Tummelplatz für Pädophile und Extreme

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Smartphones sollen Spaß machen, meinen Simon Stahlschmidt (17) und Patrick Zahl (16). Die Medienscouts am Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium wollen über die Gefahren aufklären, die die sozialen Medien mit sich bringe, und jüngeren Schülern helfen. Foto: Sonja Adam
Smartphones sollen Spaß machen, meinen Simon Stahlschmidt (17) und Patrick Zahl (16). Die Medienscouts am Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium wollen über die Gefahren aufklären, die die sozialen Medien mit sich bringe, und jüngeren Schülern helfen. Foto: Sonja Adam
Alexander Zink, der Jugendkontaktbeamte der Polizei Kulmbach, warnt vor kostenlosen Nachrichtendiensten auf dem Handy. Foto: Sonja Adam
Alexander Zink, der Jugendkontaktbeamte der Polizei Kulmbach, warnt vor kostenlosen Nachrichtendiensten auf dem Handy. Foto: Sonja Adam
 
Milena Pitroff (16), Vanessa Zahl (16) und Tobias Ramming (16) beachten die Sicherheitseinstellungen. Foto: Sonja Adam
Milena Pitroff (16), Vanessa Zahl (16) und Tobias Ramming (16) beachten die Sicherheitseinstellungen. Foto: Sonja Adam
 

Experten erklärten am MGF, welche Gefahren im World Wide Web lauern. Viele Messenger-Dienste sind mit Vorsicht zu genießen.

Wohl jeder Handybesitzer nutzt den Service, kostenlos Nachrichten zu verschicken. Dagegen ist nichts einzuwenden. Selbst Grundschüler tun dies schon. Die Gefahren, die im World Wide Web lauern, unterschätzen dabei viele, wie der Jugendkontaktbeamte der Kulmbacher Polizeiinspektion, Alexander Zink, bei einer Informationsveranstaltung am MGF-Gymnasium zum Thema Cyber-Mobbing erklärte.

Zink schilderte den konkreten Fall eines Mädchens aus Kulmbach: Lea (Name von der Redaktion geändert) ist zwölf Jahre alt und besucht die sechste Klasse einer Kulmbacher Schule. Lea ist schlau, sie hat gute Noten, stammt aus einem intakten sozialen Umfeld. Natürlich hat sie ein Smartphone. Denn das hat ja heute jeder.


Polizei kann nur warnen


Um Nachrichten an ihre Klassenkameraden zu senden, nutzt sie den kostenlosen Messenger-Dienst Kik.
Auch ihre Freundinnen greifen auf diesen Anbieter zurück, der 2013 schon 100 Millionen Nutzer hatte.

"Der Vorteil an diesem Dienst ist, dass die Registrierung auch ohne Telefonnummer erfolgen kann. Das bedeutet: Er ist auch auf Tablets nutzbar", erklärt der Jugendkontaktbeamte. Und genau das hat auch Lea gefallen. So konnte sie zu Hause auch vom Familientablet aus chatten. Praktisch. Doch die Polizei kann nur warnen. Denn Kik ist inzwischen zu einem Tummelplatz für Pädophile geworden.

All das wusste Lea natürlich nicht. Sie hat unbekümmert mit ihren Freundinnen gechattet, Dateien wurden ausgetauscht. Auch Fotos. Und dann wollte plötzlich eine 14-jährige Freundin Nacktbilder von Lea. Sie weigerte sich zuerst, ließ sich dann aber hinreißen und sandte ihrer Freundin zwei Nacktaufnahmen von sich.


Fataler Fehler


Das war ein fataler Fehler. Denn plötzlich wurde Lea erpresst. Sie sollte mehr Fotos und Videos schicken, intimere Details preisgeben - wenn sie dies nicht tun würde, würden die Fotos, die sie gesendet hatte, an all ihre Freunde und auf facebook veröffentlicht.

Lea war entsetzt, vertraute sich ihrer Mutter an und beide gingen zur Kulmbacher Polizei. "Die vermeintliche Freundin hat sich dann als 56-jähriger Familienvater aus Nordrhein-Westfalen entpuppt. Er war pädophil", erzählte Alexander Zink. Um ihn dingfest zu machen, musste die Polizei einen Trick anwenden. Lea spielte mit und entlockte dem Mann seinen Skype-Kontakt. So konnte die Polizei feststellen, wer sich hinter dem unbekannten Kürzel verbarg. "Normalerweise haben wir bei Kik keine Zugriffsmöglichkeiten, denn wir haben ja keine Handynummern oder ähnliches", erklärte Zink.


Manche geben alles preis


Kik ist nicht der einzige Dienst, der missbraucht wird. Younow ist ein Videoportal für junge Leute ab 13 Jahren. Doch auch in diesem Portal sind die tatsächlichen Nutzer viel jünger, und Live-Streams animieren dazu, auch sexuelle Inhalte zu senden. 37 Prozent aller Streams verstoßen gegen urheberrechtliche Bestimmungen, zwölf Prozent gegen Persönlichkeitsrechte, und acht Prozent enthalten Beleidigungen. Die Streams mit sexuellen Inhalten liegen zwar unter einem Prozent - doch bei über 16 Millionen Streams au Deutschland ist das trotzdem eine unglaubliche Zahl.

Alexander Zink warnte bei der Infoversanstaltung am MGF davor, allzu sorglos mit kostenlosen Diensten umzugehen - egal, wie sie heißen. Auch Whatsapp habe seine Tücken. Snapchat gaukle den Usern vor, dass sich die Dateien selbst zerstören. Doch es sei einfach, die Fotos zu kopieren. Und mit der Nutzung von Snapchat erlaube es jeder dem Dienst, alle Bilder und Videos zu verwenden - egal für was. Sogar die Namen dürften genannt werden.

Im Internet tummeln sich allerdings nicht nur Erwachsene, die sich an Kinder ranmachen, auch extreme Gruppierungen machen sich die Messenger-Dienste zunutze, sagte Susanne Ehmann, Informatik-Expertin am MGF. Im Internet sei immer Vorsicht geboten. Ehmann zeigte, wie man auf Whatsapp Personen, deren Handynummer man kennt, ausspionieren kann. Ganz legal.

Im Internet werde gemobbt, beleidigt, schikaniert. Manche Personen würden verleumdet oder bloßgestellt. Und manchmal könne auch schon der Ausschluss aus bestimmten Gruppen der Anfang von Cybermobbing sein.


Medienscouts wollen helfen


Um die Gefahren zu verringern, werden am MGF Medienscouts ausgebildet. Sie engagieren sich in der Prävention, wollen aufklären. Patrick Zahl (16) ist seit zwei Jahren Medienscout. "Ich möchte gerne jüngeren Schülern helfen. Wenn wir nur einen Fall von Cybermobbing verhindern, hat sich unser Engagement schon gelohnt", sagt er. Persönlich habe er noch keinen solchen Fall kennengelernt.

Milena Pittroff (16) hat vor zwei Jahren ein Smartphone bekommen. Sie nutzt Whatsapp, Instagram, Facebook und Snapchat. "Aber ich achte sehr auf die Sicherheitseinstellungen - nur bei Instagram nicht, da will ich ja, dass die Leute sehen, was ich poste", sagt sie.