An Gartenarbeit ist für Katja de Ridder aus Frankenberg im Moment nicht zu denken. Lediglich zum Blumengießen traut sie sich kurz hinaus, aber dann nur eingemummt mit Kapuzenpullover und langer Hose. Kaum steht sie ein paar Minuten im Garten, sind die Schwärme schon da.
Zahlreiche Stechmücken schwirren ihr um die Ohren und lassen sich - trotz Insektensprays - auf Haut und Kleidung nieder. "Ich habe schon alles ausprobiert", sagt de Ridder. Von Insektensprays aus der Apotheke über Rauchspiralen bis hin zu selbstgemischten Hausmitteln mit Gewürznelken, Kokosfett und Zitrone. Nichts scheint zu funktionieren.
Im Schnitt zehn Stiche täglich zählt de Ridder trotz Sicherheitsmaßnahmen. Ein wenig Freiraum verschafft ihr eine elektrische Fliegenklatsche, die aussieht wie ein Tennisschläger. Damit wedelt de Ridder nun während des Blumengießens. Mit jeder Bewegung gibt es zischende Geräusche. "Am Ende des Sommers habe ich einen Tennisarm", scherzt die Hobbygärtnerin.
Weder sie noch ihr Mann können im Moment Rasen mähen oder die reifen Beeren von den Sträuchern sammeln. de Ridders Situation ist auch aus einem anderen Grund schwierig. Sie betreibt zu Hause ein Friseurgewerbe. Wenn Kunden zu ihr kommen, muss sie sie beim Auto abholen und so schnell wie möglich ins Haus bringen. "Von meinen Kunden weiß ich, dass es in Katschenreuth und Windischenhaig auch so schlimm ist", berichtet die Friseurin.
Sie glaubt, die Plage sei vor ein paar Wochen durch das Hochwasser im Main entstanden. Die sumpfigen Wiesen seien ideale Brutgebiete für die Stechmücken. Auch 2016 gab es eine Überschwemmung und mit ihr eine Mückenplage. "Damals dachten wir, schlimmer kann es nicht werden. Aber da haben wir uns geirrt", sagt de Ridder. So wie in diesem Jahr sei es noch nie gewesen. Sogar die Katze leide unter den stechfreudigen Mückenschwärmen. de Ridder wünscht sich, dass die Behörden ihre Lage ernst nehmen und etwas unternehmen - schließlich seien auch zahlreiche andere Gebiete rund um Kulmbach betroffen.
Nun stellt sich die Frage, welche Behörde für Mückenplagen zuständig ist. Das Kulmbacher Landratsamt ist es nicht. Ein Sprecher teilt mit: "Unser Gesundheitsamt kann in diesem Bereich lediglich einige pauschale Empfehlungen zum Selbstschutz geben. Diese sind ursprünglich zum Schutz vor Malaria bei Reisen angedacht, können aber natürlich auch bei heimischen Mücken beachtet werden." Hierzu zählen beispielsweise der Aufenthalt in Mücken-sicheren Räumen etwa mit Klimaanlage oder Fliegengitter, das Schlafen unter Mückennetzen - am besten imprägniert mit insektenabtötenden Substanzen, das Tragen entsprechender, gegebenenfalls imprägnierter, Kleidung, langärmlige Blusen und Hemden, lange Hosen, Socken und die Anwendung von Repellents.
Für eine wissenschaftliche Einschätzung des Problems ist zu wenig über die Gegebenheiten bekannt, immerhin gibt es in Deutschland etwa 50 Stechmückenarten. Eine Sprecherin der Universität Bayreuth teilt mit: "Die angefragten Wissenschaftler*innen der Universität Bayreuth können ohne genaue Kenntnis der Mückenart keine seriösen Aussagen treffen. Auch sind sie - weil wir nicht mehr wissen, als die Anfrage der Bayerischen Rundschau beinhaltet - nicht ausreichend über die örtlichen Gegebenheiten, Auftreten, Umfang und Erscheinung der sogenannten ,Mückenplage' informiert, um eine fundierte Einordnung vorzunehmen."
Eine Pressesprecherin der Regierung von Oberfranken teilt mit: "Eine Zuständigkeit der Regierung für die Bekämpfung der Mückenplage gibt es nicht, es sei denn, jemand möchte diese in Schutzgebieten durchführen und benötigt deshalb eine Genehmigung." Generell würden Mückenplagen dann auftreten, wenn in Stillgewässern schlagartig in großer Zahl Mücken schlüpfen. Dies sei meist witterungsabhängig, beispielsweise nach einer Regenperiode oder auch nach Hochwasser im Auebereich, etwa im Maintal.