Eine dreieinhalb Meter große Skulptur, entstanden im Kunstunterricht am Caspar-Vischer-Gymnasium, hat seit gestern einen besonderen Platz eingenommen.
Er hat kein Gesicht - aber zu übersehen ist er nicht. Er ist stumm - und hat doch Aussagekraft, allein ob der Größe. Seine stattliche Erscheinung wird zusammengehalten dank jeder Menge Maschendraht. 3,50 Meter misst er, von den Füßen bis zum (nicht vorhandenen) Scheitel. Seit gestern lehnt ein Riese in einer Ecke vor dem Sitzungssaal im Rathaus, mit blauer Jeans und grauem Kapuzenpulli.
Die Gestalt ist ein Produkt des Kunstkurses Q11 am Caspar-Vischer-Gymnasium. In einer Art Prozession trugen die Schüler und ihr Kunstlehrer Andreas Schobert am Morgen den namenlosen Riesen - des Regens wegen in schützender Folie verpackt - von der Schule zu seinem neuen Bestimmungsort im Rathaus, wo er die nächsten Wochen und Monate zu bestaunen ist. Die neugierigen und teils irritierten Blicke der Passanten waren der Gruppe sicher. Acht Schüler waren nötig, den Lulatsch zu transportieren.
"Die Idee hatte ich, als ich eine Ausstellung von Martin Honert besuchte", sagt Lehrer Andreas Schobert. Honert ist ein zeitgenössischer Künstler aus Bottrop, der seine Erinnerungen an die eigene Kindheit unter anderem in überlebensgroßen Skulpturen wiedergibt.
Die Bekleidung des Riesen, die es so nicht von der Stange zu kaufen gibt, nähte das iranische Schneider-Ehepaar Akbar Nazarpak und Muhad Amani. Die beiden waren ebenfalls gestern bei der Installation dabei.
Sich mit Dingen zu befassen, die jenseits der Norm sind, andersartig, fremd - und eben dadurch auffallen: Das war die Intention des Projekts. Warum er sein Gesicht zur Wand dreht? Da gibt es mehrere Deutungen, sagte Kunstschüler Leo Scheels. "Vielleicht hat er Angst, oder er schämt sich." Die Figur zeige exemplarisch, was es bedeute, sich ausgegrenzt zu fühlen.