Die Stadtratsmehrheit denkt um nach der anhaltenden Kritik, weil man in Grafendobrach eine Freiflächenanlage abgelehnt hat.
Was vor wenigen Wochen noch undenkbar schien: Der Kulmbacher Stadtrat - um einen legendären Satz Galileo Galileis leicht abzuwandeln - bewegt sich doch. Strom von der grünen Wiese, erzeugt durch Photovoltaik, war bisher ein Tabu in Kulmbach. Die blauen Solarmodule sollte es im Stadtgebiet nur auf Dächern geben.
Große Koalition der Neinsager
Erst im Februar hatte die große Stadtratsmehrheit von CSU, WGK, FDP und Teilen der SPD eine Freiflächenanlage in Grafendobrach abgelehnt und sich auf einen zehn Jahre alten Grundsatzbeschluss berufen. Seither verstummte die Kritik nicht. Am Donnerstag nun die Politikwende: Der Stadtrat denkt um.
Im Vorfeld hatten sich die Fraktionen positioniert. Die CSU sprach sich für ein Solarpotenzialkataster aus. Es sollen alle Dächer Kulmbachs eingescannt werden. Zum Ausbau der Photovoltaik auf Dächern will die WGK die Bürger als Investoren gewinnen: Die Sparkasse solle eine Geldanlage entwerfen, und die Stadtwerke sind vorgesehen, die PV-Anlagen zu bauen, zu betreiben und zu warten.
Grüne und SPD betonten, dass die Dachflächen nicht ausreichen. Man könne auf Solarstrom vom Acker nicht verzichten, wenn die Energiewende gelingen soll. Daher müsse der "unsägliche Grundsatzbeschluss" (Hans-Dieter Herold, Grüne) aufgehoben werden.
Masterplan für Kulmbach
OB Henry Schramm (CSU) sprach von einer "schwierigen Gemengelage". Die Folgen des Klimawandels würden immer spürbarer. Andererseits funktioniere das Leben nur mit ausreichend Energie. Kulmbach, so der Oberbürgermeister, brauche deshalb einen Masterplan, einen Leitfaden für die Zukunft. Daran werde in der Stadtverwaltung bereits gearbeitet.
Schramm stellte die zentralen Punkte vor: Die Stadt sei für den Ausbau regenerativer Energie - künftig auch PV-Freiflächenanlagen auf der grünen Wiese. Dabei will man jedoch Belange der Landwirtschaft, des Naturschutzes, des Orts- und Landschaftsbildes sowie der Siedlungsplanung beachten.
Schramm sprach von einer Bauleitplanung auf der Grundlage einer objektiven und umfassenden Bewertung der im Stadtgebiet verfügbaren Potenziale. Die Vorarbeit sei "aufwendig und zeitintensiv". Jedes Projekt werde letztlich dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt.