersten Kategorien 0 oder 1 geführt - die B 173 schon. Deren Priorisierung zeigt sich ja bereits am weiteren Ausbau der Umgehung bei Zeyern und der geplanten bei Marktrodach. Der unschlagbare Vorteil: Sie führt durch keine Ortschaft. Und auch bei den Kilometern ergibt sich für den Lastverkehr keine Mehrbelastung. Wenn auch das Ministerium bei der Trassenbewertung klare Unterschiede macht, sollte man dem vor Ort Rechnung tragen und auf den Ausbau der 303 verzichten."
Jürgen Machulla glaubt daran, dass die Umgehungspläne noch nicht in Beton gegossen sind. "Man kann noch etwas verändern. Vorausgesetzt, der politische Wille ist da. Wir wollen für alle Bürger eine Verbesserung haben, und zwar jetzt und nicht am Sanktnimmerleinstag. Solange man nur über eine Umgehung diskutiert, verschwendet man Kraft und Ressourcen, die man in vernünftigere Maßnahmen stecken könnte."
Deutliche Mehrheit im Rat
Bürgermeister Roland Wolfrum (SPD) sieht das etwas anders. "Die Sache ist von rechtlicher Seite her schon sehr weit gediehen. Natürlich steht es jedem Bürger frei, sich zum Thema Umgehung zu äußern. Die Bürger aber haben sich ja vorher bereits beteiligt und wurden mit in die Diskussion einbezogen, sie sind mit ihren Anliegen auch gehört worden. Im Stadtrat wiederum hat sich immer eine qualifizierte Mehrheit für eine Umgehungslösung ausgesprochen."
Wolfrum betont, dass das Hauptproblem, der Lkw-Begegnungsverkehr im Ort, einer Lösung bedarf. "Das geht nur, wenn Laster nicht mehr durch Stadtsteinach fahren. Das Staatliche Bauamt bietet uns daher die Möglichkeit an, eine Umfahrung zu bauen. Wir kennen die Situation vor allem am Markt seit langem und wissen, dass wir es beim Status quo nicht belassen können." Ein Aussperren des Schwerlastverkehrs hält Wolfrum für unrealistisch. "Ein Durchfahrtsverbot am Untersteinacher Kreisel, inmitten einer Bundesstraße? Utopisch in meinen Augen." Der Bürgermeister gibt zu bedenken, dass die Unterstützer der Umgehungslösung alles "keine Hurra-Schreier" seien. "Wir wissen um die Schwierigkeiten beispielsweise in Salem, wenn es um Dammeinschnitte und bis zu elf Meter hohe Aufschüttungen geht. Niemand aber konnte mir bisher eine Lösung präsentieren, die sich auch umsetzen lässt. Eine Verkehrsentlastung für uns zu erreichen, indem ich an anderer Stelle das Stopp-Schild aufstelle, funktioniert nicht."
Die Stadt befinde sich dauerhaft in Gesprächen mit allen Beteiligten des Verfahrens. "Wir sind bemüht, die Pläne des Bauamts in manchen Punkten abzumildern und Verbesserungen für das Landschaftsbild zu erzielen." Dafür sei für Freitag ein Treffen mit Regierungsvertretern anberaumt, so Wolfrum.
SPD in dieser Frage gespalten
Wolfrums Fraktionskollege Knud Espig bekennt, dass die SPD in dieser Frage gespalten ist. "Die Mehrheitsmeinung ist pro Umgehung, ich halte das für falsch." Fest stehe aber auch: Der Stadtrat plädiert für einen Schwerpunkttourismus. "Gäste sollen zu uns kommen, sie bringen mindesten 30 bis 50 Prozent des Umsatzes für Handel und Gastronomie. Und die Besucher kommen eben genau wegen der intakten Natur hierher. Es wäre also verrückt, sie durch einen Mammutbau zu verschrecken, noch dazu, wenn das Projekt so nicht funktioniert", sagt Espig und ergänzt, dass jegliche Verkehrslösung über die B 303 nicht zielführend sei. "Selbst das Verkehrsministerium hat das erkannt."
