Der Bau der Süd-Ost-Gleichstrompassage bringt die Menschen auf die Barrikaden: In der Informationsveranstaltung in der Dr.-Stammberger-Halle machten die Gegner ihrem Unmut über das Projekt Luft.
Klaus Knorr aus Schmeilsdorf war einer der wenigen, der anfangs "unter gewissen Voraussetzungen" für die Stromtrasse war. Transparent sollte das Projekt dargestellt werden. Und es müsse sichergestellt sein, dass durch die Leitungen kein Braunkohlestrom aus der Lausitz fließt, erklärte er am Dienstagabend vor der Informationsveranstaltung zum Bau der Gleichstrompassage Süd-Ost. Nach der Veranstaltung in der Dr.-Stammberger-Halle hatte er seine Meinung geändert: "Die Betroffenheit der Bürger aus Marktredwitz ertrage ich nicht. Dass uns die Politik so etwas aufs Auge drückt."
Trillerpfeifen, Buh-Rufe Ihrer Wut über die Pläne machten rund 1000 Besucher in der Halle lautstark mit Trillerpfeifen, Pfiffen und Buh-Rufen Luft. Sie wollen den Bau der Gleichstrompassage Süd-Ost mit allen Mitteln verhindern.
Die Stromleitung ist eines der zentralen Netzausbau-Projekte der Energiewende. Übertragungsnetzbetreiber sind die Unternehmen Amprion und 50Hertz. Die Dortmunder Firma Amprion hatte auch zu der zentralen Veranstaltung in Kulmbach eingeladen.
Die Leitung soll bei Bad Lauchstädt bei Halle und bis nach Meitingen (nördlich von Augsburg) führen. Mit der Trasse soll nach Abschaltung der Kernkraftwerke ein verlustarmer Transport der im Norden und Osten erzeugten Energie in die Verbrauchszentren im Süden sichergestellt werden. Die Inbetriebnahme ist für 2022 geplant. Ein möglicher Trassenverlauf tangiert dabei die Gemeinden Himmelkron und Marktschorgast.
Dass die Info-Veranstaltung auf großes Interesse stößt, damit hatte Moderatorin Joëlle Bouillon von der Firma Amprion schon gerechnet. "Egal, wo man sie plant, gibt es keinen Zuspruch für eine neue Leitung", erklärte sie.
Doch um die Energiewende umzusetzen, sei das Projekt notwendig. "Sonst kann man keine Kernkraftwerke abschalten." Sie betonte mit Blick auf die Gegner der Planung, die aus dem Hofer, Wunsiedler und Bayreuther Raum teils mit Bussen nach Kulmbach gekommen waren, dass es nicht reicht, nur gegen das Projekt zu sein. "Man braucht auch gute Gründe."
Zusammen mit einem Expertenteam - das mit Pfiffen begrüßt wurde - schickte sie sich an, über die Planungen zu informieren. Weit kamen sie jedoch nicht.
Während Joëlle Bouillon darauf hinwies, dass eine Entscheidung über den Korridor frühestens nächstes Jahr fällt, erklärte Julia Eßer von der Bundesnetzagentur die Notwendigkeit des Projekts. So werde ermittelt, wo wie viel Energie erzeugt und wo sie verbraucht wird. Aus diesem so genannten Szenariorahmen werde eine Netzentwicklungsplanung erstellt.
Die Folge daraus: "Die Süd-Ost-Passage ist eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit", erklärte sie. Im Laufe des weiteren Verfahrens werde sich dann zeigen, "ob Kulmbach eine Vorzugstrasse ist". Wenn die vollständigen Unterlagen vorlägen, finde eine Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung statt. "Ich möchte Sie auffordern, ihre Einflussmöglichkeiten zu nutzen." Mehr Informationen dazu gebe es im Internet unter
netzausbau.de.
Vortrag abgebrochen Einen schweren Stand hatte dann Projektleiter Dirk Uther. Er erläuterte die Grobkorridorsuche und die daraus entwickelten, ein Kilometer breiten Trassenkorridore. Dabei werde versucht, entlang bestehender Hochspannungsleitungen und Autobahnen zu gehen, empfindliche Räume zu vermeiden.
Doch weit kam er mit seinen Ausführungen nicht. Immer wieder wurde er von Zwischenrufen unterbrochen ("Schläfern Sie uns nicht ein"; "Das wissen wir schon alles"), bis er seinen Vortrag genervt abbrach und den Besuchern das Mikrofon für deren Fragen überlassen wurde.
Die Kulmbacher Stimmen: Landrat Klaus Peter Söllner bemängelte, dass die Leitung zwar durch die Region verläuft, aber nicht angezapft werden kann. "Oberfranken Ost wird also belastet, ohne dass wir einen Nutzen haben."
Schon Tatsachen geschaffen? Marktschorgasts Gemeinderat Marc Benker kritisierte die Aussage, "dass man mit den aufgezeigten Trassen ins Rennen gehen wird", also schon Tatsachen geschaffen wurden.
