Neudrossenfeld: Jetzt entscheiden 3131 Bürger

4 Min
Grafik: Carolin Höfler
Grafik: Carolin Höfler
Jochen Bergmann, Baugebiets-Befürworter.
Jochen Bergmann, Baugebiets-Befürworter.
 
Thomas Meins, Bürgerinitiative gegen das Baugebiet
Thomas Meins, Bürgerinitiative gegen das Baugebiet
 
Harald Hübner, CSU
Harald Hübner, CSU
 
Michaela Schirmer, SPD
Michaela Schirmer, SPD
 
Christopher Schröder, FW
Christopher Schröder, FW
 
Björn Sommerer, FuG
Björn Sommerer, FuG
 
Thomas Erlmann, WGW
Thomas Erlmann, WGW
 

Die Neudrossenfelder stimmen in rund einer Woche - am 22. November - im ersten Bürgerentscheid der Gemeinde über das Baugebiet bei Dreschenau ab. Wir lassen Befürworter, Gegner und Kommunalpolitiker zu Wort kommen und geben einen Überblick über den Wahltag (Wahllokale, Öffnungszeiten usw.)

474 Personen hatten für die Durchführung des Bürgerentscheids unterschrieben.

Es werden sechs Wahlbezirke (Neudrossenfelder Rathaus, Waldau, Langenstadt, Pechgraben, Brücklein und Altdrossenfeld) sowie ein Briefwahlbezirk gebildet. Insgesamt sind 3131 Stimmberechtigte aufgerufen, ihr Votum abzugeben.

Die Wahllokale haben am 22. November von 8 bis 18 Uhr geöffnet.


Das sagen die Befürworter des Baugebiets

Einer der Befürworter des Projekts ist Jochen Bergmann. Seine Argumentation für das Baugebiet lautet folgendermaßen: "Neudrossenfeld kann sich nicht dem demographischen Wandel entziehen. Sinkende Einwohnerzahlen seit Jahren sind die ersten Anzeichen. Es geht darum ein modernes, zukunftsfähiges Neudrossenfeld zu erhalten.


Bei der Wahl eines geeigneten Baugebietes kann sich die Gemeinde den Gesetzen der freien Marktwirtschaft nicht entziehen. Was sind die Entscheidungskriterien beim Immobilien- und Bauplatzkauf? Die Lage, Erschließbarkeit, Infrastruktur, vielseitige Bebauung. Nur dann kann sich die Gemeinde sicher sein die Bauplätze gut vermarkten zu können und das Risiko vermindern, auf unverkäuflichen Bauplätzen sitzen zu bleiben. All dies bietet das Baugebiet Dreschenau zweifelsohne. Dagegen können nicht einmal die Gegner etwas sagen.

Es ist uns als Befürworter ein Rätsel warum man unbedingt versucht dieses Baugebiet zu verhindern und lieber viel weniger interessante und attraktive Gebiete entwickeln möchte. Fakt ist, dass es sich bei dem Gebiet um rein landwirtschaftliche Flächen handelt. Es ist kein Naherholungsgebiet.

Die Zufahrt funktioniert und belastet von allen möglichen Baugebieten den Ortskern von Neudrossenfeld am wenigsten. Beim Baugebiet "Am Wald" würden der Verkehr über die Ledergasse und Pechgraben fließen. "Am Jurablick" über die Waldauer Straße und Pechgraben. Das absolute Ko-Kriterium für den "Jurablick" ist, dass dort Flächen nicht zum Verkauf stehen. Warum erwähnen das die Gegner nie?

Das Baugebiet "Am Wald" liegt sehr steil, was die Erschließung sehr teuer macht. Von der aufwendigen Bebauung ganz zu schweigen. Und die berühmten Baulücken gibt es schlicht nicht. Oder warum kann man keine konkret vorweisen? "


Das sagen die Gegner von der Bürgerinitiative

Für die Bürgerinitiative, die das Baugebiet verhindern will, spricht Thomas Meins: Eine gesunde Gemeindeentwicklung zeichnet sich durch eine gute Anbindung der Neubaugebiete an die bisherige Siedlungsstruktur aus. Das fordert auch das Baugesetzbuch. Dadurch werden Kosten für die Erschließung gespart und der Flächenverbrauch minimiert. Genau das ist bei dem geplanten Baugebiet nicht der Fall.

Es liegt mitten in der Natur, und die erhebliche Entfernung zu Neudrossenfeld wird zu hohen Erschließungskosten führen. Die Zufahrt müsste über eine sehr enge Straße erfolgen, oder, wie wir es kommen sehen, über den Ausbau des Feldweges (Dreschenauerweg) mit Anschluss an die Ledergasse. Die Kosten für Wasser- und Abwasserleitungen sind ebenfalls vollkommen unklar.

Die Jagdausübung und die Landwirtschaft werden stark behindert.

Wir fragen uns, warum bislang weder das Landratsamt Kulmbach noch die Regierung von Oberfranken beteiligt wurden. Deren Stellungnahme zum Anbindungsgebot und zu den Interessen des Naturschutzes wäre für das geplante Baugebiet von ausschlaggebender Bedeutung.

Zeit genug wäre gewesen, da die Gemeinde etliche Monate vor dem Einreichen des Bürgerbegehrens die Planungen zum Baugebiet aufgenommen hatte.

