Übersinnliches auf der Naturbühne

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Madame Arcati (Georgia Lauterbach, am Boden) hat sich in Trance geredet. Charles (Sigurd Sundby) redet auf sie ein, damit sie wieder zu sich kommt. Mrs. Bradmann (Henrike Reincke), Dr. Bradman (Markus Müller) und Ruth (Sigrid Kern) beobachten die Szene. Fotos: Dieter Hübner
Madame Arcati (Georgia Lauterbach, am Boden) hat sich in Trance geredet. Charles (Sigurd Sundby) redet auf sie ein, damit sie wieder zu sich kommt. Mrs. Bradmann (Henrike Reincke), Dr. Bradman (Markus Müller) und Ruth (Sigrid Kern) beobachten die Szene. Fotos: Dieter Hübner
Mrs. Bradmann (Henrike Reincke), Ruth (Sigrid Kern), Madame Arcati (Georgia Lauterbach), Charles Condomine (Sigurd Sundby), und Dr. Bradman (Markus Müller) beginnen mit der Seance.
Mrs. Bradmann (Henrike Reincke), Ruth (Sigrid Kern), Madame Arcati (Georgia Lauterbach), Charles Condomine (Sigurd Sundby), und Dr. Bradman (Markus Müller) beginnen mit der Seance.
 
Charles (Sigurd Sundby) erzählt Madame Arcati (Georgia Lauterbach), was passiert ist.
Charles (Sigurd Sundby) erzählt Madame Arcati (Georgia Lauterbach), was passiert ist.
 
Ruth (Sigrid Kern) glaubt ihrem Mann Charles (Sigurd Sundby) nicht, dass sich dessen verstorbene Frau Elvira (Christine Kammerer) auch im Raum befindet.
Ruth (Sigrid Kern) glaubt ihrem Mann Charles (Sigurd Sundby) nicht, dass sich dessen verstorbene Frau Elvira (Christine Kammerer) auch im Raum befindet.
 
Das Medium, Madame Arcati (Georgia Lauterbach), versetzt sich langsam in Trance, während (von links) Mrs. Bradmann (Henrike Reincke), Ruth (Sigrid Kern) und Charles Condomine (Sigurd Sundby), und Dr. Bradman (Markus Müller) gespannt sind, was passieren wird.
Das Medium, Madame Arcati (Georgia Lauterbach), versetzt sich langsam in Trance, während (von links) Mrs. Bradmann (Henrike Reincke), Ruth (Sigrid Kern) und Charles Condomine (Sigurd Sundby), und Dr. Bradman (Markus Müller) gespannt sind, was passieren wird.
 

Nach Verwicklungen um "zwischenmenschliche Fehltritte" honoriger Familienväter und einem Schabernack treibenden, blonden schwedischen Jungen namens Michel (aus Lönneberga) geistert es jetzt auf der Naturbühne.

Ruth Condomine (Sigrid Kern) und Mrs. Bradman (Henrike Reincke) stehen mit luftigen, ärmellosen Sommerkleidern bei den letzten Proben vor der Premiere auf der Bühne im Dauerregen. Wieder einmal, muss man ergänzen. Sie können dem Zuschauer - der sich am Freitag mit Pullover und dicker Winterjacke, zusätzlich eingehüllt in flauschigen Wolldecken und durch ein Dach auch vor Regen geschützt, bequem in seinem Sitz lehnt - schon etwas leidtun.
Anja Dechant-Sundby inszeniert zum dritten Mal in Trebgast. Ihr Mann Sigurd Sundby, bekannt als Darsteller klassischer Rollen, spielt die männliche Hauptrolle: Einen nonchalanten, etwas aristokratischen Typen, der für seinen neuen Roman ein Medium in sein Haus kommen lässt. Obwohl er nicht an das Übersinnliche glaubt, erscheint ihm trotzdem seine vor sieben Jahren verstorbene Frau, die versucht, ihn umzubringen und ihn dadurch für sich zurück zu gewinnen.
Anja und Sigurd hatten zwar schon zu Studienzeiten an gemeinsamen Projekten gearbeitet und u. a. zusammen Drehbücher für über 30 Folgen der "Sesamstraße" geschrieben. Aber unter der Regie seiner Frau hat Sigurd Sundby, der im vergangenen Jahr auf der Naturbühne berufsbedingt pausiert hatte, noch nicht gespielt.