Er als Stadtrat habe die Aufgabe, die Interessen der Bürger zu vertreten und ihnen Informationen umfassend und transparent zur Verfügung zu stellen. "Dazu gehört auch, den Leuten reinen Wein einzuschenken. Wenn nämlich die B 303 in ihrer Bedeutung abgestuft wird, fällt der Straßenunterhalt in den Zuständigkeitsbereich der Stadt. Und weil es eine Straßenausbausatzung gibt, werden die Kosten für Änderungen an dieser Straße auf die Bürger umgelegt. Das wissen offenbar nicht alle."
In der CSU hingegen herrsche in Sachen Umgehung Einigkeit. "Wir möchten die Umfahrung und befürworten die Abtrennung Zaubachs, weil das eine zeitnahe Umsetzung ermöglicht", sagt Klaus Witzgall. Er verhehlt nicht, dass diverse Problembereiche weiterer Überlegungen bedürfen. Nichtsdestotrotz sehe er für Stadtsteinach keine andere Planungsmöglichkeit. "Entweder diese Variante - oder keine." Jetzt, wo die Lösung in greifbarer Nähe liege, sei die gespaltene Haltung der SPD kontraproduktiv. "Wir rechnen mit dem Beschluss im Planfeststellungsverfahren noch in diesem Jahr. Es wäre Gift, jetzt gegenüber der Regierung das Signal auszusenden, wir wollten gar nicht mehr."
"Die Planfeststellung war eine Farce, da wurden nur alte Sachen wiedergekäut", moniert hingegen Wolfgang Martin (Bunte Liste). Einen Kompromiss habe die Stadt nie wirklich angestrebt. Hinzu kommt für ihn: "Die meisten wissen offenbar gar nicht, wie der neue Trassenverlauf wirklich ist und was er für die Anlieger bedeutet. Ganz zu schweigen davon, dass es eine Verschwendung von Steuergeldern ist." Die Bunte Liste sieht die Umfahrung nur als Gesamtmaßnahme. Die Zaubacher, sagt Martin, bekommen womöglich gar nichts mehr. "Da können sie gleich mit den Kauerndorfern zum Demonstrieren auf die Straße gehen."
Zweifel an Zahlen und Umgehungslösung
Hier Auszüge aus dem offenen Brief von Jürgen Machulla an den Stadtrat:
"Aufgrund der vom Staatlichen Bauamt vorgelegten Informationen hat der Stadtrat einem Bau der Umgehung zugestimmt in dem Glauben, eine Entlastung für die Bürger der Ortsdurchfahrt zu erreichen. Fakt ist: Die vom Bauamt angegebene Zahl von 7500 Fahrzeugen, die auf der B 303 durch die Innenstadt fahren, stimmt nicht. Diese Zahl wurde erfasst auf Höhe der Norma und ist der Gesamtverkehr, der auf Stadtsteinach zu- und abfließt, der sich aber innerhalb Stadtsteinachs auf verschiedene Bereiche wie Industriegebiet, Bergfeldsiedlung und so weiter aufteilt. Die durchgeführten Lärmberechnungen sind somit falsch. Zudem kann das Bauamt keine Zahlen vorlegen, die belegen, wie viele Einwohner entlastet und wie viele neu belastet werden. Fakt ist auch: Das Bauamt hat 2015 die Verkehrsmenge im Bereich Rathaus/Marktplatz gezählt und verweigert die Veröffentlichung dieser Zahlen.
Es gibt nur ein Ziel: die Ortsumfahrung im entsprechenden positiven Licht darzustellen. Eine Entlastung der Anwohner an der Ortsdurchfahrt wird erkauft mit neuen Belastungen. Von der immensen Naturzerstörung ganz zu schweigen. Alternativprüfungen werden kategorisch mit der Aussage abgelehnt: "Nicht unser Zuständigkeitsbereich". Wenn nicht einmal das Bauamt klar belegen kann, dass es in der Summe zu einer erheblichen Entlastung der Bevölkerung kommt, stellt sich die Frage, wie es der Stadtrat gegenüber den Menschen begründen will.
