Terra Preta: Die Kohle macht den Humus

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Der Anteil an so genannter Biokohle ist eines der Geheimnisse der Terra Preta, der Schwarzen Erde, die die indigenen Völker Südamerikas schon vor tausenden Jahren als Grundlage für den Fruchtanbau verwendeten. Foto: Jochen Nützel
Der Anteil an so genannter Biokohle ist eines der Geheimnisse der Terra Preta, der Schwarzen Erde, die die indigenen Völker Südamerikas schon vor tausenden Jahren als Grundlage für den Fruchtanbau verwendeten.  Foto: Jochen Nützel
Die Feldfrüchte gedeihen prächtig auf dem Untergrund.
Die Feldfrüchte gedeihen prächtig auf dem Untergrund.
 
Gutsverwalter Martin Höpfel (hinten) und Daniel Fischer beim Ausbringen der Terra Preta.
Gutsverwalter Martin Höpfel (hinten) und Daniel Fischer beim Ausbringen der Terra Preta.
 
Daniel Fischer bei der Arbeit auf dem Versuchsacker.
Daniel Fischer bei der Arbeit auf dem Versuchsacker.
 
Die oberste Schicht ist Humus.
Die oberste Schicht ist Humus.
 

Der Kohlenstoff, aus dem Ernte-Träume sind, heißt Terra Preta: Tiefschwarz und krümelig ist die "Wunder-Erde", die schon die Indios am Amazonas kannten. Ein Doktorand erforscht bei Eckersdorf, wie sich die Mixtur kultivieren und für die moderne Landwirtschaft verwenden lässt.

Wenn das Schlaraffenland dereinst Gestalt im Hier und Jetzt annehmen sollte, dann kann ihm schon heute der Grund bereitet werden: Eine "Wunder-Erde" namens Terra Preta verheißt das Nonplus ultra der Bodenverbesserung mit einer Pflanzen-Üppigkeit auch an Orten, denen nicht der Ruf vorauseilt, ein Garten Eden zu sein.
Terra Preta ist Portugiesisch und bedeutet "Schwarze Erde". Das Wissen um deren Existenz war erodiert im Laufe der Zeitalter. Dagegen kannten indigene Völker in Südamerika die himmlisch-erdige Kombination schon vor tausenden Jahren, wie Flecken fruchtbaren Bodens mitten im Amazonasdelta belegen. Der tiefschwarze Humus hält sich dauerhaft und bringt reiche Ernten hervor - eigentlich undenkbar, taugen die Böden im tropischen Regenwald doch für gewöhnlich nicht als landwirtschaftliche Nutzfläche.
Daniel Fischer ist weder Archäologe noch Volkskundler, sondern Doktorand am Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften aus Halle. Er forscht an Terra Preta auf einem Versuchsacker der Landwirtschaftlichen Lehranstalten Bayreuth. "Ganz aktuell passt das ja zum Internationalen Jahr des Bodens, das die Vereinten Nationen für 2015 ausgerufen haben", sagt der 32-Jährige. Er promoviert beim renommierten Wissenschaftler Bruno Glaser über jenen besonderen Bodenstoff: Bei den Amazonas-Völkern bestand er aus einer Mixtur von Holz- und Pflanzenkohle, menschlichen Fäkalien, Dung und Kompost, durchsetzt mit Tonscherben und gelegentlich Knochen sowie Fischgräten.
Klingt komisch, ist aber so. Das Wirkprinzip: Die Nährstoffe im Kompost docken an der porösen Kohle-Oberfläche an. Zugleich bietet das Konglomerat Mikroorganismen Unterschlupf. Es ist die spezielle Mischung aus Pilzen und Bakterien, mit der sich die Kohle der Indios sozusagen auflädt.