Regieanweisungen daheim?

Gibt es da vielleicht auch zuhause im Wohn- und Schlafzimmer noch Regieanweisungen? - "Ich muss noch bis zur Premiere durchhalten. Danach hat sie ja nichts mehr zu sagen. Dann kann ich machen, was ich will", scherzt Sigurd. "Wir haben natürlich bisher zuhause auch an meinen bisherigen Rollen, unter anderen Regisseuren, gefeilt - und meine Frau hat mir Tipps gegeben. Umgekehrt gebe ich auch schon mal meinen Senf zu ihrer Regie dazu. Das funktioniert ganz wunderbar." Anja Dechant-Sundby bedauert ihn fast schon etwas: "Der Arme. In dem Stück muss er mit zwei Frauen klarkommen, dazu noch mit mir."
Überhaupt haben es die beiden Männer in diesem frauenlastigen Stück nicht leicht. Annika Ködel, im vergangenen Jahr noch erfolgreiche Darstellerin der "Pippi" im Kinderstück, spielt erstmals bei den Erwachsenen. Mit 15 ist sie die jüngste im achtköpfigen Ensemble.
Wie kommt sie damit zurecht? "Ganz gut", antwortet sie selbstbewusst, "Es ist zwar etwas komplett anderes als im vergangenen Jahr die Hauptrolle. Durch die diesmal relativ kleine Rolle als Hausmädchen habe ich wesentlich weniger Stress, aber genauso viel Spaß."

Ohne Wissen der Mutter

Seit sechs Jahren ist sie jetzt dabei. Damals hatte sie sich ohne Wissen ihrer Mutter einfach bei der Bühne angemeldet und bei "Max und Moritz" einen Maikäfer gespielt. Ein Jahr später ist auch ihre Mutter Silke mit eingestiegen. "Ich muss sie halt vor jeder Aufführung etwas beruhigen, weil meine Mutter immer so aufgeregt ist", sagt Annika. "Im Gegensatz zu ihr hatte ich noch nie Lampenfieber, ich bin da immer ganz entspannt."
Trotz der widrigen Umstände - am vergangenen Sonntag wurde bei Dauerregen und Temperaturen um die fünf Grad der erste echte Probendurchlauf mit Maske und Kostümen absolviert, und "Medium" Georgia Lauterbach hat seit einem Sturz mit dem Fahrrad den rechten Arm in Gips - ist die Stimmung im achtköpfigen Ensemble prächtig. Auch Sigurd Sundby ist hingefallen und hat sich eine Sehne in der Hand gerissen. "Das liegt wahrscheinlich an einem übersinnlichen Fluch", sagt er in Anspielung auf das Stück. Bei so viel Nass von oben hilft vielleicht doch der "trockene Martini", der während des ganzen Stücks reichlich an der Bar des Schriftstellers Charles Condomine (Sigurd Sundby) ausgeschenkt wird.
Der englische Autor Noel Coward hatte in den dunkelsten Tagen des Zweiten Weltkriegs das Gefühl, seine Landsleute brauchen etwas Lustiges, um von der grausamen Realität abgelenkt zu werden. In nur fünf Tagen schrieb er diese Geisterkomödie, die 1941 im Londoner West End Premiere feierte. Das Stück wurde ein unerwarteter Erfolg. Die Rolle des Mediums "Madame Arcati", die bei einer Geisterbeschwörung die Verbindung ins Jenseits herstellen soll, übernahm in der britischen Inszenierung Margaret Rutherford, die später als Darstellerin der "Miss Marple" unvergessen wurde.