Stadtsteinach
Wirtshausgeschichte
Stadtsteinacher Traditionsgaststätte Spindler: ein Bierchen bis der Bus kommt
In der Traditionsgaststätte Spindler floss über 125 Jahre lang der Gerstensaft in Strömen.

125 Jahre floss hier das Bier in Strömen: die Traditionsgaststätte Spindler. Foto: privat
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Es war vor 1972, als Stadtsteinach noch einen eigenen Landkreis besaß. Mit dessen Auslösung, bei der Enchenreuth, Seibelsdorf und Gössersdorf in andere Kreise wechselten und der Rest nach Kulmbach kam, verlor das historische Landratsamt seine Bedeutung immer mehr und auch die Einwohner des Oberlandes mussten von nun an den weiteren Weg zum Landratsamt Kulmbach in Kauf nehmen oder nach Kronach und sogar nach Hof.
So etwa vor über 50 Jahren führte für viele Menschen aus dem Stadtsteinacher Oberland der Weg zum Amt, Arzt, Einkauf, Notar, Amtsgericht oder Kreiskrankenhaus stets in die Kreisstadt. Besser gesagt, man musste mit dem Bus fahren, da damals der Besitz eines Autos nicht üblich war. Doch die Ehefrauen wussten bereits aus Erfahrung, dass der "Gang" nach Stanich oft ausuferte.
Doch leider wurde hin und wieder ein Bus nach dem anderen "verpasst" und man musste den letzten Bus nehmen oder sich gar abholen lassen.
Im Gasthaus Spindler war immer was los. Schon um 1885 wird hier, weit vom Stadtkern entfernt, ein Bierwirt namens Johann Hohner genannt. Das Krankenhaus wurde erst 1933 eingerichtet, was verstärkt Gäste bescherte. Die Bierwirtschaft erhielt die Hausnummer 218 in einer Zeit, als man die Hausnummern noch nach der Reihenfolge des Baues vergab. Im Jahre 1902 kam ein Georg Spindler, der in Schnebes bei Presseck geboren wurde, nach Stadtsteinach. Zusammen mit seiner Frau Anna Maria, die er 1896 heiratete, erwarben sie die Gaststätte. Georg (1869 bis 1921) und seine Frau Anna Maria (1878 bis 1937) führten noch eine Landwirtschaft. Doch erst ihr Sohn Johann baute die Gastwirtschaft weiter aus. Johann Spindler (1902 bis 1973) erlernte den Beruf des Metzgers und mit seiner Frau Kunigunda, geborene Köstner (1903 bis 1956) aus Kulmbach, wurde das Angebot an Speisen erweitert. Sie übernahmen 1926 die Schankwirtschaft und errichteten eine große Scheune, denn man schlachtete und verarbeitete sein eigenes Vieh. Die Schlachtschüssel war der Renner und viele kamen, um sich in Milchkannen die "Worschtsuppn" zu holen, von der ärmere Leute sich einige Tage lang ernähren konnten.
Johann Spindler (1902 bis 1973), Metzger und Bierwirt, baute die Gaststätte Spindler weiter aus. Beide hatten drei Söhne, Friedrich, Josef, Stefan und eine Tochter Anna Maria. Josef Spindler lernte seine Frau Maja auf einem Tanz in der Löhmarmühle kennen. Sie heirateten 1951 und übernahmen 1957 das Gasthaus in Pacht, denn ein Jahr zuvor kaufte das Anwesen die Brauerei Schübel.
In den kommenden elf Jahren prägte die Maja das Wirtshaus an der Bushaltestelle, vor dem drei große Kastanien standen. Wenn Schüler früh im Regen oder in der Kälte auf den Bus nach Kulmbach warteten, öffnete sie oft die Tür, um die durchnässten Kinder ins Haus zu bitten. Die Spindlers Maja und ihr Sepp hatten immer ein volles Haus. Das Essen, die Atmosphäre, die Kameradschaft - alles passte. Maja stemmte dies so gut wie alleine, denn ihr Mann ging einer anderen Arbeit nach.
Mit der Maja entwickelte sich der Spindler zu einem Feierabendlokal, dessen Einrichtung noch das ausstrahlte, was man heute nostalgisch als Urgemütlichkeit beschreiben kann. Dunkles Holz an den Wänden, Holzbohlen auf dem Fußboden und ein Holzofen mit einem langen Rohr durch das Gastzimmer.
