Rasch: "Zentrale Bereitschaftspraxis längst nötig"

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Was tun, wenn die Schmerzen außerhalb der Sprechzeiten des Hausarztes auftreten? In vielen Regionen Bayerns gibt es dafür zentrale Bereitschaftspraxen. Für Kulmbach ist das Modell bislang gescheitert. Foto: dpa
Was tun, wenn die Schmerzen außerhalb der Sprechzeiten des Hausarztes auftreten? In vielen Regionen Bayerns gibt es dafür zentrale Bereitschaftspraxen. Für Kulmbach ist das Modell bislang gescheitert. Foto: dpa
Maria-Lusie Rasch
Maria-Lusie Rasch
 

Maria-Luise Rasch, die Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands Kulmbach, kontert die Kritik aus dem Kollegenkreis gegen eine solche zentrale Einrichtung.

Sie ist klare Befürworterin einer Bereitschaftspraxis, an der niedergelassene Ärzte künftig zentral und zu festen Zeiten ihren Bereitschaftsdienst leisten: Maria-Luise Rasch. Die niedergelassene Allgemeinärztin aus Neuenmarkt ist zugleich Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands Kulmbach. Die jüngst von Medizinerkollegen geäußerte Kritik an einer zentralen Praxis-Lösung (BR vom Mittwoch) versteht sie nicht: "Eben weil das bei uns bislang nicht funktioniert, sind wir in Kulmbach - zusammen noch mit den Kronachern - die letzten weißen Flecken auf der Landkarte. Das hilft auf Dauer nicht uns Ärzten und schon gar nicht den Patienten."
Die 63-Jährige hat selber 28 Jahre Bereitschaftsdienst geleistet. "Ich hoffe, dass wir die zentrale Bereitschaftspraxis so schnell wie möglich hinbekommen - natürlich unter der Prämisse, dass die Ärzte dafür nicht noch zusätzliches Geld mitbringen müssen." Das sei "eine Frage der Verhandlungen".

Fest steht für Maria-Luise Rasch: "Die Bevölkerung muss auch nach Praxisschluss sowie an Wochenenden und Feiertagen zentral versorgt sein, das ist eine Aufgabe der Politik. Es gibt in meinen Augen gute Lösungsansätze gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern. Es gibt Modelle aus anderen Kommunen, wo das System funktioniert. Ich weiß beispielsweise von Hofer Medizinern, dass sie - nach anfänglicher Skepsis - mit einer solchen Lösung wesentlich besser fahren als zuvor."


Politik und Kassen gefordert

Politik und Krankenkassen seien in der Pflicht, für eine entsprechende finanzielle Ausstattung des Bereitschaftsdienstes zu sorgen und Notaufnahmen zu verbessern, statt Gelder aus dem ambulanten Bereich für die Notfallversorgung zu entziehen. "Es werden entsprechende KV-Praxen kommen, wenn nicht lokal Entscheidungen getroffen werden." Die meisten Menschen in Bayern suchten Bereitschaftspraxen auf, wie Erhebungen belegten. Im Falle des Stadtsteinacher Borreliose-Patienten, der, wie berichtet, ins Bayreuther Dok-Haus geschickt wurde, um sich dort am Samstag und Sonntag einer längerfristigen Infusionsbehandlung zu unterziehen, hätte es womöglich eine Lösung über den hiesigen Bereitschaftsdienst gegeben. Maria-Luise Rasch gibt aber zu bedenken: "Wenn ein solcher Patient bei mir in der Praxis seine Infusion bekommt, dann kann ich ihn nicht einfach ein, zwei Stunden alleine lassen und zu anderen Notfällen fahren. Ich als Arzt habe eine Überwachungspflicht. Es könnte eine allergische Reaktion auftreten oder eine andere medizinische Indikation, die ein schnelles Eingreifen erfordert. Das kann man auch nicht mal schnell einer Arzthelferin überantworten."