Eine Teilung Zaubach-Stadtsteinach wird es so einfach nicht geben, da der Zaubacher Teil der Ortsumfahrung direkt an die Stadtsteinacher anschließt. Mit den drei bisherig geprüften Varianten gibt es jeweils drei unterschiedlich liegende Knotenpunkte zwischen Stadtsteinach und Zaubach, die somit eine Trennung der beiden Teile nicht möglich macht. Wenn man nicht weiß, wo man für eine OU Zaubach beginnt, dann kann man auch kein Ende der OU SAN planen."
red
... genau so, wie sich Wallenfels seit der Umgehung entwickelt hat, genau so darf sich Stadtsteinach keinesfalls entwickeln. 60 leerstehende Immobilien, z.T. dem Verfall nahe, leerstehende Geschäfte und Gaststätten, seit Jahren abnehmende Bevölkerungszahl (trotz "himmlischer Ruhe" und Immobilien, die man zum Schleuderpreis erwerben kann). Und dies alles durch eine Umgehung, die in keinster Weise solche gravierende natur- und umweltschädigende Ausmaße hat, wie die geplante Umgehung Stadtsteinach. Wir brauchen eine lebendige und umtriebige Stadt. Die Natur ist unser Trumpf und unsere Zukunft, und diese dürfen wir nicht aufs Spiel setzen. Der Verkehr hat sich den Menschen unterzuordnen, nicht umgekehrt.
....man als "Ängste" immer leerstehende Geschäfte, Gaststätten, etc... als Argument nimmt, damit keine Umgehung gebaut wird? Schon mal drüber nachgedacht, daß vielleicht mehr Gäste auf den Marktplatz kommen würden, wenn kein Laster durchdonnern würde? Das noch mehr Gäste ihr knuspriges Hähnchen oder Schnitzel in Ruhe und ohne Abgasgestank genießen können? Wenn Sie, lieber eisbaer schreiben, daß Sie sich Sorgen um Stadtsteinachs Geschäfte, Gebäude, die Natur und den Tourismus machen, dann nehmen Sie zwangsläufig weiter die Gefahr in Kauf, daß sich durch die B303 durch die Stadt, sich weiter Unfälle ereignen könnten.
Unfälle lassen sich leider nicht vermeiden. Aber durch eine Umgehung wäre eine Unfallgefahr mit Fußgänger erheblich reduziert. Und deshalb plädiere ich schleunigst für eine Umgehung unterhalb von Salem.
... wie man in Wallenfels - und nicht nur in Wallenfels! - erkennt, funktioniert die Steigerung der geschäftlichen Entwicklung durch den Bau einer Umgehung eben gerade nicht. Genau das Gegenteil ist der Fall. Und die Ansicht, entweder Umgehung oder es bleibt alles so, wie es jetzt ist, ist ebenso falsch. Es gibt sehr wohl Möglichkeiten eine kurzfristige! Entspannung der Verkehrssituation zu erreichen (Tempo 30 innerorts - kann ab Juli 2016 streckenweise erfolgen, Flüsterasphalt, Änderung der LKW-Verkehrsströme durch Einführung der Bundesstraßen-Bemautung - kommt spätestens 2018, streckenweise Sperrung für den Transit-LKW-Verkehr etc. Diese Maßnahmen würden die Verkehrssicherheit deutlicher erhöhen, als eine Umgehung, bei der in Stadtsteinach weiterhin mit 50-60 durch den Ort gefahren wird und auf der Umgehung mit 100 gerast wird. Genau dort passieren dann die schweren Unfälle.
haben Sie die Forderungen von proStadtsteinach und auch von Herrn Machulla.
Keiner von beiden will das die LKW's weiter über den Marktplatz fahren!
Beide fordern ganz massiv eine Entlastung der jetzigen OD.
Dies geht auch ohne Umgehung! Billiger, einfacher und schneller vorausgesetzt man will dies auch umsetzen.
Ih habe überhaupt nihts falsch verstanden. Aber erklären Sie mir bitte, wie sie den Verkehr ohne Umgehung aus Stadtsteinach rausbringen wollen? Billiger? Und kommen Sie mir nicht mit Nachtfahrverbot, 30er Zone, etc....Wer diese Möglichkeiten vorschlägt, der bringt doch keine Entlastung bzw. Sicherheit in die Stadt. Bei einem 30er Limit würden ja die LKW`s am Hang beim Eck Ploner ja stehen bleiben. Und Menschen die da grad vorbeighene würden die Abgase noch intensiver insGesicht geblasen.
Ich sag es ml ganz deutlich. Die Gegner die gegen eine Umghung in Stadtsteinach sind, fördern einen gefährlichen Rückschritt für diese schöne Stadt. Und ohne Verkehr würde diese Stadt mit dem herlichem Marktplatz noch attraktiver und vor allem sicherer werden.