Bürgermeister Gerhard Schneider aus der Nachbargemeinde Himmelkron verwies darauf, dass beim kleinen Ortsteil Gössenreuth nur ein 200 Meter breiter Korridor zur Verfügung stehe.
Vor allem wurde immer wieder Kritik daran laut, dass die Leitung der Stromversorgung von Südbayern dienen soll. Dass dazu bis zu 70 Meter hohe Strommasten aufgestellt werden, das wollen sich die Menschen nicht gefallen lassen. Sie befürchten neben der Landschaftsverschandelung auch gesundheitliche Risiken durch die Hochspannungsleitungen.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie Leute mit offenbar wenig Ahnung von einer Sache trotzdem eine feste Meinung dazu haben. Dezentrale Windräder und Solaranlagen sollen also die Wertschschöpfung in unserer Region erbringen? Das heutige Leitungsnetz ist für zentrale Stromversorgung ausgelegt. Für dezentrale Versorgung muss ein völlig neues 'intelligentes' Netzwerk gebaut werden, das die inzwischen unzähligen und ohne übergeordneten Plan wild in die Landschaft gesetzten Windräder und Solaranlagen der geldgeilen Subventionsabgreifer so einbindet, daß die Netzwerkleitstellen die wetterabhängig unplanbar auftretenden Stromeinleitungen sinnvoll einsteuern können. Eine solche neue Netzwerktopologie ist sehr komplex, kostet viele Milliarden und braucht viele Jahre bis zu einer flächendeckenden Implementierung. Außerdem brauchen diese Netze auch massive Backbones wie z.B. die hier thematisierte Stromtrasse. Denn was machen wohl die gutmeinenden Wertschöpfer wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint? Zuerst aus dem Fenster schauen ob mit Strom für die Kaffeemaschine zu rechnen ist? Oder wie ist dann dem Bürger auf dem Operationstisch im Krankenhaus zumute? Sich waschen wollen ohne nass zu werden geht leider nicht, genausowenig wie die Quadratur des Kreises oder der Bau eines Perpetuum Mobile. Solange die Protestler nicht darlegen können, wie eine funktionierende unterbrechungsfreie Stromversorgung für alle mit einer Öko-Energiewende aussieht, sind ihre Argumente vielleicht verständlich, aber leider unrealistisch.
hier wird offenbar wie zweigeteilt unsere Gesellschaft ist, lieber hunderte von wenig ertragreichen und über 20 Jahre geförderten Windräder an jeder Ecke, als eine Stromtrasse - 70m zu 200m hohen Windräder, wo ist hier das Verhältnis? Von den in ganz Franken verteilten Windrädern werden sicher mehr Bürger in Mitleidenschaft gezogen, als durch diese Trasse. Warum wird dies toleriert - wahrscheinlich verdienen die Gemeinden, Protestanten, Landwirte und Politiker mit Ihren Aufsichtsposten an der Stromtrasse nichts!!!
Ich möchte nur wissen, wieviele dieser Protestler schon selber lautstark dabei waren als es darum ging Hals über Kopf die Kernkraftwerke abzuschalten. Ich schätze mal, die Franzosen, Tschechen und der Rest der Welt lachen sich mittlerweile tot über uns......
Was wollen wir eigentlich?
Alle 100 Meter große Stromasten oder dezentale Windräder und Solaranlagen? Laßt uns doch die Wertschöpfung in unserer Region erbringen. Somit bleibt das Geld vor Ort. Ich schau mir lieber Windkrafträder an als die Stromtrassen quer durch die Landschaften.
'Und es müsse sichergestellt sein, dass durch die Leitungen kein Braunkohlestrom aus der Lausitz fließt'. Wer sowas sagt outet sich als kompletter Naivling. Als ob man in Hauptstromleitungen nur Ökostrom fließen lassen könnte. Außer direkt neben einem Windrad oder einer Wasserturbine gibt es nie reinen Ökostrom an der Haussteckdose oder bei der Bahn, oder in den Krankenhäusern usw. usw. Durch die Leitungen fließt immer ein Mix aus Atomstrom, Braunkohlestrom, Windkraftstrom, Solarstrom, Gaskraftwerkstrom und Ökostrom. Je nach Wetterlage bzw. Tag/Nachtzeit ist der Anteil von Ökostrom variabel von null bis in ganz seltenen Fällen 100 Prozent. Wenn sich die Leute schon wegen der moderat hohen Gittermasten aufregen, was werden sie erst sagen wenn es losgeht mit dem massenhaften Bau von grossen Pumpspeicherwerken, die eine Landschaft noch viel mehr verschandeln. Aber ohne die wird es keine Energiewende geben können, denn die Kleinversuche mit synthetischem Methan als Brennstoff sind noch Jahrzehnte von einer flächendeckenden und bezahlbaren Alternative entfernt. Jetzt kommt langsam ans Licht welche Konsequenzen es hat, wenn über Nacht und völlig unvorbereitet eine große Industrienation, die ohne eine unterbrechungsfreie 24stündige Stromversorgung nicht leben kann, ihre energetischen Hauptnervenadern kappt und auf eine politisch herbeigeträumte Illusion setzt. Selbst schuld.