Schlange wechseln für Anfänger

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 Foto: Julian Stratenschulte/dpa
 Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Die Ur-Fragen nach dem Sinn des Lebens - wir müssen zu ihrer Beantwortung nicht in den Weltraum fliegen; ein Besuch im Supermarkt genügt. "18 bitte 33." Lautsprecherdurchsage. Wer ist sie oder er, diese/r 18, was will sie/er von jener 33?

Mich durchfährt die krakeelte Aufforderung, als ich an der Kasse stehe und mich beim Blick auf die Kolonne vor mir frage, ob ich die Schlange wechseln soll.
Auch das ist ja so eine Entscheidung, die ein Leben beeinflussen kann. Riskiere ich das Einscheren hinter der Mutter, die 1200000 Kalorien aufs Band legt? Oder schwenke ich hinter den älteren Herren mit den Staubsaugerbeuteln und der Tüte voller Orangen? Ich steuere den Senior an. Weniger Sachen - schnellere Abfertigung. Klingt nach Relativitätstheorie: E=m mal Lidl zum Quadrat.
Das hätte mich warnen sollen, war ich doch nie gut in diesen Dingen. Und prompt: Für die Orangen muss ich bluten. Der Kunde hat nicht abgewogen, deswegen steht die Kassierin auf und holt das für ihn "ganz fix" nach.
Während ich warte, begehe ich den nächsten Fehler: Ich schaue auf meine alte Schlange.
Die Mutter mit dem Monatseinkauf für ein Stadtviertel wird zügig abgefertigt; der Mann hinter ihr, der ich hätte sein können, breitet seinen Einkauf auf dem Band aus. Von meiner Scanner-Maus ist weit und breit nichts zu ... Halt, gerade kommt sie um die Ecke. Ich biege meinen Rücken durch, gebe in stinktiv Gas am Wagen (ich kann es mir gerade noch verkneifen, mit den Füßen zu scharren) - da flitzt die Holde mit der Tüte des Unheils an uns vorbei. "Sorry, Waage kaputt"...
Ich gehe in Gedanken schon einmal durch, wen ich in welcher Reihenfolge erwürge. "18 biiiitteee 33!" schallt es über mir. Tröstlich: Andere sind also auch noch nicht weiter gekommen.