Online-Handel macht Einzelhandel in Kulmbach kaputt

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Mit dem Online-Handel bedient das Kulmbacher Sportgeschäft Downstairs Kunden in ganz Deutschland. Unser Bild zeigt Mitinhaber Ludwig Herrmannsdörfer, der auf dem Downstairs-Online-Portal neue Angebote einpflegt. Foto: Alexander Hartmann
Mit dem Online-Handel bedient das Kulmbacher Sportgeschäft Downstairs Kunden in ganz Deutschland. Unser Bild zeigt Mitinhaber Ludwig Herrmannsdörfer, der auf dem Downstairs-Online-Portal neue Angebote einpflegt. Foto: Alexander Hartmann
Adi Dörnhöfer
Adi Dörnhöfer
 
Simon Ries
Simon Ries
 

Ein Hochschulprofessor zählt Kulmbach zu den drei bayerischen Städten, die durch das Geschäft im Netz stark gefährdet sind. Doch es gibt auch Beispiele, die zeigen, wie Einzelhändler im Internet zusätzlichen Umsatz generieren.

Immer mehr Leute bestellen Schuhe, Kleidung, aber auch Brillen, Uhren und Fernsehgeräte per Mausklick. "Das ist die Bequemlichkeit, die immer mehr um sich greift. Heute weiß doch keiner mehr die Beratung in einem Laden zu schätzen", sagt Christoph Hofmann. Der Sprecher der Händlergemeinschaft "Unser Kulmbach" malt ein düsteres Bild vom Einzelhandel in der Stadt und sieht sich durch eine Studie der Wirtschaftswoche bestätigt.
Jörg Funder, Handelsprofessor an der Hochschule Worms, hat für das Magazin 585 Städte mit 20 000 bis 100 000 Einwohnern hinsichtlich ihrer Kaufkraft- und Bevölkerungsentwicklung sowie der Stärke des örtlichen Handels untersucht. Es wurden 25 Städte ermittelt, die schlecht auf die Internet-Konkurrenz vorbereitet sind, und 25 Städte, die relativ gut gerüstet sind. Online-Händler werden vor allem mittelgroßen Städten mit wenig attraktivem Handelsangebot, schwacher Kaufkraft und einer attraktiven Nachbarstadt zusetzen, heißt es in der Studie. Faktoren, die alle auf Kulmbach zuträfen, das neben Waldkraiburg und Hof als eine von drei Problem städten in Bayern genannt wird.

Chance am Schopf packen

Was soll in Kulmbach anders sein als in Lichtenfels oder Kronach? Die neue Konkurrenz bekämen viele Städte zu spüren, urteilt Adi Dörnhöfer, der über viele Jahre das Haushaltswarengeschäft Dörnhöfer in der Langgasse geführt hat. Was viele nicht wissen: Der Kulmbacher hatte selbst parallel zu seinem Laden, den er Ende 2014 geschlossen hat, einen Online-Handel betrieben. "Wer als Geschäftsmann überleben will, muss die Chancen am Schopf packen", sagt Dörnhöfer, der das geänderte Einkaufsverhalten mehr und mehr zu spüren bekommen hat: "Manche haben sich bei uns im Laden die Preise aufgeschrieben und beim Rausgehen laut gesagt, dass sie die Ware im Internet kaufen."
Auch Christoph Hofmann kennt Kunden, die ihre Ringgröße beim heimischen Juwelier bestimmen lassen, den Schmuck dann aber online bestellen. Das Ergebnis der Studie verwundert ihn nicht. Kulmbach habe mit Bayreuth eine starke Konkurrenz, würde aber eben noch mehr durch den Internet-Handel zum Randgebiet.

Das große Plus

Selbst viele Filialisten spüren die Online-Konkurrenz, auch die im Einkaufszentrum Fritz. "Die Präsenz im Internet ist deshalb heutzutage Pflicht", sagt Centermanagerin Anja Curioso Naiaretti und führt an: "Wir sind bemüht, unsere Kunden ausreichend über unsere Homepage, über unsere Facebook-Seite und über unsere fritz-App über Angebote und Aktionen zu informieren." Die Mehrheit der Fachgeschäfte sehe sowieso den Internet-Handel als zweites Standbein. Dabei hat der stationäre Einzelhandel aus ihrer Sicht einen klaren Vorteil: "Das Bummeln durch die Einkaufsstraße, die freundliche Beratung im Geschäft und das Anfassen der Ware kann der Online-Einkauf nämlich nicht bieten."

"Der Online-Handel nimmt dem klassischen Einzelhandel natürlich Geschäft weg", sagt der Pressesprecher der Stadt, Simon Ries. Es sei eine Entwicklung, die sich in den letzten Jahren forciert habe. Städte in der Größenordnung von Kulmbach seien leider mehr betroffen. Dabei seien die Einflussmöglichkeiten einer Kommune begrenzt. Man könne für attraktive Rahmenbedingungen für den Handel sorgen, Kunden mit Attraktionen wie verkaufsoffenen Sonntagen oder Flohmärkten locken. "Das direkte Geschäfte zwischen Anbieter und Käufer kann die Stadt nicht beeinflussen", so Ries, der an alle Kulmbacher appelliert, selbst mehr in der Innenstadt einzukaufen.

So wappnet man sich

Es gibt nach seinen Worten positive Beispiele, die zeigten, wie man sich gegen die Konkurrenz aus dem Netz wappnet. So würden manche Geschäftsleute einen besonderen Service bieten, es gebe auch Läden, die das herkömmliche Geschäft mit dem Online-Handel verknüpften.

Eine Geschäftsphilosophie, die Uwe Matthes und Ludwig Herrmannsdörfer vom Sportgeschäft Downstairs in der Fritz-Hornschuch-Straße verfolgen. "Allein von unseren Laden zu leben, das wäre mittlerweile schwer", sagt Herrmannsdörfer, der mit seinem Kompagnon auch auf den Online-Handel setzt. "Es ist das gesamte Paket, das unseren Erfolg ausmacht." Über das Internet verkauft das Sportgeschäft sein Sortiment in die ganze Republik. Herrmansdörfer: "50 Prozent unserer Kunden, die online bestellen, kommen aus Norddeutschland."

Sporthändler setzt auf das Netz

Der Sportartikelhändler sieht das Internet als wichtiges zweites Standbein, könnte ohne den Online-Handel wohl nicht überleben. Wer keine neuen Märkte erschließe, gehe schweren Zeiten entgegen, sagt Herrmannsdörfer, der der Kernaussage der Studie Glauben schenkt. "Ich bin davon überzeugt, dass die Innenstadt in drei bis vier Jahren ein ganz anderes Gesicht haben wird."



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