So gibt es noch Belege, dass bei der "Maja" über 3000 Liter Bier im Monat ausgeschenkt wurde. Eine Speisekarte gab es nicht, denn das, was gerade gekocht wurde, wurde zum Verzehr angeboten. So kamen viele Handwerker, die mittags gut bürgerlich und preislich günstig essen konnten. Die Haxen, die es hier gab, waren legendär und wer kennt noch saures Gelüng mit eingeschnittenen Klößen.
Im Jahre 1968 endete die Zeit der "Spindlers Maja" und sie wechselte in die Küche des Krankenhauses. Als Nachpächter kam 1968 Carola Albert mit ihrem Mann Willi, die bis 1970 die Gaststätte führte, bis Klara Reif und ihr Mann Richard aus Losau die Wirtschaft für sechs Jahre bis 1976 leitete. Alle boten die Atmosphäre, das Familiäre und die urigen Speisen ihrer Vorgängerin an. Als im Jahre 1976 Hannelore Simon in die Wirtschaft einzog, bekam der Treffpunkt eine Wirtin für längere Zeit. Man ging jetzt nicht mehr zur "Maja", man ging zum "Gerdla" - gemeint war der Ehemann von Hannelore, Gerd Simon. Ein markanter Duft umzog das Haus, wenn auf Bestellung Hähnchen gegrillt, Schaschlik gebraten oder Haxen gekocht wurden. Doch wehe, wenn Fußball angesagt war. Die Gaststätte war grundsätzlich zum Bersten gefüllt. So einfach konnte man nicht reinkommen, denn die 35 Sitzplätze waren von den Stammgästen besetzt. Wenn dann noch ein Christbaum mit Fußballkugeln aufgestellt wurde und das Ofenrohr mit Weltmeisterschaftsfarben geschmückt war, kochte das Haus. Allerdings verstarb Hannelore Simon im Jahre 2004, sodass ihr Mann Gerd das Gewerbe abmeldete. Doch dies sollte nicht das Ende sein. Umgehend übernahm die Tochter Petra Simon die Traditionsgaststätte. Bevor auch die Freizeitgastwirtin im Jahre 2010 den Betrieb einstellte, machte sie noch Schlagzeilen Rechtzeitig zum Start der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 frischte Petra Simon die Farben der deutschen Flagge an ihrem Haus neben der Gastwirtschaft auf.
Mit dem Bus in die Stadt
So etwa vor über 50 Jahren führte für viele Menschen aus dem Stadtsteinacher Oberland der Weg zum Amt, Arzt, Einkauf, Notar, Amtsgericht oder Kreiskrankenhaus stets in die Kreisstadt. Besser gesagt, man musste mit dem Bus fahren, da damals der Besitz eines Autos nicht üblich war. Doch die Ehefrauen wussten bereits aus Erfahrung, dass der "Gang" nach Stanich oft ausuferte.
Ob aus Presseck, Wartenfels, Marktleugast oder anderen Ortschaften im Stadtsteinacher Oberland, die Bushaltestelle in der Kronacher Straße zog gar manche magnetisch an. "Bis der Bus kummt, geh' ich noch amol nei die Maja." Die Gastwirtschaft in unmittelbarer Nähe zum Kreiskrankenhaus mit der Haltestelle vor der Tür war ein idealer Platz, Bekannte zu treffen.
Doch leider wurde hin und wieder ein Bus nach dem anderen "verpasst" und man musste den letzten Bus nehmen oder sich gar abholen lassen.
Im Gasthaus Spindler war immer was los. Schon um 1885 wird hier, weit vom Stadtkern entfernt, ein Bierwirt namens Johann Hohner genannt. Das Krankenhaus wurde erst 1933 eingerichtet, was verstärkt Gäste bescherte. Die Bierwirtschaft erhielt die Hausnummer 218 in einer Zeit, als man die Hausnummern noch nach der Reihenfolge des Baues vergab. Im Jahre 1902 kam ein Georg Spindler, der in Schnebes bei Presseck geboren wurde, nach Stadtsteinach. Zusammen mit seiner Frau Anna Maria, die er 1896 heiratete, erwarben sie die Gaststätte. Georg (1869 bis 1921) und seine Frau Anna Maria (1878 bis 1937) führten noch eine Landwirtschaft. Doch erst ihr Sohn Johann baute die Gastwirtschaft weiter aus. Johann Spindler (1902 bis 1973) erlernte den Beruf des Metzgers und mit seiner Frau Kunigunda, geborene Köstner (1903 bis 1956) aus Kulmbach, wurde das Angebot an Speisen erweitert. Sie übernahmen 1926 die Schankwirtschaft und errichteten eine große Scheune, denn man schlachtete und verarbeitete sein eigenes Vieh. Die Schlachtschüssel war der Renner und viele kamen, um sich in Milchkannen die "Worschtsuppn" zu holen, von der ärmere Leute sich einige Tage lang ernähren konnten.
