Der erste Franken-Tatort hat es auf Anhieb unter die Besten der ganzen Reihe geschafft. Über zwölf Millionen Zuschauer gingen mit auf Mörderjagd. Wir fragen, was Kulmbacher Franken-Kenner und eine echte Kommissarin dazu sagen.
"Der Himmel ist ein Platz auf Erden" - nicht nur der poetische Titel der Nürnberger Tatort-Premiere sorgte schon im Vorfeld für Diskussionen. Klappt das mit dem fränkischen Dialekt? Wie kommt Nürnberg beim Zuschauer rüber? Und: Wie schlägt sich das Ermittler-Team am neuen Schauplatz? Die Bayerische Rundschau hat sich am Tag nach der Ausstrahlung bei Tatort- und Franken-Kennern aus Kulmbach umgehört.
Hohe Einschaltquot
Der Bayerische Rundfunk hat unterdessen Sensationelles zu vermelden: "Mit stark überdurchschnittlichen 12,11 Millionen Zuschauern bundesweit und einem Marktanteil von 33,7 Prozent gehört der Streifen zu den erfolg reichsten Tatorten aller Zeiten. 2015 ist er der bislang meist gesehene Sonntagskrimi", heißt es in der Pressemitteilung.
Was sagt das Publikum
Und was sagt das Publikum? "Eine durchaus ansehnliche Geschichte", urteilt Landrat Klaus Peter Söllner über den ersten Franken-Tatort. Das typisch Fränkische sei am Rande gut vermittelt worden. Und auch Nürnberg sei im Film prominent herausgekommen. Was den Dialekt angeht, gibt der Landrat ein trockenes "ok" - nicht zu übertrieben, nicht zu gekünstelt. Wobei: "Wir Oberfranken haben ja mit dem Nürnberger Dialekt wenig am Hut. Da kann die Vielfalt Frankens auch zum Problem werden", betont Söllner, der einen Ausdruck wie "Allmächd" selbst nicht benutzen würde.
Jubelstürme hätten Kommissar Voss und Kollegen bei ihm allerdings nicht ausgelöst, sagt der Tatort-Kenner. "Das war streckenweise sehr düster und dunkel". Insgesamt spricht Söllner von einem "guten Durchschnitt" in der Bewertung. Dass die Nürnberger Ermittler um Felix Voss (Fabian Hinrichs), Michael Schatz (Matthias Egersdörfer), Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid) künftig auch einmal im Landkreis Kulmbach ermitteln dürfen, ist für ihn klar. "Die Einladung steht", sagt er und gibt den Filmemachern gleich drei Argumente für einen Abstecher Richtung Plassenburg an die Hand: "Wir haben verschlungene Pfade, wunderschöne Gebäude und natürlich tolle Menschen."
"Des is subbä"
MdL Inge Aures ist rundum zufrieden mit der Tatort-Premiere. "Es war gut, dass Franken zur Prime-Time bundesweit eine solchen Auftritt hatte." Und das um so mehr, als sie sich schon seit 2011 dafür eingesetzt hat. "Damals bin ich belächelt worden", erinnert sie sich. Dass der Tatort mit über zwölf Millionen Zuschauern bundesweit zu den erfolgreichsten der gesamten Reihe wurde, freut den Tatort- und Franken-Fan. "Des is subbä", kommentiert sie das Ergebnis und spricht von einer guten Tourismuswerbung für die Region. "Wir wollen Franken in seiner Vielfalt darstellen." Und: "Ich hoffe, dass die Fernseh-Verantwortlichen einsehen, dass man Franken in ein gutes Licht rücken kann." Was die Machart von "Der Himmel ist ein Platz auf Erden" angeht, spricht Aures von einem "durchwachsenen Film" und einer "etwas anderen Art von Tatort". Dass der Anfang in Sachen Dialekt ("Die Bolizisdin hod hessisch gebabbeld und ned frängisch geredd") etwas missraten war, stört sie nicht ernsthaft. "Sunsd hod der Dialegd gebassd."
Nachholbedarf
Wolfgang Hoderlein, seines Zeichens Chef des Fränkischen Bundes, findet es gut, "dass sich der Film nicht ganz plump fränkischer Klischees bedient hat", der Franke nicht als im Fachwerkhaus wohnender Bratwurst- und Lebkuchen-Genießer dargestellt wurde. Andererseits sei es aber auch schade, dass der Fernsehzuschauer keinen Einblick in die fränkische Landschaft oder auch Lebensart erhalten hat. In einem Münchner Tatort wäre das der Fall gewesen. "Da hat man immer den Eindruck, dass der Vorsitzende des Münchner Tourismusverbandes dem Kameramann zur Seite steht." Hoderlein sieht da Nachholbedarf, ist ansonsten mit dem fränkischen Tatort-Auftakt aber zufrieden. "Ich gebe ihm die Schulnote 2." Die hohe Einschaltquote freut ihn besonders. Hoderlein sieht diese auch als Folge des jahrelangen Bemühens, Franken in die Krimireihe zu integrieren. "Das hat wohl bundesweit für eins großes Grundinteresse gesorgt."
Wer könnte den Tatort besser beurteilen als ein leibhaftiger Kommissar - noch dazu aus Franken? Für die Bayerische Rundschau macht das Patricia Kegreis. Die 47-jährige Kulmbacherin ist vielen besser unter ihrem Mädchennamen Patricia Wiegel bekannt.
"Ein bisschen langweilig"
Nach dem Abi ging sie 1989 zur Polizei nach Nürnberg und stieg zur Kriminalkommissarin auf. 2003 wechselte sie zur Kripo nach Bayreuth, 2004 nach Bamberg, wo sie bis heute Betrugs- und Wirtschaftsdelikte bearbeitet. Die Szenerien des Franken-Tatorts kennt sie aus langjähriger Erfahrung - und ist von den vielen "nächtlichen Sightseeing-Touren durch die Stadt" ebenso wie von der Handlung in "Der Himmel ist ein Platz auf Erden" enttäuscht. "Ein bisschen langweilig", urteilt sie und bekennt: "Zwischendrin bin ich sogar mal eingeschlafen."
Das sagt die Kommissarin
Die erste Fränkin, die in dem Streifen aufgetreten ist, war nach ihrer Einschätzung eine Hessin. "Aber dann ist es mit dem Dialekt besser geworden." Ob die Handlung realistisch war? "Keines der Tatort-Teams ist Realität, die Handlungen haben nie etwas mit der Wirklichkeit zu tun." Am nähesten komme da wohl noch Kommissar Klaus Borowski (Tatort Kiel) ran. Und die Münsteraner Thiel und Börne? "Die sind lustig und inzwischen Kult." Das Gesamturteil von Kommissarin Patricia Kegreis über den ersten Franken-Tatort fällt mittelprächtig aus: "Langweiliger Durchschnitt."