Ein Bürgerbegehren ist eine basisdemokratische Entscheidung, die allen Gemeindebürgern die Möglichkeit geben soll, ihre Meinung zu dieser wichtigen Frage zu äußern.

Deswegen verstehen wir nicht, weshalb die CSU und die Freien Wähler ihr Flugblatt mit "Stoppt die Bürgerinitiative" überschrieben haben. Das geplante Baugebiet ist nicht alternativlos. Es gibt schönes Bauland, das bereits im bestehenden Flächennutzungsplan ausgewiesen ist und direkt an den Kernort angrenzt.


Das sagen die Kommunalpolitiker

Harald Hübner, CSU: Als Bürgermeister ist Harald Hübner zur Neutralität verpflichtet, als CSU-Vorsitzender spricht er sich für das Baugebiet Dreschenau aus. "Es ist eine grundlegende Entscheidung darüber, wie sich die Gemeinde weiterentwickeln will." Um die Einwohnerzahl - und damit die Finanzen - stabil zu halten, brauche man attraktives Bauland. Von den Gegnern werde das Baugebiet Jurablick favorisiert, das in deren Flyer zu sehen sei. Doch werde genau der Teil abgebildet, den die Eigentümerin nicht verkauft. "Und wenn man diesen Abschnitt ausklammert, entsteht eben die befürchtete Satellitensiedlung", sagt Hübner. Das Baugebiet Dreschenau sei attraktiver, leichter und günstiger zu erschließen, die Oberflächen- und Abwasserbeseitigung einfacher als beim Baugebiet "Am Wald".

Michaela Schirmer, SPD: "Ich strebe ein anderes Wachstum für die Gemeinde an, nicht dieses Gebiet mit vielen Bauplätzen", sagt SPD-Vorsitzende Michaela Schirmer. In Neudrossenfeld brauche man ebenso Baugrund wie in den Dörfern. "Da gibt es auf jeden Fall Möglichkeiten, zum Beispiel Ortsabrundungen", sagt sie. Hinzu komme: "Ein Riesenbaugebiet wie bei Dreschenau ist nicht mehr zeitgemäß." Das Argument, dass die Kinder vom Baugebiet zur Schule gehen können, hält sie für unrealistisch: Niemand lasse seine Kinder im Winter auf einem ungeteerten, unbeleuchteten Weg laufen. Ihr Fazit: "Wenn der Bürgerentscheid durchgeht, werden wir einen anderen Weg suchen, weil Neudrossenfeld Wachstum braucht. Aber ich bin überzeugt, dass das anders funktionieren kann."

Christopher Schröder, Freie Wähler: "Neudrossenfeld braucht die Ausweisung des Baugebiets", ist der Vorsitzende der Freien Wähler, Christopher Schröder, überzeugt. Damit könne der demografischen Entwicklung entgegengewirkt und zur Sicherung der Kindertagesstätten, des Schulstandorts und der Gemeindefinanzen beigetragen werden. Schon früher seien ähnlich große Baugebiete ausgewiesen worden, deshalb könne er den Widerstand der Bürgerinitiative nicht nachvollziehen. Zumal auch kein schwerwiegender Eingriff in die Natur stattfinde, sondern es sich um landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen handele, auf denen Energiepflanzen angebaut werden. "Wer will, dass die Gemeinde vorankommt, der muss beim Bürgerentscheid ,Nein' ankreuzen", so Schröder.

Björn Sommerer, FuG: Seine Gruppierung habe mehrmals den Antrag gestellt, von der Planung Abstand zu nehmen, sagt Björn Sommerer von der FuG. Er befürchtet nicht nur hohe Folgekosten, sondern auch die Zerstörung eines der letzten Stücke unberührter Natur in der Gemeinde. Neudrossenfeld könne besser durch das Baugebiet Jurablick wachsen. "Ich kann nicht verstehen, weshalb die früheren Gemeinderäte Harald Hübner und Peter Rösch damals für dessen Erweiterung und gegen ein Baugebiet Dreschenau gestimmt haben." Auch beim Baugebiet Dreschenau gebe es die Hochspannungsleitung, der Funkmast sei auch nicht weit entfernt und der Sportplatz ebenfalls zu hören. Und wenn im Jurablick Besitzer ihre Flächen nicht verkaufen, können man deren Grundstücke ausklammern.

Thomas Erlmann, Wählergemeinschaft Waldau: Thomas Erlmann von der Wählergemeinschaft Waldau sieht die Sache pragmatisch: "Wir haben das Baugebiet von Anfang an nicht mit viel Leidenschaft verfolgt und auch Probleme gesehen. Aber nüchtern betrachtet, gibt es einfach keine Alternative". In den Gebieten "Jurablick" und Neuenreuther Straße seien die Besitzer zu großen Teilen nicht bereit, ihre Flächen zu verkaufen. "Und das ist nunmal die Grundvoraussetzung." Auch gebe es auf den Dörfern praktisch keine Baulücken und Leerstände. Die einzige andere Möglichkeit sei das Baugebiet "Am Wald", das aber aufgrund der Lage deutlich schwerer zu bebauen sei und dessen Erschließung über die Ledergasse erfolgen müsse. "Dreschenau ist sicher nicht perfekt, aber die beste aller Lösungen", ist das Fazit von Thomas Erlmann.