Johann Spindler (1902 bis 1973), Metzger und Bierwirt, baute die Gaststätte Spindler weiter aus. Beide hatten drei Söhne, Friedrich, Josef, Stefan und eine Tochter Anna Maria. Josef Spindler lernte seine Frau Maja auf einem Tanz in der Löhmarmühle kennen. Sie heirateten 1951 und übernahmen 1957 das Gasthaus in Pacht, denn ein Jahr zuvor kaufte das Anwesen die Brauerei Schübel.
Bei Regen wurde die Tür geöffnet
In den kommenden elf Jahren prägte die Maja das Wirtshaus an der Bushaltestelle, vor dem drei große Kastanien standen. Wenn Schüler früh im Regen oder in der Kälte auf den Bus nach Kulmbach warteten, öffnete sie oft die Tür, um die durchnässten Kinder ins Haus zu bitten. Die Spindlers Maja und ihr Sepp hatten immer ein volles Haus. Das Essen, die Atmosphäre, die Kameradschaft - alles passte. Maja stemmte dies so gut wie alleine, denn ihr Mann ging einer anderen Arbeit nach.
Mit der Maja entwickelte sich der Spindler zu einem Feierabendlokal, dessen Einrichtung noch das ausstrahlte, was man heute nostalgisch als Urgemütlichkeit beschreiben kann. Dunkles Holz an den Wänden, Holzbohlen auf dem Fußboden und ein Holzofen mit einem langen Rohr durch das Gastzimmer.
3000 Liter Bier im Monat
So gibt es noch Belege, dass bei der "Maja" über 3000 Liter Bier im Monat ausgeschenkt wurde. Eine Speisekarte gab es nicht, denn das, was gerade gekocht wurde, wurde zum Verzehr angeboten. So kamen viele Handwerker, die mittags gut bürgerlich und preislich günstig essen konnten. Die Haxen, die es hier gab, waren legendär und wer kennt noch saures Gelüng mit eingeschnittenen Klößen. Im Jahre 1968 endete die Zeit der "Spindlers Maja" und sie wechselte in die Küche des Krankenhauses. Als Nachpächter kam 1968 Carola Albert mit ihrem Mann Willi, die bis 1970 die Gaststätte führte, bis Klara Reif und ihr Mann Richard aus Losau die Wirtschaft für sechs Jahre bis 1976 leitete. Alle boten die Atmosphäre, das Familiäre und die urigen Speisen ihrer Vorgängerin an. Als im Jahre 1976 Hannelore Simon in die Wirtschaft einzog, bekam der Treffpunkt eine Wirtin für längere Zeit. Man ging jetzt nicht mehr zur "Maja", man ging zum "Gerdla" - gemeint war der Ehemann von Hannelore, Gerd Simon. Ein markanter Duft umzog das Haus, wenn auf Bestellung Hähnchen gegrillt, Schaschlik gebraten oder Haxen gekocht wurden. Doch wehe, wenn Fußball angesagt war. Die Gaststätte war grundsätzlich zum Bersten gefüllt. So einfach konnte man nicht reinkommen, denn die 35 Sitzplätze waren von den Stammgästen besetzt. Wenn dann noch ein Christbaum mit Fußballkugeln aufgestellt wurde und das Ofenrohr mit Weltmeisterschaftsfarben geschmückt war, kochte das Haus. Allerdings verstarb Hannelore Simon im Jahre 2004, sodass ihr Mann Gerd das Gewerbe abmeldete. Doch dies sollte nicht das Ende sein. Umgehend übernahm die Tochter Petra Simon die Traditionsgaststätte. Bevor auch die Freizeitgastwirtin im Jahre 2010 den Betrieb einstellte, machte sie noch Schlagzeilen Rechtzeitig zum Start der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 frischte Petra Simon die Farben der deutschen Flagge an ihrem Haus neben der Gastwirtschaft auf.