Eine geäußerte Befürchtung mancher Kollegen, das Klinikum könnte niedergelassenen Ärzten Patienten "wegnehmen", teilt die Neuenmarkterin nicht: "Das Klinikum ist ohnehin oftmals überbelegt. Es kann nicht im Interesse der Verantwortlichen sein, noch mehr draufzusatteln." Eine Trennung von Bereitschaftspraxis der niedergelassenen Ärzte und Notaufnahme des Klinikums müsse freilich bereits außen optisch klar ersichtlich sein.


Kulmbach liegt zentral

Ein anderes Argument der Gegner einer zentralen Lösung: Sollte eine Praxis in Kulmbach eingerichtet werden, würde sich an den Fahrtstrecken für die Bürger nichts ändern. Die Leute aus dem Oberland etwa müssten trotzdem weitere Touren auf sich nehmen. "Dafür ist Kulmbach nun mal der Mittelpunkt im Landkreis", entgegnet Maria-Luise Rasch. Sie räumt ein, dass über die Jahre das Gebiet für die Bereitschaftsärzte immer größer geworden sei. "Bereitschaftsdienst dieser Art ist vielleicht früher machbar gewesen - zukunftsträchtig ist er nicht. Es muss - und will - auf der einen Seite kein Arzt mehr rund um die Uhr Gewehr bei Fuß sein."

Auf der anderen, der Patientenseite, stimmten immer mehr Menschen sozusagen mit den Füßen ab und seien nicht mehr bereit, ohne Not bis ans andere Ende des Landkreises zu kutschieren. "Sie sagen sich: Ich erreiche eher eine funktionierende Bereitschaftspraxis, die zu festen Zeiten offen ist und wegtechnisch relativ nahe liegt."
Eine Umfrage der KV stütze diese Einschätzung: Derzufolge haben 2015 in Bayern rund ein Viertel aller Bewohner zwischen 18 und 79 Jahren eine Bereitschaftspraxis aufgesucht.


Klinik kann Räume bereitstellen

Wie steht das Klinikum zu Plänen einer Bereitschaftspraxis auf dem Krankenhausgelände? Der stellvertretende Geschäftsführer Andreas Hacker erinnert an frühere Bestrebungen, eine solche Einrichtung zu ermöglichen. "So weit ich mich erinnere, konnten sich die niedergelassenen Ärzte nicht auf eine Regelung einigen. Ein eindeutiges Votum aus der Ärzteschaft ist aber Grundvoraussetzung. Wir als Klinikum können die Räume vorsehen." Denkbar sei, die Praxis im Neubau unterzubringen. Was die Finanzierung angeht, so stellt Hacker fest: Niedergelassene Ärzte und Krankenhaus blieben klar getrennt. "Eine Klinik-Praxis muss natürlich entsprechend auf sichere finanzielle Füße gestellt werden." Wie das zu organisieren ist, sei die individuelle Entscheidung eines jeden Mediziners.

Für eine zentrale Einrichtung spricht laut Hacker die Lage. "Es wäre im Sinne einer besseren Koordination sicher auch für die Bevölkerung von Vorteil, einen solchen Anlaufpunkt außerhalb der üblichen Sprechzeiten anzubieten. Der Neubau am Klinikum werde in etwa zweieinhalb Jahren fertiggestellt sein. "Die Einrichtung der Praxis ließe sich dann relativ zügig realisieren."



SPDerneuert Forderung

Die SPD-Kreistagsfraktion erneuert ihre Forderung, eine Bereitschaftsdienstpraxis am Klinikum zu etablieren. Kreisrat und Arzt Volker Seitter nimmt damit Bezug auf Bedenken aus der Ärzteschaft gegen ein solches Modell (BR vom Mittwoch). "Wir haben vorrangig eine Verbesserung der Versorgungssituation für die Bürger im Blick. Diese ist nachweislich unbefriedigend." Das vorgestellte Dok-Haus in Bayreuth sei ein Gemeinschaftsprojekt der Bayreuther Ärzteschaft in Absprache mit der Kassenärztlichen Vereinigung und damit faktisch die Bereitschaftsdienstpraxis der Bayreuther. "Somit ist es ,dasselbe in Grün', was wir am Kulmbacher Klinikum gerne realisieren würden!" Das Patienten bereits nach Bayreuth auswichen, sei Beweis für die Notwendigkeit.