Zehn Versuchsvarianten

"Das haben unsere Versuchsreihen mit zehn unterschiedlichen Varianten gezeigt", sagt Wissenschaftler Fischer. Sein Experimentier-Feld umfasst 50 Parzellen auf rund einem halben Hektar; der Boden ist leicht sandig und von Haus auf nährstoffarm. Bei der Betrachtung der so genannten Kohlenstoffdynamik habe sich gezeigt: "Wenn Pflanzenkohle dabei ist, stabilisiert sich der Kohlenstoff und es bilden sich Dauerhumus-Verbindungen."
Genau das ist der gewünschte Effekt, mit dem sich auch so genannte leichte Äcker (mit niedriger Bodenpunktzahl) in ertragreiche Flächen umwandeln ließen, sagt Fischer. "Die Pflanzenkohle speichert Nährstoffe sehr gut und bindet sie. Damit wird zugleich ein frühzeitiges Auswaschen verhindert. Pflanzenkohle funktioniert darüber hinaus wie ein Schwamm: Wenn es regnet, saugt sich die Kohle mit Wasser voll. Sie hält die Feuchtigkeit länger im Boden." Ein weiterer Vorzug in Zeiten schwächer ausfallender Niederschläge als Folge des Klimawandels. Gegen den ist dank Terra Preta auch ein Kraut gewachsen: Die Schwarzerde gilt als famoser Kohlendioxid-Speicher.

Kaum synthetischer Dünger nötig

Worin der Hallenser den größten Fortschritt sieht: Mit Terra Preta angereicherte Böden kommen mit wesentlich weniger synthetischen Handelsdünger aus, allen voran Phosphor. "Seine Abbaustätten sind so endlich wie das Erdöl. Insofern tun wir gut daran, uns Gedanken über Alternativen zu machen." Die Indios kannten das Problem des Düngens ohnehin nicht: Da in menschlichen Fäkalien Phosphate vorkommen, wandert der Wertstoff einfach zurück in einen geschlossenen Kreislauf. Gerade im Biolandbau ist das Interesse an den Forschungsergebnissen groß, bekundet Daniel Fischer. "Ein Ökobauer betreibt ja selber eine besondere Art von Humuswirtschaft, die der Bodenverbesserung und dem gesunden Pflanzenwachstum zu Gute kommt. Auch die Terra Preta basiert auf diesem uralten Prinzip einer schonenenden Bewirtschaftung."
Die ersten Triticale-Erträge (eine Kreuzung aus Weizen und Roggen) auf dem Versuchsacker bei Eckersdorf unterstreichen die Wirksamkeit der Erdmischung: "Auch wenn es für eine wissenschaftlich belastbare Aussage noch zu früh ist: Die Pflanzen auf Terra Preta tragen mehr Ähren und sind praller gefüllt." Ein Beleg auch dafür, wie sich künftig wenig effizient genutzte Reststoffe wie Biogärreste oder Gründschnitt stofflich veredeln und wiederverwerten lassen.
Ob sich der Wunderboden auch im großen Maßstab ausbringen lässt? Martin Höpfel, Verwalter des Bezirkslehrgutes, hegt Bedenken. "Es wäre sicher wünschenswert, aber die Mengen, die für zigtausende Hektar benötigt werden, lassen sich nach jetzigem Kenntnisstand nur schwer herstellen." Dennoch wertet er die Terra-Preta-Versuchsreihe als Erfolg - verweist aber auf eine Grundvoraussetzung: Der Ausgangsstoff für die Holzkohle darf nicht belastet sein. Dann stehe einer Verwendung auch im heimischen Garten nichts im Wege. Das bestätigt auch Daniel Fischer. "Holzasche, beispielsweise um Tomaten oder Kartoffeln gestreut, ist bewährte gärtnerische Praxis. Sie enthält wichtige Nährstoffe wie Kalium, Magnesium und Kalzium."

Kompostregeln beachten

Inwiefern sich Terra Preta selber herstellen lässt? "Es gibt gute Publikationen dazu", sagt Fischer. Grundsätzlich gilt es, die Regeln der Kompostierung zu beachten und ein günstiges C/N-Verhältnis anzustreben (also die Gewichtsanteile von Kohlenstoff C und Stickstoff N). Zudem sollte die Miete nicht zu feucht gehalten werden, um Fäulnis zu vermeiden. Die Pflanzenkohle sollte aus der Pyrolyse stammen: eine thermo-chemische Spaltung organischer Verbindungen unter hohen Temperaturen und ohne zusätzlichen Sauerstoff.